BUCHCOVER | REZENSION |
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DANIEL HOLBE –TotengerichtSabine Kaufmann trifft wieder auf Rolf Angersbach. Während Sabine eigentlich einen umgänglichen Menschen darstellt, ist Rolf doch etwas anders. Der bekennende Lada-Niva-Fahrer ist eher ein kleiner Misantrop, dessen Umgang mit anderen Zeitgenossen sich in sehr engen Grenzen hält. Dafür kann er selbst nichts, muss man mal so sagen. Schuld ist sein Autor, der ihn so charakterlich zu Papier gebracht hat. Nur mit den Folgen muss Rolf jetzt leben und so zeigt es sich wieder, als Schriftsteller kann man das mit seinen Figuren ja machen. Eine Gewerkschaft für Romanfiguren gibt es leider nicht, was vermutlich besser für den Leser ist, der sich jetzt auf die neuen Zeilen von Daniel Holbe stürzen kann. Vor Jahren fand man im Vogelsberg eine Leiche, der man, trotz Malträtierungen und Brandzeichen auf der Brust, dann doch suizidale Tendenzen nahe legte. Ist eine Weile her und keiner hat das je hinterfragt. Heute findet man wieder einen Toten. Die Auffindesituation ist ähnlich der vor zwanzig Jahren, als Rolf Angersbach noch Polizeianwärter war und genau in diesem Fall auf Spurensuche im Wald war, ohne eine Ahnung zu haben, um was es eigentlich geht und auch noch unwissend, das dieser Fall in seinem Leben noch einmal eine Rolle spielen würde. Der neue Tote ist der Bürgermeister einer ansässigen Gemeinde im Vogelsberg. Daniel Holbe hält sich nicht wirklich mit einem Vorspiel auf, er steigt gleich aufs Gas. Dem toten Mann hat man alle Knochen gebrochen und das Wort „Verrat“ auf die Brust gebrannt. Nur, wer hatte ein Interesse, den Bürgermeister um die Ecke zu bringen und dazu noch an einem Ort, wo sich die Zahl der Einwohner an den Fingern abzählen läßt. Das ist doch eine sehr interessante Frage. Der Kreis der Verdächtigen ist klein. Zu diesem Zeitpunkt weiß nur Daniel selbst, was Sache ist, alle anderen hält er draussen vor. Während der Leser vor den Seiten schmökert, muß Rolf in den Seiten arbeiten. Ist ein kleiner, aber feiner Unterschied. Den Gegenbenheiten entsprechend fordert Angersbach Unterstützung an, beim LKA in Wiesbaden. Nicht irgendjemanden klar, oder? Keine Frage. Sabine Kaufmann ergänzt sich mit dem ruppigen, eher menschenfernen Rolf doch sehr gut und Daniel Holbe wird sich dabei auch etwas gedacht haben. Das er mit Rolf eine Figur hat, die er nach Lust und Laune herumschubsen kann, wird die Sache für ihn noch interessanter machen. Die Ermittlungen laufen jetzt in alle Richtungen und die Tendenzen sind, aufgrund der geringen Einwohnerzahl, auch recht überschaubar, nur gibt es keinen wirklichen Ansatz, wo man nach- oder angreifen könnte. Auch Sabine Kaufmann kann nicht zaubern. Dafür wird Rolf mit seinem neuen Traumhaus bekannt gemacht. Der Vorbesitzer will verkaufen und nach Portugal auswandern. Die Algarve ist gerade zu prädestiniert für einen unbeschwerten Lebensabend mit Sommer, Meer und Sonnenschein und Rolf könnte ein neues Heim beziehen, seinem Leben eine kleine neue Richtung geben. Pustekuchen. Im Keller werden erst zwei, und etwas später nochmal drei, Leichen gefunden. Wer, bitte, möchte dann dort einziehen? Während Daniel Holbe vor sich hingrinst, wird sich Rolf von seinem Traum verabschieden müssen. Er ist ja bestimmt vieles, aber necrologistisch angelastet zu sein steht nicht auf seinem Stundenplan. Die Leichen kann man auf längere Zeit zurückdatieren und, später auch, identifizieren. Somit ergibt sich eine ganz neue Sichtweise. Die Vergangenheit hat die Gegenwart eingeholt. Herr Holbe gibt sich die Ehre, seine Figuren mit kleinen Hinweisen zu füttern. Und eine Münze hat immer zwei Seiten, den Avers und den Agens, ganz genau. Sabine und Rolf kommen zu unterschiedlichen Erkenntnissen, nur bevor sie die gegeneinander stellen und sie sich aktiv austauschen können..., fragt doch Daniel selbst, warum er seine Darsteller, die sein Geld verdienen müssen, immer in eine Jauchegrube stürzen wird. Oder werdet selbst Schriftsteller. ISBN 978-3-426-52204-2 376 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A) DANIEL HOLBE – Sühnekreuz – Archiv April 2019 |