BUCHCOVERREZENSION
Holbed Suehnekreuz

DANIEL HOLBE –

Sühnekreuz

Ralph Angersbach hat ein Problem. Er denkt, dass Frauen auf Soldaten und Uniformen stehen. Kann möglich sein, wer weiß das wirklich? Nur seine Schlussfolgerung, dass es deswegen immer wieder Kriege gibt, ist doch haltlos. Kriege sind die Fortführung einer Politik, die nur menschenverachtend ist, von versagen wollen wir nicht reden, ist ja geplant. Und das im großen Stil. Fragt Frau Merkel. Auch wenn sie, aufgrund der fast schon älteren Geschichte Deutschlands, nicht wirklich Krieg spielen darf, sie versucht es trotzdem. Mit „tapferer und uneigennütziger“ Hilfe unserer Freunde, deren Geschichte sich auf einen Völkermord stützt, der so einiges vorweggenommen hat, was danach kam. Wenn man aber emotional gebunden ist, können die kleinen Gedanken jedoch hastig auf Abwege kommen. Ungerecht, definitiv mit Hintergründen, die nicht so schnell auszuloten sind und, für Menschen mit starken Gefühlen und Hemmnissen in einer Selbstoffenbarung, sich gerne stark am Tresen anlehnen und dem Menschen, der ihr individueller Geistesgeber ist, mal ein Bier ausgeben wollen. Lehnt das ab. Denkt lieber nach. Daniel Holbe hat sein neues Buch wieder gut gestaltet. Sabine Kaufmann hat, nach der ungenießbaren Bio-Milch und kiffenden Vätern von Arbeitskollegen wieder den Sohn im Schlepptau, der einen Lada „Niva“ fährt. Der Kleinpanzer für den Normalbürger? Der Lada aus Russland hat aber nur vier Räder. Da gibt es Steigerungen. Ein „Kirow 320 H“ hat vierzig und kommt aus Leipzig, Sachsen. Ein Reifenwechsel hier könnte doch einiges mehr an Kopfzerbrechen bescheren und das ist nur das kleine Modell. Ist aber hier nicht wirklich relevant. Sabine muss jetzt feststellen, dass ihr Arbeitsplatz gecancelt werden soll und ihr Vorgesetzter sie liebend gerne im Morgenland, oder noch weiter weg, sehen will. Ihre Mutter, psychisch krank, wird in suizidnaher Situation aufgefunden. Tot. Das sind doch Arbeitsbedingungen? Daniel Holbe setzt sich über jede Gewerkschaft von Romanfiguren hinweg und lässt sie bluten. Manchmal suggeriert er sogar etwas Hoffnung, nur, um sie hinterher Lügen zu strafen. Nun ja, Peter Brand aus Offenbach könnte bei so manchen Ausführungen, gerade Fußball betreffend, seine helle Freude hieran haben. Manchmal, nicht immer, aber immer öfter, könnte es auch zu einem Vorteil gereichen, ein Fan der Kickers aus Offenbach zu sein. Daniel Holbe kann sich sicher sein, Peter Brands volle Aufmerksamkeit zu haben. Die des Lesers, bewaffnet mit Sessel, Katze, Buch, Dosenbier, und die Salamistulle nicht vergessen, nicht wirklich in dieser Reihenfolge, selbstverständlich auch. Und die Tabakindustrie kann hier auch auf so einige zählen, die dann sagen, mit dem Rauchen höre ich auf, wenn ich tot bin. Ist doch schon komisch, dass ein Kind, was im Straßenverkehr oder bei der Knallerei zu Silvester mehr Abgase und Feinstaub einatmet, als auf einem Raketenstartplatz, beim Start einer Interkontinentalrakete, in einer Raucherkneipe nicht auf die Toilette gehen darf, trotz Dringlichkeit. Ist das wirklich Politik? Herr Holbe beweist einen sehr kreativen Humor. Und so können Sabine und Ralph erneut ermitteln. Auf dem Pferdegestüt „Kreutzhof“ wird die Geschäftsführerin tot, ermordet, in einem Brunnen gefunden. Vorher wurden immer wieder Tiere getötet. Hühner, Schafe. In der Gegend um Gießen dreht sich ein Karussell des Todes. Mittendrin zwei Menschen, denen das Leben doch etwas übler mitgespielt hat und von denen Daniel jetzt auch noch vollen Einsatz fordert. Und dieser Fall zieht immer weitere Kreise. Archimedes hätte Vollbeschäftigung, sie alle nachzuzeichnen. Was einen zu einer historischen Tatsache bringt, dass die Kelten das erste Volk waren, das ohne technische Hilfsmittel, einen perfekten Kreis darstellen konnte. Wenn Daniel Holbe loslegt, dann richtig und der Abend ist gesichert. Und er versucht sich in Psychologie. Mahnt Selbstmörder an, wenn sie schon einen Weg aus diesem Leben suchen, doch Wege und Möglichkeiten zu finden, die anderen, unschuldigen, Menschen nicht auch noch das Leben versauen. Werft Euch nicht vor einen Zug oder springt von der Brücke. Mal abgesehen von der Sauerei, die andere wegwischen müssen, denkt Ihr an die Fahrzeugfahrer oder Auf-Finder solcher Situationen, die hier einen Schock fürs Leben kriegen und ihr Familienleben in die Tonne treten müssen, weil man damit nicht wirklich umgehen kann? Was haben diese Menschen Euch getan, das sie das mit ansehen müssen? Versucht in einem Stück zu bleiben. Die, die das bearbeiten müssen, sind zwar schon potenziell Profis, nur den anderen habt Ihr den gemütlichen Leseabend doch jetzt schon versaut. Wenn Ihr Euch schon umbringen wollt, nehmt doch Rücksicht auf die Leute, sowohl die Euch finden, als auch die, die hier ermitteln müssen. Daniel Holbe entpuppt sich als ein Jungbrunnen in der Literatur und als ein Mensch, der zum Nachdenken anregen möchte. Ist schon Wahnsinn.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52203-5 381 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)

DANIEL HOLBE – Giftspur – Archiv April 2014
DANIEL HOLBE – Schwarzer Mann – Archiv August 2015

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