BUCHCOVERREZENSION
Knight.j EhreIstFuerNarren

JULIA KNIGHT –

Fechter und Feiglinge

Und? Habt Ihr aufgerüstet, jetzt alles beisammen, wie es im August angeraten wurde? Wer nicht, hat Pech gehabt. Kacha und Vocho sind, nach dem brutalen Gemetzel mit den Feinden ihrer Heimat, nicht nur wieder in Reyes zu Hause, sondern auch wieder hochgeachtete Mitglieder der Gilde der Duellanten, zumindest Kass. Die obendrein sogar als Gildenmeisterin anerkannt wird, obwohl sie, sowohl den administrativen, als auch praktischen Bereich der kompletten Führung unter Voch überlässt, da sie emotional nicht in der Lage ist, ihre Situation zu meistern. Zuviel ist passiert. Und so darf sich Vocho, der nicht ganz so widerspruchsfrei in der Gildenhierarchie ankommt, mit der Ausbildung von Rotznasen zu geachteten Duellanten und dem Papierkram der Administration herumschlagen, wobei er, nur zu gerne, auf die kleinen Scheißer und den Wust von Dokumenten verzichten würde. Vocho, der Große, ist derzeit dazu degradiert, Windeln zu wechseln, Tränen zu trocknen, ein Bürohengst zu sein und sich mit allen möglichen Beschwerden herum zu schlagen. Dabei würde er, nur zu gerne, komplett um sich schlagen. Nasen brechen, in überheblich dargestellte Mienen reinhauen, in Ärsche treten. Was nicht ganz so einfach geht. Er ist ja stark angeschlagen. Zumindest den Papierkram entsorgt er, wenn auch nicht wirklich fachgerecht, im Kamin. Und so übersieht er so einige Berichte über eine Räuberbande, die den Grenzbereich zwischen Reyes und Ikaras unsicher macht. Julia Night ist wieder auf dem Wege, dem Zwerchfell des Lesers so einige Höhepunkte zu servieren, das sich das auch nicht nehmen lässt, sich hier wieder komplett zu verbiegen und so seinem Träger so manche Atemnot und Seitenstechen zu bescheren. Der, jedoch, Gazellen gleich, durch die Seiten hüpft und versucht, durch Übungen mit seiner Lunge Herr oder Frau der Lage zu bleiben. Wird keinem gelingen! Bei den Dialogen haut es einen auf den Rücken. Mit einem irren Grinsen im Gesicht drückt man sich das Buch an die Brust und versucht den nächsten Atemzug, auf das man eine Seite weiterlesen kann. Vor sich hin wiehert, was jedes Pferd neidisch machen wird. Voch, völlig über- oder unterfordert, will seine Schwester wiederhaben. Nicht die Kass, die auf der Stadtmauer sitzt und Petri Egimont hinterhertrauert. Den er und Dom, der Assassine, dessen eigentlicher Name länger ist als die Ost-West-Ausdehnung Russlands, als tot vermeldet hatten, auf dessen eigenen Wunsch. Mittlerweile sieht Petri ja doch etwas unvorteilhaft aus. Er ist durch alle Höllenkreise eines Dante Alighieri gewandert und, nach langer Odyssee, ist er jetzt Mitglied einer Überlebensgemeinschaft, die Narbe ins Leben gerufen hat, was Voch und Kass ja schon als Teil einer Lebenserfahrung hatten. Berufsbezeichnung Wegelagerer. Die Jobcenter aller Welten unterstützen ja jeden, der sein Schicksal selbst in die Hand nehmen möchte, solange er ihre Finanzlage nicht belastet. Noch drohen sie nur und nehmen nur das, was sie brauchen. Als ein Magier dazu kommt, wo Petri ja nur beschissene Erfahrungen gemacht hat, gestaltet sich das dann doch brutaler. Voch, nach der Verbrennung von Dokumenten, ist noch ahnungslos. Erst der Prälat muss ihm den Kopf zurechtrücken. Auch ein „Großer“ Vocho erkennt eine Chance, oder den Zaun mit dem Winkpfahl. Seine Schwester wieder ins reale Leben einzubinden, ist jetzt oberste Priorität. Die Bande, der jobcenterunabhängig agierenden Neuunternehmer, wird immer rücksichtloser, und ist, Dank des Magiers, auch von der Witterungslage nicht mehr behindert. Schnee und Stürme sind kein Grund mehr zu Hause zu bleiben. Narbe und Totenkopf kommen auf ihren Höhepunkt und Vocho muss erkennen, dass man mit einer großen Schnauze zwar Menschen manipulieren kann, aber auch, dass es Menschen gibt, die ihn mit, eher gemischten Gefühlen betrachten würden wollen, weil man nicht alles glauben sollte, was er von sich gibt. Dass kann auch nach hinten losgehen. Julia Night hat einen rasanten Endspurt eingelegt, aber auch noch etwas offengelassen. Ob sich das weiterentwickelt, mal sehen. Wäre wünschenswert.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-51996-7 399 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)

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