BUCHCOVERREZENSION
Knor.d LegendenUndLuegner

JULIA NIGHT –

Legenden und Lügner

Teil Zwei für Kacha und Vocho, die Geschwister, die hereingelegt wurden, ihren Job verloren und, aufgrund mangelnder Sozialversicherungen in ihrer Welt, sich jetzt als Wegelagerer durchschlagen müssen. Immer auf der Flucht und auf der Suche nach der nächsten Mahlzeit. Ja, auch Romanhelden müssen zwischendurch mal etwas zwischen die Zähne bekommen. Kass und Voch waren Eliteduellanten, die besten Schwertkämpfer der Gilde von Reyes. Begleitet werden sie von ihrem Diener, Angestellten, wie auch immer, Cospel, der an keiner Person wirklich vorbei kommt, ohne selbige zu beklauen. Welch hässlich Wort. Cospel nimmt der, so erleichterten, Person die Verantwortung ab, über die Gegenstände, die hier in andere Besitzverhältnisse katalogisiert wurden. Er ist, sozusagen, die GEZ und das Finanzamt in Personalunion. Nur eben illegal und nicht staatlich gefördert. Bevor Ihr anfangt, dort auf ein Einkommen zu hoffen, werdet Beamte des Deutschen Staates. Im Dunstkreis der drei „Wir sind Robin Hood von Reyes“ taucht immer wieder Dom auf, ein Assassine und eine Person, die sich eher bedeckt geben möchte. Verständlich. Sein vollständiger Namen würde, jedoch, den Rahmen hier sprengen. Der ist länger als der Seeweg von Hamburg nach Bombay. Während Julia im ersten Teil auf einen tränendrüsenauflösenden Humor gesetzt hat, wird sie hier etwas ernsthafter, wobei eine gewisse Situationskomik trotzdem noch vorhanden ist. Jetzt kommt jedoch mehr Action und Bewegung in das Leben der selbsternannten, wenn auch dazu gezwungenen, Flüchtlinge der Zivilisation und sie fallen in Ikaras ein, der angrenzenden Provinz zu Reyes, eigentlich zu dem Zwecke, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Ist nur komisch, wenn dieselben Dich immer wieder verfolgen, wie magnetisch angezogen, immer hinter Dir lauern und Dein Schreiber der Meinung ist, ausruhen kannst später. Erst der Leser, dann die Romanfigur. Erst Geld verdienen, für die Frau mit dem Kugelschreiber, danach, wenn überhaupt, Gewerkschaftspause. Vocho, gezeichnet vom Magier Sabates, hat ein Fadenkreuz auf der Stirn, eigentlich eine Tätowierung auf dem Rücken, das er aber ganz schnell loswerden möchte und er lässt nichts unversucht, dieses Ziel anzusteuern. Kass muss ihn dabei unterstützen, denn, wo ihr Bruder sich herumtreibt, da ist sie ja auch in der Nähe. Immer präsent auf dem Silbertablett. In Reyes sind Magier geächtet, Ausnahmen bestätigen die Regel. In Ikaras können Magier noch freiberuflich tätig sein, solange sie keinem in die Quere kommen, der, in dieser Welt, der Meinung ist, erst ich und dann eine ganze Ecke nichts, nach mir die Sintflut und vielleicht, danach, der Rest der Welt. Sabates ist da ein besonders exaltiertes Exemplar, Magier der dunklen Seite haben ein besonders stark entwickeltes Selbstwertgefühl. Kann aber auch dafür sorgen, dass man sich, ganz schnell, vergaloppiert, vor allem dann, wenn man gelehrige Schülerinnen hatte, denen man an die Wäsche will, ohne ihr Einverständnis. Aber niemand auf dieser Welt ist wertlos. Man kann auch als schlechtes Beispiel dienen und aus den eigenen Fehlern könnte die nachfolgende Generation dann lernen. Alicia ist da ganz offen und wissbegierig. Julia Knight offenbart hier so richtig finsteren Humor. Nebenbei wird ein Krieg geplant. Nachdem Bakar in Reyes den Adelsstand abgeschafft hatte, mittels einer kleinen Revolutzereinlage, hat sich zwar die prekäre Lage für das einfache Volk, nicht mal ansatzweise im Geringsten, geändert. Aber die, ursprünglich, Auserwählten wollen die Uhr wieder zurückdrehen. Ikaras wäre da ein wertvoller Verbündeter. Und deren, genauso schnell, wie uneffektiv ausgehobene, Armee ist schon auf dem Vormarsch. Eine Bedrohung an den Grenzen Reyes, der Heimat von Kass und Voch, der jedoch gerade nicht auf einem Höhepunkt seiner Gesundheit ist. Magie kann heilsam sein, wenn man hehre Ziele verfolgt. Nur zeigt Julia auch die andere Seite der Münze. Sie hat ja jemanden, mehrere, engagiert, die das ausbaden müssen. Für Kass und Voch stellt sich jetzt eine Entscheidung. Mitten in den Kriegswirren gefangen, mächtige Gegner auf der First-Base-Site und steckbrieflich gesucht, mittlerweile auf beiden Seiten der Grenze, misstrauen sich jedoch auch noch gegenseitig. Julia war bei Intriganten wie Rasputin und Machiavelli in der Lehre, nur, um sie, danach, in die Rente zu schicken. Seid froh. Die Frau ist Schriftstellerin und will nicht wirklich Politik machen. Wir haben genug Prachtexemplare von Politiker-Innen, die, an einem Tag, mehr Lügen aussprechen, als eine Katze, ihr Leben lang, aufs Klo gehen würde. Und so eine Katze kann, bei guter Pflege, schon mal älter werden. Hammer Zweiter Teil für Kass und Voch, denen, jetzt noch, ein dritter in die Wiege gelegt wird. Manchmal sind Romanfiguren nicht wirklich zu beneiden. Sie haben jetzt zwar die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lesers. Und das ist, gewiss, schön. Nur, ist das vom Schreiber beabsichtigt. Und jetzt müssen sie die finsteren Fantasien ihrer geistigen Urheberin ausbaden. Der Leser muss jetzt aufrüsten. Katze! Ohne, geht nicht. Lesesessel! Wenn, der, nach wiederholter, wenn auch nicht beabsichtigter, Zerstörung, noch durch die Hausratversicherung abgedeckt wird? In jedem Fall. Schaut nach! Knabberei, keine Frage. Und ein leckeres Dosenpils, ohne das ist kein Lesen möglich. Hey, eins, zwei. Fragt die Grünen, die, die Dosen abschaffen wollten und, heute, über ihr ureigenenes Ungetüm von Plastikflaschen und Tetrapacks selbst räsonieren. Wir, Leser, entscheiden nicht nur selbst, was wir lesen, sondern auch, was wir und wie wir es verkonsumieren wollen. Frau Night wird wärmstens empfohlen. Und Teil Drei wartet schon mal drauf, das der Leser aufrüstet.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-51995-0 382 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)

JULIA KNIGHT - Schwerter und Schwindler – Archiv Juni 2017