BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

PRESTON & CHILD –

Headhunt – Feldzug der Rache

Im letzten Buch hatte Special Agent Pendergast nur einen Kurzauftritt. Er wollte seiner Neuentdeckung Agentin Corrie Swanson das volle Scheinwerferlicht gönnen. Jetzt will er auch mal wieder glänzen. Wenn er schon für nur einen symbolischen Dollar im Jahr für das FBI schuppert, dann will er auch mal wieder gesehen und gelesen werden. Da er dem Schreiber-Duo nichts kostet, den einen Dollar zahlt das FBI, ergreift das diese Gelegenheit sofort am Schopfe und schon hat Aloysius einen sehr skurrilen Fall an der Backe. Douglas Preston und Lincoln Child haben ein Lebensmotto verwirklicht. Es ist doch schön, wenn man Knechte hat und diese die Kastanien aus dem Feuer holen müssen, die ihre geistigen Väter dort versenkt haben. Wobei Agent Pendergast eigentlich sehr oft die Nase vorn hatte, da er über eine außergewöhnliche Begabung verfügt, sich in andere hineinversetzen zu können. Ja, da war ja auch seine Muse noch anwesend. Constance, sein Mündel, das mal ganz andere Gedankengänge entwickelt und es vorgezogen hat, sich aus Aloysius Reichweite zu entfernen, nach Indien, um genauer zu sein. Ohne sie hat Pendergast ein Teil seines Rückenhalts verloren, den auch Lieutenant Vincent D`Agosta nicht vollständig ausgleichen kann. Nicht das der silberäugige Special Agent das in der Öffentlichkeit zugeben würde. Lieber knabbert er im Verborgenen an diesem Manko und das lässt ihn etwas von seinen phänomenalen Fähigkeiten einbüßen. Sein Gegenspieler weis das zwar nicht, muss er aber auch nicht. Dieses Wissen würde eh nichts nutzen, da die Herren Schreiber sowieso den Plan haben, Constance auf dem südasiatischen Subkontinent verharren zu lassen, wo sie ihrem Sohn nahe ist. Diese familiäre Situation will man noch nicht stören, ist doch sehr rücksichtsvoll von Douglas und Lincoln. Dafür muss Aloysius jetzt in einen sauren Apfel beißen. In New York lässt sich ein Serienmörder aus. Und dieser Typ ist völlig krank. Er belässt es nicht dabei, seine Opfer zu töten, nee, er schneidet ihnen auch noch die Köpfe ab, die er irgendwo als Trophäe bunkert. Eine wirkliche Theorie können die Profiler, zu deutsch Fallanalytiker, nicht entwickeln, so ein Fall ist ihnen noch nie untergekommen. Solche Typen wie Ted Bundy oder Charles Manson stellt der Enthaupter, wie er jetzt genannt wird, gnadenlos in den Schatten. Seine Methode ist außergewöhnlich. Er sucht seine Opfer in der Öffentlichkeit, wo sie jeder sehen kann, oder in ihren privaten Festungen, die mit allen menschlichen und technischen Raffinessen gesichert sind und dabei ist es ihm egal, wer es ist, oder wo. Und seine Motive sind zwar offensichtlich finsterer Natur, aber nicht wirklich greifbar. Was die Ritter für Recht und Gerechtigkeit, ein ums andere Mal, auf die knüppeligen Pfade der Holzwege führt. Dazu kommt ein übereifriger Journalist, der denkt, er habe von allen Wassern der Erleuchtung gekostet, der erst recht noch falsche Spuren legt, zugegebener Maßen, ohne es zu ahnen oder zu wollen. Jedoch mit dem Ehrgeiz eine auflagenstarke Zeitung zu erleben. Was also im Artikel steht, muss nicht zwangsläufig stimmen, Hauptsache, es ist schlüssig. Zu den schwierigen Bedingungen der Spurensuche in diesem Fall gesellt sich noch eine ausgewachsene Panik unter den noch zu vermutenden Opfern und eine ziemlich verdrehte Bewegung „Zurück zu Natur und materieller Armut“, die alle samt nicht besonders hilfreich sind, da sie Kräfte binden, die man anderswo besser einsetzen könnte. Während sich die Herren Preston und Child E-Mails schicken, mit immer neuen Ideen, wie man Aloysius Pendergast und Vincent D`Agosta das Leben schwer machen kann, müssen die zwei einen ziemlich einsamen Weg gehen. Nun ja, die beiden haben sich den Song „Zaubertrank“ von „OST+FRONT“ zu eigen gemacht, in dem es heißt, „… drum prüfe, wer sich ewig bindet...“. Werden sie beherzigen. Wobei der Titel der aktuellen CD der Berliner Industriell-Metal-Band „Dein Helfer in der Not“ für die beiden auch ungeahntes Hoffnungspotential bereit halten könnte. Dazu müssten sie allerdings auch Zeit und Gelegenheit haben, sich den Silberling mal zu Gemüte zu führen. Bis dahin haben sie jedoch noch einen steinigen Weg vor sich, der sich gerade für Pendergast als wortwörtlich erweist, der jetzt, weit über seine Grenzen hinaus, agieren muss, gegen einen ein geistig verirrtes Genie, das das Wort Empathie aus seinem Wortschatz komplett gestrichen hat und so skrupellos ist, das einem das Blut in den Adern gefriert. Dessen Jagdziel der Special Agent ist, eine Erkenntnis, die sich erst recht spät materialisiert. Auch wenn die Romanfiguren nicht gefragt werden und auch nicht einverstanden sein dürften, für den Leser ist das Schriftsteller-Duo Preston & Child immer ein heller Stern am allabendlichen Lesehimmel.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52080-2 394 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)

PRESTON & CHILD – Pharaoh Key – Archiv Dez. 2019
PRESTON & CHILD – Old Bones – Tote lügen nicht – Archiv Dez. 2020