BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

MAHMOUD AL-ZEIN –

Der Pate von Berlin

Menschen machen Fehler, keine Frage. Manchmal werden Menschen aber auch in die Fehlerecke gedrückt. Unsere Gesellschaft versagt. Mahmoud kam als Gast, Kriegsflüchtling, in dieses Land und als es keinen Weg mehr zurück in seine Heimat gab, wurde ihm das Wasser abgegraben. Duldung statt Asylstatus. Ungeliebter Mitbürger, ohne wirkliche demokratische Rechte, statt einer Einbürgerung. Auf den Müllhaufen unserer Zivilisation abgeschoben und als eine Art störendes Tier mit nicht haushaltsfreundlichen Eigenschaften betrachtet, das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Mahmoud, als ein Mensch mit nichteuropäischen Ansichten, wird trotzdem versuchen seinen eigenen Werdegang nach vorne zu treiben. Im Untertitel geschrieben: Mein Weg, meine Familie, meine Regeln. Ein Motto, das man menschlich zwar nachvollziehen kann, aber im europäisch-demokratisch-bürokratischem Verständnis ganz bestimmt nicht auf Widerhall stoßen wird. Die Frage, die sich stellt, ist doch, wann wollen wir versuchen andere Kulturen zu verstehen? Wann werden wir Integration wirklich offensiv betreiben? Es ist doch egal, ob jemand einen Fez, einen Turban oder, wie angeregt im Film „Alice im Wunderland“, einen Dorsch auf dem Kopf trägt. Wobei man, bei einem Fisch auf dem Haupt, sollte man doch merkliche Bedenken äußern. Mahmoud Al-Zein steht vor der Entscheidung, wie er und seine Familie leben sollen. Arbeiten darf er nicht. Regeln und Gesetze, wie sie in Deutschland angewandt werden, versteht er nicht wirklich. Und er ist nicht der einzige. Was sich die Bürokratie sich so ausgedacht hat und wie sie mit Menschen umgeht, ist wohl für viele Bürger unverständlich. Nur schaut man selten hinter die Kulissen des Alltags. Mahmoud wächst in seinen Clan hinein und macht langsam Karriere als „Der Pate von Berlin“. Nachdem man ihn als Individuum ignoriert hat, macht er Schlagzeilen als ein Zeitungsmittelpunkt. Der Presserummel um ihn und die Clan-Kriminalität treibt Blüten. Komisch. Jetzt nimmt man ihn wahr. Zwar nicht als Mensch, dem man vieles verwehrt hat, dafür jedoch als einen Kriminellen, der versucht seinen Pfad nach vorne zu legen. Sein Buch beschreibt seinen Weg zur Macht, als Clan-Oberhaupt wird er zu einer Institution in Berlin. Im Gegensatz zu den damaligen Pressestimmen, die ihn nur verteufelten und wenig verwertbare Informationen über den Menschen lieferten, kann man jetzt in Al-Zeins Seiten sich mit seiner Persönlichkeit und seinen Entscheidungen auseinander setzen. Heute ist er nicht mehr so stolz auf seinen Werdegang und nach seiner letzten Verhaftung steigt er aus. Kehrt der Kriminalität den Rücken zu. Dafür meldet er sich jetzt zu Wort. Und möchte so einiges weitergeben, mit dem Grundtenor Respekt! Und den sollte man einfach haben. Auch heute noch hat er großen Einfluss auf das Leben seiner Familie und, anstatt ihn und seine Worte weiterhin zu ignorieren, sollte man ihm besser auch mal zuhören. Statt Menschen im Viehstand, sprich Duldung ohne Rechte, zu halten, sollte man doch darüber nachdenken, sie zu integrieren. Da denkt man doch gerne an Frau Freitag und Fräulein Krise, die Stammgäste an Onkel Alis Kaffeeproduktion sind und denen es eine Selbstverständlichkeit ist, sich Alis schwarzes Gebräu zu Gemüte zu führen.
(Droemer)

ISBN 978-3-426-27837-6 254 Seiten 20,00€ (D) 20,60€ (A)

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