BUCHCOVER | REZENSION |
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LIZA GRIMM –Talus – Die Hexen von EdinburghLiza Grimm liebt Geschichten. Damit steht sie nicht allein da. Seit es die Menschen gibt, sind Geschichten unverzichtbar, weil wir uns darin auch selbst erkennen und auch viel lernen können. In manchen Büchern bekommt eine Person die Frage gestellt, warum weißt Du soviel? Die Antwort kommt dann meist auch glasklar zurück, weil ich viel lese. Liza Grimm dürfte diesen Ausspruch auch für sich beanspruchen dürfen, denn ihre Fantasy-Welt ist ja nicht nur auf Spinne aufgebaut, sondern auf vielen Fundamenten, deren Ursprünge über Tausende von Jahren hin nachvollziehbar sind. Das reichlich Fantasie dazu gehört, ist nicht von der Hand zu weisen, nun ja, so ein kleines bisschen Spinne hat noch nie jemanden geschadet, außer diversen Romanfiguren, aber die haben eh kein Mitspracherecht und wenn sie unter die Dusche geschickt werden, können sie froh sein, ein Handtuch und einen Becher Kaffee zu bekommen. Ist ihre Rolle im Buch beendet, haben sie den Heimweg anzutreten, bitte mit dem öffentlichen Personalverkehr, Taxi wird nicht bezahlt, vieleicht aber doch mit der Hoffnung auf den folgenden Seiten, oder auch anders wo, eventuell als eine honorationspflichtige Randnotiz zu erscheinen, damit das Kleingeld in ihrer Börse noch etwas Zuwachs bekommt. Es sei denn, man ist priviligiert, erlebt das Ende des Romans und bekommt als Zukunftsaussicht eine Fortsetzung in Aussicht gestellt. Erin könnte als eine solche Figur durchgehen. Die verhinderte Studentin hat ihre Leidenschaft für Gruseltouren entdeckt, die jetzt scharenweise Touristen durch eine verschlungene Welt in Edinburgh schleusen sollen. Ist ein neuer Markt in Schottland geworden, der Geschichte und Geschichten miteinander verbinden soll. Oscar Wilde hatte das ja schon mal vorgemacht, nur ohne Touristen, die für eine Tour verhältnismäßig wenig Geld hinlegen werden, dafür aber mit einer reichen amerikanischen Familie die recht viel Zaster hingeblättert und dafür ein englisches Schloss, samt Gespenst eingekauft hat. Hier ist aber eine kleine Unterscheidung von Nöten. Während die Touristen „wissen“, worauf sie sich einlassen wollen, hatte Herr Otis zwar die nötigen Information, das etwas ungewöhnlich sein könnte, aber hat sich dann mehr auf seinen amerikanischen Freigeist verlassen, das Lord Canterville beim Verkaufsgespräch vielleicht doch einen Whisky mehr intus hatte. Liza Grimm knüpft hier nahtlos an. Nur, während Oscar mehr einen tragikkomischen Bereich mit viel Romantik im Blick hatte, wird Liza stärkere Geschütze auffahren und die mächtigste Hexe, seit Menschengedenken, aus ihrem Grab wieder herausschaufeln und mit diesem Fakt die Gegenwart in Schottland konfrontieren. Gerade hier, in der ehemaligen Heimat der Pikten, ist die Grenze zwischen den Welten sehr dünn. In Edinburgh besonders, wo sich eine große Gemeinde von Andersartigen, sprich Hexen und Hexern, es sich nach den mittelalterlichen Verfolgungen und deren Folgen, schon vor Jahrhunderten ein gemütliches und, für Menschen nicht auffindbares, Domizil aufgebaut hat. Verstecken tut man sich heute noch, zu brutal waren die Vergangenheiten. Aber es gibt doch wieder einige Leute, die in die Welt der Menschen wieder hineinschnuppern möchten. Klar. So ein I-Phone kann gute Dienste leisten, auch wenn man in der Kunst des Lesens der Tarot-Karten oder dem Werfen der Runenstäbe bewandert ist und die Apotheke nebenan könnte auch so einige Zutaten zu bieten haben, für kleines Geld. Da kann man sich doch den mühevollen Weg, zu Fuß, bei Neu- oder Vollmond, quer durch irgendwelche irreführenden Torfmoore, samt Irrlichtern, damit auch nasse Füße, völlig versaute Schuhe und auch nicht mehr waschbare Socken ersparen. Und wenn man nicht die Dienstleistungen der Pharmaindustrie nutzen möchte, kann man sich auch ein geländegängiges Fahrzeug mieten oder kaufen, dessen GPS-Tracker einen immer den richtigen Weg weist. Das nennt man auch den Fortschritt nutzen. Oder mit den Ideen und Gedanken von Veit Etzold zu sagen, den Wandel kommunizieren. Liza Grimm läßt Geschichten freien Lauf und alle Welten aufeinander prallen. Erin ist noch etwas unbedarft. Eigentlich wollte sie studieren. Für sie ist eine kleine Weisheit, von Tante Charly immer als Schwachsinn eingestuft, aber aktuell. Magie wird aus Dunkelheit geboren. Wir geben Tante Charly recht, das ist Humbug. Nur weil wir manche Sachen nicht verstehen können oder wollen, Magie ist doch etwas alltägliches. Ohne sie wären wir schon längst ausgestorben und nicht zum Gipfel der Schöpfung mutiert. Hippokrates hatte das schon mal klargestellt, vor Jahrhunderten. Jetzt wissen wir aber, warum der T-Rex keine Zukunft auf diesem Planeten hatte. Seine Vordergliedmaßen waren zu klein, um sie sich wirksam waschen zu können, damit man einen Coronavirus loszuwerden wird. Der furchteinflössende Saurier war noch nicht mal in der Lage sich selbst in der eigenen Nase herumzupopeln, geschweige denn das er Autofahren hätte können. Von einer entsprechenden Handhygiene ganz zu schweigen. Was sich aber, heute, fast schon bedingt. Rote Ampeln werden das immer wieder zeigen. Liza Grimm hat doch viele Sachen im Hintergrund, auch wenn sie das nicht ganz nach vorn legt. Hätten wir Dr. Fleming und seine Entdeckung verteufelt, hätten wir heute kein Penicilin. Robert Koch hat den Tuberkelbazillus entdeckt. Waren diese Männer jetzt Hexer? Jahrhunderte vorher waren doch schon Menschen auf dem Weg, die Natur zu nutzen. Hannibal, der Schrecken Roms im II. Punischen Krieg, hatte ein Auge eingebüßt, aber die Magie hat ihn weiter geführt und hat ihm den Weg über die Alpen gegeben, um Rom den Todesstoss zu geben, auch wenn es nicht dazu kam. Liza Grimm ist auf dem Weg einer Magie, die eigentlich alltäglich sein sollte. Kräutertee, Gummiprodukte für die Geburtenkontrolle, was unsere heutige Pharmeindustrie heute gerne als Neuheit darstellen möchte, ist doch schon genauso alt, wie unsere weisen Frauen und Männer, die man vorher jahrhundertelang verehrt hat und später gerne verfolgen lassen wollte und das auch gemacht hat. Liza Grimm nimmt das Thema mal neu auf. Geschichten sind ihr Ding. Unseres auch. ISBN 978-3-426-52628 -6 347 Seiten 12,99€ (D) 13,40€ (A) |