BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

MICHAEL J. SULLIVAN –

The First Empire - Göttertod

Hoffnungsvoll in eine Zukunft zu schauen. Mit diesem Traum hatten wir die letzte Nachricht von Michael J. Sullivan beendet. Dafür sind Bücher auch da, uns Hoffnung zu geben. Und, eigentlich entpuppte sich Michael J. auch als ein Hoffnungsträger. Nur hat der Herr des geschriebenen, und damit auch unvergessenen Wortes, sich so einige Dinge anders gedacht, als seine Romanfiguren, plus den Leser, die nach dem zweiten Teil „Zeitenfeuer“ richtig Morgenluft wittern wollten. Der Aufstand gegen die falschen Götter hat hoffnungsvolle Ansätze. Ohne Blutvergießen wird die Grenzfestung Alon Rhist eingenommen. Die abtrünnigen Krieger der Fhrey-Sippe der Instarya haben das ganz gut hinbekommen. Aber! Der ewige Skeptiker Rhaite, der erste Mensch, der einen Fhrey im Kampf bezwungen, getötet hat, ist trotzdem nicht überzeugt. Und, er wird Recht behalten. Irgendwie kommt jetzt der Gedanke an Christan Kraus auf. „Töte, was Du liebst“. Sehr gute These. Könnte man auch als eine Frage formulieren. Aber das wäre blanke Rhetorik. Unser neuestes Hamburger Thriller-Schlachtschiff schreibt in einer anderen Zeit und Welt. Er ist jedoch von der Fantasy nicht wirklich weit entfernt. Man kann seine Gedanken durchaus weiter- und nachvollziehen. Wird M.J.S. auch registriert haben, und setzt das auch zielstrebiger um, als man das als Leser will. Aber, der Schriftsteller hat immer das letzte Wort, in seinen eigenen Zeilen. Und er zieht seinen Part durch. Wäre Pferd, das hässlichste Schlachtross der Weltgeschichte, von David Gilman erfunden, nicht schon unter Thomas Blackstone, im Hundertjährigen Krieg in Erscheinung getreten, würde es Rhaite als Reiter anerkennen. Und Pferd hat seinem Schriftsteller mal gehörig den Marsch geblasen. Ausnahmen sollten Regeln bestätigen? Leider bekommt man nicht immer, was man will und solche Charaktere, wie Pferd, sind, eher, rar gesät. Nun ja, David Gilman muss ja jetzt noch seine Wunden verarzten, die Pferd ihm mit seinen Huftritten und Bissen beigebracht hat, um den Sir Thomas Blackstone zu retten. Rhaite aber hat kein Pferd, das sagt, Gerechtigkeit wird nicht gerechter, wenn man noch mehr Gräuel verübt. Michael J. Sullivan übt sich hier in Mangelwirtschaft. Nur Malcolm, der Lügner, Suri, die Seherin, Tesh, sein Ziehsohn, und Persephone, die Frau, die er liebt und schützen will, stehen noch in seinem Dunstkreis. Er kann nur noch eins tun, sich opfern. Bei „Töte, was Du liebst“, Herrn Kraus gedenkend, bekommt das doch eine vollkommen neue Bedeutung. Michael J. Sullivan ist hier vermutlich etwas tefal-beschichtet, alle Sorgen perlen von ihm ab. Er muss das nicht ausbaden. Seine Figuren und der Leser schon. Die Schwachköpfe einer grausamen Politik überleben und die Helden gehen ins Nichts? Für die Leser, die schon einen Krieg vom Zaun brechen wollten, weil die Zeichen auf Sturm stehen, ist das ein herber Rückschlag. Zumindest hat Michael den Anstand, den Figuren, die uns zwei Bücher lang Hoffnung geben wollten, in seinem dritten, ein ordentliches Begräbnis zu geben. Ist doch schon etwas wert. Rhaite, der erste Gottestöter, und Arion, die abtrünnige Miralyith sind Vergangenheit. Zwei Figuren, die Weisheit hatten. Eigentlich könnte Micha sogar Recht haben. In unserer Gesellschaft hat Weisheit nicht viel Zustimmung. Von Rücksichtnahme, Fürsorgepflicht und gegenseitigem Respekt ist ja auch nicht viel geblieben. Was uns Stasi-IM Erika und ein Paolo Pinkel jeden Tag vor Augen führen werden. Erika war die die erste Akte, die in der Normannenstraße auch gleich vernichtet wurde, als man in Berlin das aufklären wollte. Und da steht sie auch nicht allein. Ist in guter Gesellschaft. Nach Gazprom-Schrödi haben wir ja wieder einen, der sich richtig gut in Konzernebenen einarbeiten will, statt seiner Aufgabe, als Volksvertreter gerecht zu werden. Und die BER-eicherungen sind doch auch schon legendär. Jeder, der hier richtig Scheiße gebaut hat, ist mit sechsstelligen Summen belohnt worden. Erzählt das doch mal einer alleinerziehenden Mutter, die von ihrem Gegenpart richtig aufs Kreuz gelegt wurde, und ein Problem hat, ihrem Nachwuchs Nahrung zu geben. Vorurteile sind ja ganz schnell vor Ort. Und, vor allem auch, weil das, politisch organisatorisch sofort greift. Also muss sich jemand opfern und das sollte nicht umsonst sein. Wir bekommen Tesh. Der Waisenjunge, der letzte der „Mohikaner“, upps, pardon, Lederstrumpf ist auch heute noch lebendig, Dureyaner natürlich, tritt jetzt in die, viel zu großen, Fußstapfen von dem Mann, der uns, als Leser, und ihm, als Ziehsohn, sozusagen, viel versucht hat, beizubringen, was es heißt ein Mensch zu sein. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Rhaite, stilles Gedenken…, wollte nie ein Held sein. Er hatte ja auch nicht wirklich viele Auftritte als solcher, aber der Mann war doch einfach nur richtig groß. Da wird uns Michael J. Sullivan einiges nachlegen müssen, damit wir diese Zustände auch akzeptieren. Ein kleiner Anfang ist gemacht. Der letzte „Mohikaner“, upps, klar Dureyaner, rebelliert, tötet einen Mörder seiner Familie, er wird der zweite „Gottestöter“. Aber es sind ja noch ein paar da, die sich, jetzt, politisch in Szene setzen wollen. In Michaels dritten Teil werden viele davon überleben, die Tesh und Rhaite das Leben richtig zur Sau gemacht haben. Nachdem Rhaite das zur Kenntnis genommen … und sich geopfert hat, damit die Frau, die er liebt, überlebt, und der neue, in dem Falle dureyanische, Chingachgook, sein Erbe antreten kann, sollte Herr Sullivan mal nachschauen. Will er Bücher für uns schreiben? Oder Politik machen? In seinem vierten Teil sollte er sich ganz viel Mühe geben, dass wir ihm auch weiter folgen wollen. Michael, Pferd ist, wahrscheinlich, schon in Rente, was man von einigen anderen Deiner Figuren nicht sagen kann, aber noch knabbert er an einer Möhre. Frag David Gilman, vielleicht hat er ja Zeit für Dich, wenn er aus der Chirurgie wieder entlassen wird. Pferd könnte auch vor Deiner Türklingel mal nachschauen wollen, mit Tesh, und wir stehen dabei.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52035-2 510 Seiten 10,99€ (D) 11,30€ (A)

M. SULLIVAN - The First Empire - Rebellion - Archiv Juni 2017
M.SULLIVAN - The First Empire - Zeitenfeuer - Archiv - Okt. 2019
CHRISTIAN KRAUS - Töte, was Du liebst - Archiv August 2019
A. SPARKS - Das Reich der zerbrochenen Klingen - Archiv Dez. 2019

DAVID GILMAN – Pferd ist einfach nur besser, als jeder Politiker. Seine These, Gerechtigkeit wird nicht gerechter, wenn man noch mehr Gräuel verübt, hat Thomas Blackstone das Leben gerettet. Und uns, wahrscheinlich, auch!