BUCHCOVERREZENSION
Andreadl DerWanderer

LUCA D`ANDREA –

Der Wanderer

Luca hat es faustdick hinter den Ohren und entpuppt sich, obendrein, auch als ein kleiner Scherzkeks. Nach seinen zwei vorangegangenen Werken, macht er jetzt den Sack zwar noch nicht zu, aber zeigt mal richtig, dass er was kann. Steigerungen sind immer möglich. Eine Andeutung, dass noch mehr kommen könnte… D´Andrea hat Ambitionen, ohne Frage. Und seinen Humor wirkt er recht farbenfroh. Das sollte man sich nicht entgehen lassen. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte? Luca dreht das um. Wenn zwei sich einig sind, wird der dritte, die Romanfigur, (fast) immer, verlieren. Schriftsteller und Leser sind sich einig. Wir bleiben vor den Seiten. Was macht ein Schreiber, wenn er so einige seiner Figuren nicht mehr durchfüttern will? Er hinterlässt Mordopfer. Als Tagelöhner der Fantasie eines Literaten, der mal richtig auf den Putz hauen will, wird das wohl immer ein unabwendbares Schicksal von Nebendarstellern sein, die hier, benachteiligt ohne Ende, das Nachsehen haben werden. Wem man das dann in die Schuhe schiebt… Aber auch als Zentralfigur können Schwierigkeiten einem das Leben schwer machen. Sibylle bekommt Dokumente zugespielt. Fotos von ihrer toten Mutter. Vor zwanzig Jahren wurde deren Leiche in Kreuzwirt (Südtirol, wo sonst) gefunden und alle waren sich, welch günstiger Umstand, einig, die „narrische“ Erika muss Suizid begangen haben. Das Foto, das Sib jetzt in der Hand hält, spricht jedoch eine andere Sprache, aus einer Zeit, als sie noch ein Kleinkind mit ganz anderen Ansprüchen war. (Fragt Luca selbst, wie er das gemeint hat.) Nur, wer kann, heute noch, ein Interesse daran, doch einen Mord aufklären zu wollen, ohne dabei in den Vordergrund treten zu müssen. Stattdessen lieber der Tochter den Skat überlässt, die jahrelang von einen Selbstmord ihrer Mutter überzeugt war. Sibylle hat mehrere Namen und auch ihre Charakterzüge können sich, durchaus von Minute zu Minute, abwechseln, und so wird das erste Opfer ihrer sowohl wörtlichen, als auch non-verbalen Attacke, ein ehemaliger Journalist, der das Pech hatte, mit auf den ersten Tatortfotos zu sein und dabei auch noch ziemlich dämlich grinste. Luca kann es jedoch nicht ganz so schlecht meinen, mit Tony. Zwei Jahrzehnte nach dem Ereignis ist er jetzt ein erfolgreicher Schriftsteller. Derzeit zwar mit einer blutigen Nase und das dürfte etwas schmerzhaft in Erinnerung bleiben, aber immerhin lebt er noch. Und Freddy, sein Bernhardiner, der zwar nicht singen kann, aber die Band „Queen“ durchaus kennt, bleibt verschont. Sibby „Langstrumpf“ hat doch klarere Ziele vor Augen. Der Hund war damals noch nicht geboren. Also weder Schuldzuweisungen, noch Sippenhaft für ein, hundert Kilogramm schweres, Fellbündel, das es schon schwer genug hat, weil Speck für Hunde verboten ist und auch die Katze, namens Severino, nicht mit ihm spielen will, was wahrscheinlich auch besser ist, für den Hund. Luca D´Andrea hat noch eine glänzende Karriere auf Tasche. Wie werde ich als Anwalt gefürchtet, obwohl ich meinen Mann getötet und dafür ein paar Jahre im Knast gesessen habe. Tante Frieda, Katze Severinos Bedienung, hat die Uni hinter den schwedischen Gardinen, wenn auch auf italienischem Boden, besucht und ihre Lektionen gut gelernt. Wenn man gegen einen übermächtigen Gegner antreten will, muss man cleverer sein. Tante Frieda ist ein Paradebeispiel dafür, auch wenn sie mehr im Hintergrund bleibt möchte, klar, man ist ja eigentlich schon auf Rente. Aber wenn so einige Zaun-Elemente einen Wink-Pfahl signalisieren, die nachfolgenden Generationen brauchen operative Unterstützung, dann geht es auch, dass man den Lebensabend um einige Tage verschieben könnte, wenn dafür interessante Zeiten heranwachsen. Rente kann ganz schnell langweilig werden. Erika, die „Narrische“, ist nicht das einzige Opfer. Nach und nach gräbt man mehrere Fälle aus, die in der umsorgten Region von Kreuzwirt unter den Teppich, oder besser unter die Bedingungen der Natur gekehrt wurden. Der „Wanderer“ hat Spuren hinterlassen. Nur muss man sie jetzt auch lesen können. Aber auch dann kann man ganz schlechte Karten haben. Luca D´Andrea hat ein Herz für Legastheniker, muss man so feststellen. Für ihn heißt das (bitte nur inoffiziell zur Kenntnis zu nehmen) nicht Rechtschreibfehler, sondern kreative Orthografie. Von denjenigen, die Sibylle und Tony die Fragestellungen erschweren, bis unterbinden wollen, ist jemand der offiziellen Schreibweisen nicht ganz so mächtig und das offeriert auch noch auf Tonys, jetzt völlig demolierten, Original 1968er Ford Mustang. Da bleibt selbst dem gestandenen Schriftsteller die Spucke weg. Tony, nicht Luca, der hat das ja ausgeheckt.
(Penguin)

ISBN 978-3-328 –60025 – 1 373 Seiten 15,00€ (D) 15,50€ (A)

LUCA D`ANDREA – Das Böse, es bleibt – Archiv April 2018
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