BUCHCOVER | REZENSION |
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HAZEL FROST –Last ShotDas sind doch mal Karrieren. Von Menschen, die um uns herum leben können, was wir jedoch nicht wissen. Hazel Frost, alias Katja Bohnet, hat sich wieder voll ins Geschirr gespannt. Es steht Thriller auf dem Umschlag und ein solcher ist es auch, nur ihre blumige Art zu schreiben lockert die Atmosphäre doch wieder richtig auf. Mitten im Gewitter gibt es auch öfter Sonnenschein, zumindest für den Literaturkonsumenten. Die handelnden Personen dürften das zwar etwas anders sehen, aber der geheime Pakt zwischen Schriftsteller und Leser besagt, meistens, dass die Zeilenknechte das zu tun haben, was die federführende Partei anordnet, damit das Zielobjekt ihrer Seiten sich zwischen ihren Buchdeckeln auch vollständig versorgt sieht. Wenn das heißt, vorzeitig unter die Dusche gehen zu müssen, sollte man das vielleicht besser tun oder sich beim Arbeitsamt nach „besseren“ Schriftstellern umsehen. Ob eine Romanfigur hier attraktiveres Blatt bekommt? Gerade bei Weiterbildungsmöglichkeiten könnte es etwas mangeln, wenn man zweidimensional bleiben muss. Und bei Zauberzungen, die einen aus einem Buch herauslesen und dreidimensional gestalten könnten, ist die Natur doch eher sehr sparsam geblieben. Also Augen zu und durch. Frau Frost baut ihr Buch deswegen auch etwas anders auf. Hier dürfen die, anfangs gemeuchelten, am anderen Ende des Buches noch einmal auftreten. Gerade das Handtuch zum Trocknen aufgehängt und den frischen Filterkaffee bestellt, muss man den kalt werden lassen, weil die Frau der Feder noch einen anderen Plan hat, als nur ein Blutbad zu veranstalten. Wird zwar an dem Ergebnis der ersten Seiten nicht viel ändern, aber dem Leser mehr Einblicke geben, was sie eigentlich wirklich darstellen möchte. Hier gibt es Wahrheiten, die man gerne unter Verschluss gehalten hätte, für die nichtsahnende Bevölkerung. Weil, die einzigen, die hier wirklich die Augen zukneifen werden, zu einem der deutsche Staat ist und, zweitens, die Nutznießer solcher Geschäfte, die solche Machenschaften durchlaufen lassen. Youri ist ein osteuropäischer Zuhälter, der sogar seine Frauen und Töchter auf den Strich schickt, sie sein Kapital nennt. Das ist doch eine Familienidylle, die Gott, dem Herrn, gefallen könnte. Frau Frost schaltet den Gang Sarkasmus in die Zahnräder, das es richtig knirscht. Wie wir sie kennen, und lieben, hat sie das Gaspedal bis zum Anschlag durchgedrückt und das andere, gegensätzliche Steuerelement, wieder vollständig entfernt. Nach Bremsen braucht ihr also nicht suchen, es sei denn, ihr seid Insektenforscher. Youri soll man ganz schnell zu einem Treffpunkt kommen. Dazu hat er seinen Porsche Cayenne mit seiner Familie vollgeladen, was natürlich ein Auto ist, das sich auch wirklich jeder leisten kann, der steuerpflichtig arbeiten geht. Ganz besonders dann, wenn man nicht in einem, wirklichen, rechtlichen Arbeitsverhältnis steht, sondern man fünf Minijobs ausüben muss, wonach das Finanzamt ja trotzdem seine dreckigen Pfoten nach ausstrecken wird, um seinem Nachwuchs zumindest das Pausenbrot zu verdienen. Youris Sohn Dima hat jetzt jedoch ein anderes Problem. Nicht mit seinem Vater, der ihn vergöttert und dessen weiblichen Start-Ups in zweifelhaften Geschäften, sprich Prostitution und das Wort Minijobs dürfte ihm auch, weitergehend, unbekannt sein, sondern eher der Natur geschuldet. Als er zurückkommt, ist die Familienkutsche ein Hinrichtungsplatz. Hazel Frost, alias Katja Bohnet, hat ihren recht freizügigen und spezifisch extrem schwarz einzustufenden Humor nicht mit dem Namen eingetauscht, sondern forciert ihn sogar noch weiter. Der wird so schwarz, das man Raben als weiße Vögel verkaufen könnte. Wobei man so manche Figur hier auch nachhaltig verstehen wird. „Ich“ wäre eine davon, weil „Ich“ plötzlich in Situationen gerät, die möchte man selbst nicht wirklich haben. Und „Ich“ hat jetzt mehr Probleme, als ihm lieb ist. Beruflich fährt „ich“ einen Rettungswagen. Privat verarscht seine Angebetete ihn nach Strich und Faden, was ihn in die Einsamkeit führt, um mal nachdenken zu können. Dabei stolpert er, mit seinem Fahrzeug, das ein Hippokrates als Neuzugang zur medizinischen Hilfe nur zu gern genommen hätte, über den Tatort und November, die dieses Schlachtfeld hinterlassen hat. In ganz kurzer Zeit avanciert er von einem traurigen Menschen und Rettungssanitäter zu einer Geisel, mit einer Entführerin, die sich auch noch in sein Privatleben einmischen will. Das Stockholm-Syndrom kann man hier ganz getrost weglassen. November, eigentlich ist das ja Hazel, alias Katja, zeigt „Ich“, dass er einfach mal nur verschaukelt wurde. Ihr Humor ist doch recht eigen, sollte man sich aber nicht entgehen lassen. Man könnte auch vermuten, dass sie mit Bernard Cornwell im Bunde steht, der ja sogar die vollgepissten Windeln von Johannes dem Täufer als eine Reliquie verkaufen will, nicht nur um seiner Figur, Uhtred von Bebbanburg den Weg zu seinem Erbe zu ebnen, sondern auch aufzuzeigen, wie dämlich manche Menschen sind, an so etwas auch noch zu glauben. Also, trotz aller Blutbäder kann man hier auch mal wieder lachen, zumindest als Leser. Das so manchen ihrer Figuren das vergangen sein könnte...? ISBN 978-3-426-30642-0 362 Seiten 14,99€ (D) 15,50€ (A) KATJA BOHNET – Messertanz – Archiv Dezember 2015 |