BUCHCOVER | REZENSION |
---|---|
JAMES ISLINGTON –Das Echo der ZukunftGassandrid seufzte. Bei der Polemik und den heroischen Ansichten, die James Islington dem Mann aus Kharshan aus dem Munde fließen lässt, ist das, vermutlich auch unumgänglich. Wenn man die Ansichten, die in diesem Landes an der Tagesordnung stehen, mit dem unseren vergleicht, dann sogar notwendig. James sollte, definitiv, oder zumindest derzeitig, nicht in die Politik gehen. Könnte für einen Visionär, wie ihn, tödlich enden. Dieses Buch sollten wir jedoch im Bundestag verteilen, damit unsere Volksvertreter mal etwas lesen können, was sie sich zu Herzen nehmen sollten. Wird zwar eine brotlose Kunst sein, in einem derartigen Lobbyisten-Staat, wie unserem, nun ja, die Hoffnung stirbt zuletzt. Die Ansichten der Kharshaner sind revolutionär. (Das Frauenwahlrecht hierzulande, war lange Zeit auch eine Traumvorstellung. Aber heute haben wir es. Manchmal gibt es doch noch couragierte Menschen) Änderungen brauchen manchmal Zeit. Nur will James Islington jedoch nicht darauf warten, dass sich Leute, die sich in ihren, aus Steuergeldern finanzierten, Sesseln warmgefurzt haben, ein Umdenken an den Tag legen. Es sind doch genug Menschen dafür ums Leben gekommen. Er will eine konsequente, wenn auch nicht neue, Umgestaltung der Politik. Nur ist das ein Kampf eines Don Quichotte. Aber, er nimmt ihn an, mit offenem Visier. Für Gassandrid, den Kharshaner, ist seine Vorstellung von einer Welt jedoch so selbstverständlich, dass der herunterklappende Unterkiefer seines Gastes, Caeden, ihm schon fast peinlich ist. Dabei sind seine Ansichten nur normal, für Menschen, die zusammenleben wollen. Klar und einfach definiert. Respekt für alle. In unserem heutigen Staat geht das völlig unter. Und alle, die dabei nur gewinnen wollen, blasen natürlich in das gleiche Horn, das unsere Bundesregierung als ein neues Volksinstrument herausgab, und damit einem neuen Rechtsradikalismus Vorschub leistete, der uns bis heute verfolgt. N.K. Jemisin hat in „Zerrissene Erde“ ein drastisches Vorwort geschrieben, dabei war das nur eine Zeile. „Für alle, die um Respekt kämpfen müssen!“. Und hat auch noch einen folgenreichen Roman hinterhergezogen. In unserer heutigen Welt hat sie auch Recht. Weil es immer wieder Hansel gibt, die uns Angst machen wollen, ihre Positionen in ihrem Umfeld dazu ausnutzen wollen, uns in die Tonne treten zu können. Macht wird nicht genutzt, sondern benutzt. Ein gravierender Unterschied. Nur ein einziger Buchstabe beim Lesen, wird Menschen in ein Elend stürzen, das nicht wirklich vorstellbar ist. Die Machtbesessen interessiert das nicht. Mit Drohungen und Angstmacherei wollen sie uns in die Knie zwingen, nur sind wir doch diejenigen, die sie mit Nahrung versorgen müssen. Schneiden wir sie davon ab… Viele nordamerikanische Ureinwohner hatten dramatische Worte dafür und viele Zitate enden mit dem weisen Ausspruch, dass man Geld nicht essen kann. Caeden muss erkennen, dass er nur benutzt wurde. Er ist zwar ein Unsterblicher, und die Zeichen der Zeit zeigen ihm, er muss handeln. Nur, wem kann er glauben? Freunde von gestern, sind Feinde heute, morgen aber, das heißt jetzt, wieder Freunde? Er steht vor dem Dilemma, wem kann er noch vertrauen. Eigentlich nur den Menschen, deren Lebensspanne zu kurz ist, um ihn dauerhaft zu bescheißen können. Was heißt, Caeden muss lernen, Freunde von Politikern zu unterscheiden. Freunde sind immer da, auch wenn sie sterben. Aber die Gedanken und die Legenden sollten präsent sein. Politiker werden immer als die Arschlöcher in eine Geschichte eingehen, die sie auch sind, wenn sie Menschenverachtung als eine gängige Lösung ihrem Volke unterjubeln wollen. Diese Entscheidung macht Herr Islington, für sich selbst und den Leser, ganz leicht. Für Caeden bedeutet das einen Trip durch eine Hölle, der an seiner Menschlichkeit knabbern wird. Seine Unsterblichkeit wird zu einem Manko. Seine Erinnerungen sind viel zu lückenhaft. Und die Zahl der Leute, die ihn, aufgrund seiner Vergangenheit manipulieren könnten, ist noch im mehrstelligen Bereich anzusiedeln, während die kurzlebigen Menschen, die das Rückgrat für eine funktionierende Gesellschaft darstellen, in extremer Gefahr sind, was ihnen nicht wirklich bewusst ist. Er erkennt zwar einige Einzelheiten, ist aber immer noch auf der Umleitungsspur, die so manchmal vom Leben vorgegeben wird, wenn man von einer tragischen Figur zu einem Helden umgeleitet werden soll, dessen Hergang er noch nicht begreift. James Islington macht sich das Leben leicht, dem Leser auch. Es reicht ja auch, wenn seine Protagonisten es schwer haben. (In Berlin-Pankow war heute ein Mädel unterwegs, das ein Plakat auf dem Rücken trug. „Wohnraum ist keine Ware!“. Schön ist, wir können heute, mit genug Rückendeckung, solche Sachen sogar machen. Es ist auch erstrebenswert, Werte wieder zu kultivieren, die in Vergessenheit geraten sind. In Berlin wird der 8.März, der „Internationale Frauentag“, wieder Feiertag.) Caeden hat unverzeihliche Verbrechen begangen, keine Frage, und bereut. Nur, war er immer derjenige, der gelenkt wurde. Im Gegensatz zu einem Paolo Pinkel, der immer nur manipulierte und davon auch profitierte, konnte Caeden bisher keine wirklichen, eigenen Entscheidungen treffen. Herr Islington wird ihm das auch nicht abnehmen. Das muss Tal`Kamar, alias Caeden, im Hintergrund seiner Vergangenheit selbst machen. Und Hoffnung macht das Leben leichter. Nur unsere Gesellschaft tötet lieber die Helden, als die Verbrecher. Paolo Pinkel ist eines der besten Beispiele dafür, wie menschenverachtend unsere Gesellschaft funktionieren wird. Schütze den Täter, diskriminiere die Opfer. Ist doch schon ein kollegialer Wahnsinn zum NSU. Wie dieser Staat versagte, bei einer Mordserie, die zehn Jahre gedauert hat. Tal`Kamar, jetzt Caeden, muss in bittere Früchte beißen. Seine Freunde in Situationen allein lassen, weil er, derzeit noch, nicht in der Lage ist, wirklich Entscheidungen zu treffen. James Islington macht ein bisschen Werbung, für seinen dritten Teil. Sollte ihm gegönnt sein. ISBN 978-3-426-52138-0 785 Seiten 16,99€ (D) 17,50€ (A) JAMES ISLINGTON – Das Erbe der Seher – Archiv Juni 2017 |