BUCHCOVERREZENSION
Katzenbach.j DerReporter

JOHN KATZENBACH –

Der Reporter

Dieses Buch ist eine Neuauflage. Verständlich. Die vorherigen sind ja ausverkauft. John-Katzenbach-Leser sitzen wie Glucken auf seinen gebundenen Seiten und rücken diese auch nicht mehr heraus, nicht für gute Worte und auch kein Geld der Welt. Aber das ist genauso verständlich. Der Mann hat´s einfach drauf. Ein engagierter, wie genialer Schriftsteller, der gleichzeitig als Fesselkünstler in Erscheinung tritt, macht Neuauflagen unumgänglich, da seine Fans zwar von seinen Bücher hin und weg begeistert sind, aber auf die verlegene Bitte hin, das Buch mal ausgeborgt zu bekommen, kriegt man nur eine Antwort! „NÖ“! Also selbst erwerben. Bei Herrn Katzenbach ist das, grundsätzlich, keine Fehlinvestition. Malcolm Anderson ist auch begeistert. Als Reporter einer Lokaljournaille, im Miami, ist er zwar nur eine ganz kleine Kerze auf dem Geburtstagskuchen der nationalen Zeitungsleser. Und seine besten beachteten Schlagzeilen sind die Verfolgung der Bewegung eines Hurrikans. Sicher, für die Bevölkerung von Floridas Sonnenscheinmetropole ist das wichtig, aber er träumt den amerikanischen Traum, nicht nur regional begrenzt seine Zeilen schreiben zu können, sondern sich einen großen Namen zu erwerben. Inklusive Pulitzerpreis. Und John macht das sogar möglich. Ein Mord an einem jungen Mädchen wird Malcolms Welt nachhaltig beeinflussen. Wahrscheinlich mehr, als der Vietnamkrieg, der die US-Nation mehr als nur tief gespalten hatte. Der Mörder nimmt Kontakt zu ihm auf. Will eine Art Pressesprecher haben. Kündigt weitere Verbrechen an, die er minutiös umsetzt und, seinem Plan gerecht, auch ausstaffiert. Herr Katzenbach eröffnet ein Szenario des Grauens, mit einer Virtuosität, die seinesgleichen sucht. Und Reporter Anderson springt darauf an. Langsam, aber stetig, werden seine Artikel, die eigentlich „nur“ Lokalnachrichten sein sollten, über den „Nummernmörder“ von Miami, zu Leitfäden für die nationale Presse. Sein Name prägt plötzlich die Schlagzeilen, die selbst im Oval Office, im „Weißen Haus“, in Washington zur Kenntnis genommen werden. Das gesamte Land jagt einen Mörder. Oder, viel mehr, einem Phantom hinterher. Die Polizisten in Miami haben jetzt viele Probleme. Der „Nummernmörder“ ist, eigentlich, nur eines davon. Mittlerweile hat der Knallkopf vier Opfer zu verbuchen und der alltägliche Wahnsinn geht dabei, komplett, unter. Die kleinen, jeden Tag passierenden, Morde interessieren keine Sau mehr. Die Angst vor dem Phantom des unbekannten Serienmörders ist größer. Eine neue Art Wettrüsten, auf kleinem Niveau, setzt ein. Die Waffenhändler reiben sich die Hände.  Das daraus folgende Szenario kann nur katastrophal enden. Mittendrin Malcolm, der den heißen Draht hat und alles andere vernachlässigt. Ein Zentrum gefunden hat, mit sich als Spezialreporter für einen Verbrecher, der ihn, wie einen Tanzbären, an der Nase herumführt. Was ihn nicht wirklich tangiert, solange er im Rampenlicht steht, was für ihn wichtiger ist, als sein Privatleben. Herr Katzenbach zeigt sehr deutlich, wie man bei solchen Vorgängen genauso abhängig werden kann, als wenn man Drogen nehmen würde. Malcolm sieht sich, plötzlich, als ein einsamer Rächer, der weit mehr drauf hat, als nur Zahnbelag. Er, nur er, kann den „Nummernmörder“ stoppen. Die Herren von der Polizei haben ihren Kopf ja nur noch für den Haarschnitt und ihren Hals für die Präsentation ihrer Krawatten. Eine verhängnisvolle Selbstdarstellung, die von seinen Vorgesetzten sogar noch geteilt wird, die Schlagzeilen verkaufen wollen, wie Fast-Food-Ketten ihre Burger, die genauso pappig schmecken, wie der Verlust von wertvollen Leben, das keiner mehr zurückbringen kann. Es sei denn, man heißt Jesus Christus und kann übers Wasser gehen. Aber auch hier ist Herr Anderson im Hintertreffen. John Katzenbach offenbart die Überheblichkeit und Selbstüberschätzung einer Journalistenkarriere, die jetzt der Meinung ist, man kann ja alles. Und einen überaus gut organisierten Mörder, der allen an der Nase dreht. Ein Frühwerk des virtuosen Meisters des Psychothrillers, war 1983! Aber! John Katzenbach ist immer eine Neuauflage wert.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-51884-7  427 Seiten  9,99€ (D)  10,30€ (A)

JOHN KATZENBACH – Die Grausamen – Archiv April 2017