BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

VERENA GÜNTNER –

Power

Wenn Ihr in ein kleines Dorf kommt, dann schaut Euch gründlich um, vielleicht habt Ihr Kerze´s Heimat gefunden. Kerze ist ein Mädchen, gerade noch so ein Kind, aber mit einem Charakter einer Wölfin, die gerade geworfen hat und nichts und niemand kann sie aufhalten, wenn sie etwas durchsetzen will. Was in einem kleinen Dorf, in dem verschiedene Figuren ihren Lebensweg gehen wollen, nicht ganz einfach sein wird, weil je nach Interessenlage das Nachfrage- und Angebotsverhältnis doch variieren kann. Wenn, beispielsweise ein junger Teen ständig den Arm hochreißt, Heil schreit und sich mit dem Gedanken herumschlägt das Dritte Reich wieder aufbauen zu wollen, obwohl er noch nicht einmal weiß, wie Nationalsozialist geschrieben wird, geschweige denn, wer der Führer oder wie menschenverachtend die Politik in dieser Ära war, dann kann das recht nervend sein, vor allem, weil der kleine Kasper jeden und alles anquatscht, wenn auch ohne augenscheinlichen Erfolg, aber somit jedem anderen qualitativ hochwertigem Freizeitangebot im Wege steht. Das tangiert Kerze aber noch nicht, bis Frau Nachbarin auf sie zutritt und ihr anvertraut, das ihr Hund „Power“ die Biege gemacht hat, sprich als vermisst meldet. Und Kerze hat schon einen Plan. Der Hund muss wieder nach Hause gebracht werden. Noch agiert Kerze allein, aber der Gedanke des Samariters macht sich breit, im Dorf und so will jetzt jedes Kind mitspielen. Aber die Suche nach Power ist kein Spiel und Kerze macht das unmissverständlich klar, sondern es ist eine Aufgabe, die gelöst werden muss und Kerze´s Methoden sind recht unkonventionell, für einen normal funktionierenden Verstand können sie auch weit hinter dem Verständnishorizont liegen. Den Kindern des Dorfes scheint das jedoch recht zu sein. Verena Güntner legt eine erstaunliche Fantasie an den Tag, wie man eine Hundesuche organisieren wird, auch wenn man dem, wie schon gesagt, den Gedankengängen Kerze´s manchmal nicht wirklich folgen kann. Den Kindern des Dorfes ist das jedoch vollkommen egal, sie haben ja auch noch ein anderes Weltbild als Erwachsene. Selbst der selbsternannte NS-Dorfgauleiter wirft seine hochtrabenden Welteroberungspläne in die Tonne und will nun Teil des Hundesuchteams werden, was Kerze im ersten Moment zwar noch nicht recht ist, aber wenn man den braunen Gedanken somit auslöschen kann, dann sollte man durchaus mal eine Ausnahme machen. Erst kommt etwas Detektivarbeit, danach geht es ans Eingemachte. Vom Planspiel am Schreibtisch wird die Hundesuche zu einer Feldstudie mitten in der Botanik, wobei die Kinder jetzt ihr Domizil und taktischen Stützpunkt in freier Wildbahn aufschlagen, wobei man die Eigenarten eines Hundes nachahmen möchte und das heißt für alle Elternteile, dass ihre Kinder jetzt nicht mehr nach Hause kommen, was dann Alarmstufe Rot auslöst. Im Dorf wird der Generalstab einberufen, um die Kinder wieder an den heimischen Herd zu führen. Bei Kerze´s Hartnäckigkeit ihr Versprechen, Power zu finden und wieder in die Obhut der Nachbarin zu bringen, wird das aber ein ziemlich kniffliges Unterfangen, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Erst wenn Kerze ihr Ziel erreicht hat gibt es wieder Frieden. Auch wenn die Kinder bis zu diesem Zeitpunkt stinken werden, das einem bei dem Geruch schon aus meterweitem Abstand schlecht werden wird. Nur gut, das man in der Literatur noch keinen Geruchssinn braucht.
(Penguin)

ISBN 978-3-328 –10738– 5 250 Seiten 12,00 € (D) 12,40 € (A)