BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

THERESE ANNE FOWLER –

Gute Nachbarn

Ob man sich dann eine solche Nachbarschaft wirklich wünschen sollte, könnte man, nach dieser Lektüre, doch kritischer betrachten und den Ausspruch von Salvatore Dali, er erinnere sich am liebsten an die Zukunft, in die Tonne treten wollen. Dabei beginnt alles so harmlos. Valerie bekommt neue Nachbarn. Ein Ehepaar zieht mit ihren zwei Töchtern ins Nebenhaus, das erst neu aus dem Boden gestampft wurde. Wobei so einige Vorschriften recht wohlwollend in den Schränken gelassen und übersehen wurden. Noch ist alles ruhig und Valeries Sohn Xavier verknallt sich in die neue Nachbarstochter Juniper. Also noch ganz normales Leben, das Therese Anne Fowler beschreibt. Nur hat das alles ein Problem. Auch in North Carolina ist der Rassismus noch nicht überwunden, wenn auch schon etwas hinter dem Horizont. Dementsprechend hat Xavier, obwohl er einen weißen Vater hat, doch zu kämpfen, denn seine Mutter ist schwarz. Und seine neuen Nachbarn gehören zum neuen Geldadel, wobei Juniper etwas aus der Legende schlägt, sie findet den Nachbarsjungen auch sympathisch, die Hautfarbe ist ihr scheißegal. Er kann Gitarre spielen und küssen kann er auch. Eine Idylle, wie sie im Buche steht. In Valeries Garten steht eine Eiche. Und diese hat, durch den nachbarlichen Neubau, der auf die Umwelt keine Rücksicht hatte, Schaden genommen. Sie möchte klagen, was natürlich den Nachbarn, einen angesehenen, weißen Unternehmer aus der Region, nicht gerade Freudensprünge machen lässt. Allerdings hat der noch ein anderes Problem. Seine Frau ist gerade sexuell etwas inaktiv und seine Stieftochter Juniper sieht appetitlich aus und er bildet sich ein, sie stehe auf ihn, weiß das nur nicht auszudrücken. Und so wird aus dem Stiefvater Brad Whitman plötzlich ein pubertierender Neu-Teenager, der seiner Stieftochter jetzt hinterher lechzt und förmlich eine Sabber-Spur hinter sich herzieht, die allerdings keiner sehen kann und Juni schon gar nicht, weil sie ja nur noch Augen für den Nachbarsjungen hat. Auch wenn das noch recht versteckt passiert. Hier schlägt die Klage ein, wie eine Bombe. Für das heimliche Liebespaar ändert sich erst mal nichts, außer das sie immer etwas mehr wollen, wer kennt das nicht. Herr Whitman stellt sich gegen seine Nachbarin auf die Beine und versucht jetzt die Klage abzuwenden, nebenbei versucht er sich bei seiner Stieftochter ein zu schleimen, mit Autokauf und Kreditkarte. Therese Anne Fowler betrachtet das alles durch die Augen der Nachbarschaft und gibt tiefe Einblicke in das Leben einer amerikanischen Kleinstadt, das sich jedoch auch anderswo auf der Welt so abspielen könnte. Eine Spiegelung eines Milieus. Doch es kommt noch richtig dick. Das junge Glück übt sich im Erkunden des anderen Partners und geht dabei Schritt für Schritt weiter und obwohl Juniper ein Keuschheitsgelübde abgelegt hat, wird die Sehnsucht nach körperlicher Liebe immer stärker und so werden Auswege gesucht, da sich die anderen aus dem Umfeld jetzt nicht grün sind und das alles wegen einem Baum. Für Valerie ist die Eiche ein Familienmitglied, für Brad Whitman ist das einfach nur ein Baum, den man auch zu Möbeln verarbeiten könnte. Und mittendrin, so zu sagen unter allen Augen, das Liebespaar, das sich verstecken muss. Aber man will trotzdem das erste Mal und das möglichst romantisch. Das dabei so einiges schief gehen kann, liegt auf der Hand, weil dann kommt ein Unglück nicht allein, sondern macht mit anderen Unglücken einen Familienausflug. Therese Anne Fowler hat dabei eine recht farbenfrohe Darstellungsweise und stellt sich hinter die These, das alle Menschen gleich sind, obwohl der Alltag häufig anders aussieht und man auch heute noch auf andersartige Menschen, die nicht in eine Norm einer Gesellschaft zu passen scheinen, gerne einschlagen möchte.
(Droemer)

ISBN 978-3-426-28251-9 349 Seiten 20,00€ (D) 20,60€ (A)