BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

FABIO PARETTA –

Die Kraft des Bösen

Ein Schriftsteller muss ja immer eine Grätsche machen können, zwischen seiner Romanfigur und dem Leser, und dessen Interessen. Meistens verliert die Romanfigur. So auch Parettas Commissario Franco de Santis. Sein Privatleben liegt am Boden und er weiß es noch nicht einmal. Dass seine Frau sich inzwischen scheiden lassen möchte, diese Information bekommt er nicht aus erster Hand, wie es normaler Weise zu sein hat. Fabio Paretta wählt den, für ihn bequemen, Weg, dass das jemand anders macht und zwar de Santis Tochter. Irgendwann war ja mal das Thema mit den Boten schlechter Nachrichten, kann man ja bei Hiob nachlesen, und bevor Paretta sich köpfen lässt, schickt er lieber andere vor. Aber damit nicht genug. De Santis Vorgesetzter kann ihn nicht leiden, ist ein eitler Pfau, dem Narrative und Politik wichtiger sind, als die Werte, nach denen wir und auch Franco die Arbeit der Polizei beurteilen wollen und werden. Sein Stellvertreter, ein Mensch aus dem Norden Italiens, der jetzt in Neapel mitarbeiten soll, ist mit den Gepflogenheiten der Süditaliener nicht wirklich vertraut und damit auch nicht wirklich integrationsfähig, in einem Team einer Mordkommission, dass jetzt einen angeblichen Selbstmord als Fall serviert bekommt, bei dem de Santis sofort Bauchschmerzen bekommt. Der Tatort sieht voll gefakt aus. Selbsttötung des Gemeindepfarrers? Für de Santis ein Unding aller Möglichkeiten. Musikalisch fallen einem da sofort die Thüringer von der Band „Eisregen“ ein, die mit dem Titel „Am Glockenseil“ eine ähnliche Situation ja schon vor Jahren im Visier hatten. Ob die den Schriftsteller inspiriert haben? Er lebt ja schon seit Jahren in Italien, obwohl, da gibt es auch You-Tube. Und so unbekannt sind die Thüringer Schock-Metaller ja auch nicht. Im Gegenteil. Wenn sie in Berlin aufgetreten sind, hatten sie immer ein gut gelauntes Publikum, können wir, ohne Nachzudenken, voll mit Ja beantworten. Wir waren meist dabei. De Santis Stellvertreter möchte aber auch noch an den Stuhlbeinen seines Chefs herum sägen, selbst Leiter der Mordkommission in Neapel werden. Dass ihn niemand akzeptieren würde, spielt für Mario Marin keine wirkliche Geige, er hat nur seine Karriere im Blickwinkel. Denkbar schlechte Karten also für de Santis und das ist erst der Anfang. Eine Startposition, für F I-Fans als Polposition bekannt, aus der ersten Reihe sieht wohl anders aus. Seine anderen Mitarbeiter sind zwar loyal, ihm gegenüber, aber ihre Aktivitäten, außerhalb ihrer Dienstzeit, werden seine Auffassung von Recht und Gesetz gehörig auf die Probe stellen. Nun ja, seine Grenzen von Legalität sind ja auch recht dehnbar, aber dafür ist er ein guter Polizist, der zwar von seinem Schriftsteller ordentlich beschissen wurde, jedoch Mittel heiligen wird, die ihn auf die Spur von Verbrechern bringen werden. Der Leser wird ihn lieben. Und Verbrecher haben ja auch eine andere Auffassung von Gesetzen und menschlichem Zusammenleben. Was noch viel schlimmer ist, ist die Integration des Verbrechens in den Staat. Wie man das jetzt bei der Coronageschichte sieht, kann ja ein über privilegierter Mensch plötzlich Diagnosen stellen, die das Leben der allgemeinen Öffentlichkeit in Grenzen setzt, die verfassungswidrig sind, aber keiner protestiert. Oder besser, diejenigen die protestieren, werden verunglimpft und mundtot gemacht. Herr Drosten ist zwar nicht wirklich kompetent, hat aber gute Verbindungen zu Geld und Politik. Sein bestes Zitat „Rauchen schadet nicht“ ist doch ein ganz gutes Beispiel dafür, dass dieser Typ einfach nur unglaubwürdig ist. Die Tabakindustrie könnte hier jubeln, aber das macht sie nicht. Sie wissen, das ihr Produkt, in Massen konsumiert, gesundheitsschädlich ist. Belassen wir es dabei. Soweit sind Fabio Paretta und Franco de Santis zwar noch nicht, aber das dürfte nur eine Frage der Zeit sein. Irgendwann wird sich jeder mit Corona auseinandersetzen müssen und hier ist nicht das mexikanische Bier gemeint, das umweltfreundlich?, laut den „Grünen“ zumindest, in Glasflaschen über den Atlantik geshippt wird, obwohl das in Deutschland keiner trinken möchte. Und in Neapel ist das noch viel gegenständlicher. Die Camorra ist Alltag und die katholische Kirche auch. Wie passt das zusammen? Gar nicht. Mal abgesehen davon, dass sie sich nicht ab können. Und mittendrin steht Franco de Santis, der Fragen stellt und so einigen Leuten auf die Füße treten wird. Immerhin hat Paretta hier ein Einsehen und so kann De Santis, na ja mit einigen Einschränkungen, ermitteln. Und, vielleicht, in Deutschland, siehe Peter Brandt aus Offenburg, hat das ja auch funktioniert, könnte man sich in seine Staatsanwältin verlieben und so einen neuen Lebenssinn bekommen.
(Penguin)

ISBN 978-3-328 –10050 – 8 412 Seiten 10,00€ (D) 10,30 (A)