BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

STEFAN MAIWALD –

Wenn die Gondeln untergehen

 

So locker wie der Buchtitel klingt, geht es in den Seiten weiter und dabei ist Stefan Maiwald dort recht unterhaltsam und informativ, beispielsweise muss man Opfer von Enthauptungen nicht wirklich bedauern, weil deren Sorgen, wie den Friseurbesuch oder den Gang zum Zahnarzt jetzt vermeiden kann und auch Ohrenentzündungen machen sich rar. Wenn man das von dieser Seite betrachtet, kann es einen doch richtig aufmuntern und Max-Heinrich braucht auch ein entsprechendes Ende nicht zu fürchten, da er ja in einem aufgeklärten Zeitalter lebt, wo solche Methoden, sich unerwünschter Elemente zu entledigen, schon als überholt gelten. Obwohl, dort wo er jetzt hinfahren soll, hat man das früher auch in den Kanälen gemacht, da sich diese Örtlichkeiten gerade zu anbieten. Max-Heinrich Hempel ist ein Kriminalkommissar aus München und sein Sprachwortschatz besteht häufiger aus der Buchstabenkombination von Ä und H. Dafür bekommt er auch ein eigenes Kapitel. Seine Vorgesetzten und Kollegen halten ihn für etwas unterentwickelt und dementsprechend gern auf Distanz, sprich im Archiv, wo man der Meinung ist, das er keinen Schaden anrichten kann. Aber dort beginnt sein kometenhafter Aufstieg. Er stolpert über Ungereimtheiten in den Akten über einen weltweiten Fall von Kunstfälschungen und -handel, wurde von den italienischen „Waffenbrüdern“ im Kampf gegen die Kriminalität vor Ort eingeladen, um Amtshilfe zu leisten. Max-Heinrich wird eine kleine Berühmtheit und sein Vorgesetzter, der jetzt die Möglichkeit sieht, sich mit den Federn seines Unterstellten zu schmücken, verkürzt die Entfernung und gibt sich als onkelhafter Kumpel, vor allem auch mit dem Hintergrund, dass die Carabinieri mal wieder Amtshilfe haben wollen und vehement auf die Mitarbeit von Max-Heinrich Hempel pochen, wo sich der gönnerhafte Vorgesetzte ausrechnet, sich ein noch neueres Federkleid aus Fremdarbeit zusammensetzen zu können. Stefan Maiwald ist recht locker in seinen Seiten unterwegs, außerdem kennt er Venedig recht gut, so das er seinen Protagonisten auch durch das Gewirr der Kanäle lotsen kann, ohne das der gute Mann darin entsorgt wird, auch wenn er sich hierbei auf die Hilfe von Carabinieri-Majorin Barbara Goldoni verlässt. Venedig ist derzeit ein Hort der Bosheiten. Prominente, oder solche die sich dafür halten, werden Ziele von Anschlägen. Im italienischen Amtssprachgebrauch erst mal als nicht zusammenhängende Vorkommnisse bezeichnet. Im Laufe der Zeit häufen diese sich und Max-Heinrich soll jetzt den Nachfahren der Ära der Serenissima mal wieder unter die Arme greifen. Bewaffnet mit seinem Vater, genannt der Senior, einem Notar im Ruhestand, schlägt Max auch folgerichtig in der Dogen-Stadt auf. Wenn Ihr das Buch in der Öffentlichkeit lesen wollt, dann achtet darauf, das Ihr Euch die geballten Seiten vor die Brust, auf Euren Kopf oder auf die Knie schlagt und nicht vor den Mund, wegen der Gefahr, das die Alltagsmaske verrutschen und damit so einige zum Blockwart berufene Gestalten auf den Plan stellen könnte. Ist wirklich passiert! Die Maske verrutschte und, in der Zeit, die man dann braucht, um sich wieder zu beruhigen und die Maske neu zu installieren, haben sich zwei Leute im Bus aufgeregt, das man den Maulkorb nicht vorschriftsmäßig trägt, obwohl sie gerade Zeuge eines Heiterkeitsausbruch sondergleichen wurden, zu deren Opfer auch der Sitz der Maske wurde. Es gibt auch heute noch humorlose Mitmenschen, denen das Wort Heiterkeit eine Vokabel aus einem fernöstlichen Wörterbuch zu sein scheint und jede Gelegenheit nutzen wollen, ihre Verbiesterung an den Mann oder die Frau bringen wollen. Freude teilen, eine Wortzusammenstellung aus einer fremden Dimension. Aber lasst Euch nicht verunsichern. Max-Heinrich, im Schlepptau seinen Senior, Major Goldoni und Stefan Maiwald, wenn auch noch nicht im Corona-Zeitalter angekommen, haben noch so manche Überraschung parat. Venedig, derzeit wohl der Inbegriff eines der Höllenkreise von Danté, kann mehr, als nur ein Touristenmagnet zu sein. Und so wird auch etwas C-Prominenz herumgeschubst und eine Armbrust kommt obendrein zum Einsatz, was Max-Heinrich zwar auf Trab hält, aber irgendwie hat er immer ein Auge auf Barbara. Amtshilfe für eine hübsche Carabinieri kann dann doch auch Vorteile haben und Venedig bietet ja bekanntlich eine romantische Kulisse für so manches Stelldichein, wenn nicht gerade wieder irgendwelchen zweifelhaften Gestalten, die von der Promipresse hochgepuscht werden, obwohl das nur wenige wirklich interessiert, aber anscheinend reicht das für die Umsatzzahlen, übel mitgespielt wird und riesige Kreuzfahrtschiffe Kurs in die Innenstadt nehmen. Lachgeschichten mit Stefan Maiwald, die trotz ernstem Hintergrund, den man dabei nicht unter den Hausrat kehren sollte, für eine fröhliche Unterhaltung sorgen werden. Obwohl wir selbst jedes Mal warnen, dass man bei solchen Büchern aufpassen sollte, vergessen wir das trotzdem immer wieder selbst und die Corona-Öffentlichkeit zeigt dann mit dem Finger auf uns. Ist zwar die Minderheit, aber so Ähnlichkeiten mit längst vergangenen Zeiten werden doch manchmal wach.
(dtv)

ISBN 978-3-423-26259-0 237 Seiten 14,90€ (D) 15,40€ (A)