BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

ERIK DURSCHMIED –

Als die Römer im Regen standen

Als die Römer im Regen standen, schrieben wir das Jahr 8. Im Teutoburger Wald wurde die Schlacht geschlagen, die das Ende der römischen Herrschaft in der Sphäre nördlich der Alpen einläutete und eigentlich auch den Anfang des Niedergangs des Imperiums bedeutete, das Jahrhunderte lang das komplette Mittelmeer beherrschte. Armin Hermann, Fürst des germanischen Stammesbundes und Familienverbandes der Cherusker hat zum Widerstand aufgerufen. Trotz allen Heldenmutes der Germanen, die in Clanverbänden kämpften, ohne erkennbare militärische Disziplin, und auch der Opferbereitschaft der Völker an sich, die Menschen hatten der organisierten Militärmaschinerie aus Rom nicht wirklich viel entgegenzusetzen. Die Zeichen standen schlecht und eigentlich war die Revolte von Arminius schon, von Anfang an, zum Tode verurteilt. Anfängliche Niederlagen der Germanen, teilweise selbst dadurch verschuldet, dass man den Legionen, aus falsch verstandenem Ehrverständnis, in offenen Feldschlachten gegeübertrat, obwohl man das doch besser wusste, waren nicht dazu angetan das Vertrauen in den Mann zu stärken, der jahrelang die Schwächen und Stärken des römischen Militärmolochs studiert hatte und auch heute noch als ein Mitbegründer des modernen Partisanentums gilt. Wie Erik Durschmied doch anschaulich schildert, standen die Germanen so richtig mit dem Rücken zum Abgrund. Das die Schlacht im Teutoburger Wald denoch zu einem Wendepunkt wurde, ist vielen Bedingungen geschuldet. Arminius war ein genialer Feldherr und Denker, ganz bestimmt. Das er sich dann noch durchsetzen konnte, gegen alle Stammesfehden, wird so einiges bewirkt haben. Varus war eine Fehlbesetzung, ohne Frage. Augustus Worte „Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder!“ sind auch heute nicht vergessen. Der römische Kaiser sieht seine Felle wegschwimmen und das mit Recht und auch im wahrsten Sinne des Wortes. Zum Glück des Tüchtigen gesellt sich jetzt die Kraft des Wetters, die den Germanen den Sieg bringen wird. Dazu muss man natürlich auch wissen, wie das Wetter wird und wie man seine Auswirkungen nutzen kann. Als die Römer im Regen standen, waren viele Dinge anders als heute. Erik Durschmied nimmt das unter die Lupe. Dabei untersucht er viele Ereignisse der Geschichte und der Leser kann ihn jetzt begleiten. Auf einer Reise die vieles erstaunliches zutage bringt. Da sollte man die Augen auch mal aufmachen. Beeindruckend sind viele seiner Beispiele, wie das Wetter das Geschichtsgeschen beeinflußt hat. Vor allem auch, weil häufig eine Wende eintrat, die man nicht vorhergesehen hätte. So, beispielsweise, eine Seeschlacht, die von der Kavallerie auf dem Rücken von Pferden entschieden wurde. Wie bitte? Seeschlacht heißt doch Schiffe, offenes Wasser, Enterhaken, Geschütze und oder ähnliches. Erik Durschmied hat ein ganz gutes Beispiel dafür, das die Schiffe mehr oder weniger handlungunfähig waren und die Kavallerie das Geschehen entscheiden konnte. Sein Buch ist ein Geschichtsbuch anderer Art und er lädt, ganz offen, dazu ein ihm zu folgen und, Leute, macht das. Es lohnt sich hier mal nachzublättern. Wetterkatastrophen werden schon seit Anbeginn der Menschheit registriert. Die Bibel macht das recht ausführlich. Allerdings hatte sie noch nicht den Druck einer Medienlandschaft, wie wir sie heute haben. Die erste Überlieferung einer Naturkatasrophe haben wir jedoch aus dem sumerischen Zweistromland. Aus dieser entstand die Sage von Gilgamesh, dem ersten Heldenepos, das wir heute noch nachlesen können, wenn auch nur in Fragmenten. Die Bibel oder die Thora sind hier doch etwas ausführlicher, wenn auch Jahrhunderte später. Und im Fernen Osten sind Aufzeichnungen, jüngerer Art als der Sumerer selbstverständlich, immer noch in aller Munde, was das kaiserliche Japan, im II. Weltkrieg, dazu veranlasste, so einige Sachen misszuverstehen. Kamikaze heißt göttlicher Wind und ist der Natur zu verdanken und nicht einigen Fliegern, die ihr Flugzeug in direkt in das Flakfeuer steuern sollen. Erik Durschmied, Journalist bei BBC, zeigt so einige Beispiele, wie das Wetter unser Leben beeinflußt hat und auch welche Auswirkungen dann plötzlich zum Tragen kamen. Napoleon, der den russischen Winter unterschätzte. Trotz allen Wetterbedingungen war dieser Mann bis zum letzten Ende gefährlich und kein Wetter hat ihn davon abgehalten, doch noch mal anzugreifen. Die Deutsche Wehrmacht, die sich trotz aller Widrigkeiten von Sieg zu Sieg kämpfte, selbst nach Stalingrad noch versuchte dem Wetter zu trotzen, obwohl mehr Soldaten dem Klima zu Opfer fielen, als durch Feindberührung. Stalingrad war ein großer moralischer Sieg für die Sowjetarmee, der Todesstoss jedoch fiel bei Kursk, als Tschukow, Wassilewsky und Koniev ihre Truppen richtig konzentrieren, und auch mit Hilfe des Wetters, unter anderem, ihre Stärken ausspielen konnten. Erik Durschmied geht an viele Schauplätze, unter anderem auch weit nach dem II.Weltkrieg. Nur schneidet er dann das Thema an, wie will der Mensch das Wetter verändern. Als Definierung für die Hilfe gegen Hunger und Not wurde eine Forschung betrieben, die man gewissen Naturkatastrophen Herr werden könnte. Stabile Wetterlagen sollten garantieren, das man die Ernte einfahren kann. Wie selbstverständlich haben sich die Militärs der Welt diese Erkenntnisse zu nutze gemacht. Und unbeschreibliche Terrorakte begangen, über die heute keiner mehr spricht. Operation Orange, initiert von unserem großen Freund jenseits des Atlantiks in Vietnam, oder Pusan in Korea, oder oder oder. Viele Leute haben versucht, mit halbherzigen Wissen an unserem Klima herumzupfuschen, um sich einen militärischen Vorteil zu sichern. Erik Durschmied hat da so einige Beispiele auf Lager. Es ist zwar schon ein paar Jahre her, als er dieses Buch geschrieben hat, aber das dürfte wohl heute noch brandaktuell sein. Und Hochinterssant allemale.
(Bastei-Lübbe)

ISBN 978-3-404-60504-7 334 Seiten €7,90 (D)