BUCHCOVER | REZENSION |
---|---|
MARCUS SCHWARZ –Wenn Insekten über Leichen gehenDas große Krabbeln hat begonnen und Marcus war schon immer begeistert davon. In Deutschland kann man ihn auch als den neuen Herrn der Fliegen ansehen, wobei das eher irreführend ist, die Fliegen sind wohl eher seine Herrscher. Insekten allgemein. Obwohl wir Menschen mittlerweile sieben Milliarden Individuen auf diesem Planeten stellen, mit sehr stark varierendem Körpergewicht, dürfte doch das Bruttolebendgewicht aller Insekten auf diesem Planeten das unsere spielend übertreffen, von der Anzahl der Individuen ganz zu schweigen. Wo wir hinsehen, wird es immer Insekten geben. Da die Natur sich, mehr oder weniger neutral verhält, was Machtverteilung angeht, sollte man auch diese kleinen Krabbler und Summer mal unter einem anderen Aspekt betrachten, als das manche nur lästig sind. Zumindest für uns, die wir uns als die Krönung der Schöpfung betrachten, aber den gegebenen Situationen geschuldet, wohl eher der Gipfel sind. Wenn jemand in der freien Natur überflüssig ist, dann kann das nur der Mensch sein. Der Kreislauf der Natur sieht andere Sachen vor, als an die Börse zu gehen und spekulativ Geld zu verdienen. Nun ja, der Homo sapiens sapiens ist da und das wird die Insekten nicht wirklich stören. Auch wenn einige von ihnen kollaterale Opfer werden, im gesamten Ökoprozess gesehen, dürften die Insekten wohl mehr Sinn machen, als der Mensch. Was sich die Natur dabei gedacht hat? Das fragen sich viele. René Descartés hat das so geäußert, ich denke, also bin ich. Ob Insekten Anhänger von Philosopien sind, kann man bezweifeln. Oder auch ausschließen. Wo immer sich Möglichkeiten ergeben, sich ein Gebiet zu erobern, da dürften die Gliedertiere immer die Nase vorn haben, da sie nicht aus materiellen Gründen handeln, sondern nur ihrem Drang nach Arterhaltung nachgehen. Deswegen sind sie für Entomologen, wie Marcus Schwarz ja auch gut berechenbar. Man muss keine Kontoauszüge oder Fingerabdrücke prüfen, braucht kein LKA oder BKA, um die Aktivitäten von Insekten unter die Lupe zu nehmen. Sie haben kein Schwarzgeld oder illegale Drogengeschäfte zu laufen. Sie machen nur ihr Ding. Man braucht nur einen KDD, der einem neue Fliegenschwärme präsentiert. Und wenn das der Fall ist, kann Marcus wieder in den Anzug steigen. So einige Fälle hat er schon erlebt. Das kann auch mal unappetittlich werden. Wird Herrn Schwarz aber weniger stören, als andere, er ist mit Herz und Seele Entomologe. Dabei ist seine Welt richtig interessant. Nach dieser Lektüre wird man seine eigene Umwelt doch intensiver beobachten und einige Veränderungen beschliessen, beispielsweise Obst sorgsamer lagern und, überhaupt, Lebensmittel nicht mehr offen rumliegen lassen, den Müll öfter mal entsorgen und alte Socken gleich mit. Ob man die hochspezialisierte Insektenwelt damit überlisten kann, wird fraglich bleiben, wie Marcus Schwarz zu berichten weiß. Man kann also viel von ihm lernen. Unter anderem wie lange eine Leiche herumlag, ob am See, im Park oder einer Wohnung. Sollte Euch ein stechender Geruch in die Nase steigen, macht nicht immer gleich die Biotonne dafür verantwortlich, sondern geht im Geiste mal Eure Nachbarn durch. Welchen davon vermisst Ihr. Oder schaut Euch aufmerksamer um, vielleicht liegt ja eine Leiche im Keller. Daniel Holbe hat im „Totengericht“, auch auf dieser Seite und Ausgabe, ja so einige, sehr zum Leidwesen seiner Romanfigur Rolf Angersbach. Marcus Schwarz hat ein sehr interessantes und informatives Buch vorgelegt und zeigt eine andere, bisher sehr gerne übersehene Welt, in der seine Liebinge wahre Überlebenskünstler sind. ISBN 978-3-426-30214-9 286 Seiten (inkl. Mitfang) 16,99€ (D) 17,50€ (A) |