BUCHCOVERREZENSION
Wolfkp Ostfriesennacht

KLAUS-PETER WOLF –

Ostfriesennacht

Wenn Pfützen noch nicht zugefroren sind, dann sollte wohl noch Sommer sein.
Hauptkommissar Rupert, Kripo Aurich. Jetzt auch Hobbymeteorologe? Dass seine Theorien des Öfteren hinken können, beweist er ja immer wieder. Und Klaus-Peter hat, immer wieder und sehr oft, seine spitzbübische Freude daran, dem Leser diese Figur unterzujubeln, die so unzulänglich ist. Der, eigentlich einen extremen Negativfaktor hat, aber trotzdem voll erheiternd rüberkommt. Nennt man, wahrscheinlich, einen Nimbus. Der Schriftsteller stellt, taktisch klug, keine Frage bei Herrn Wolf, wieder Mausefallen auf und Rupert hat dann immer geklemmte Finger. Mit der, oben erwähnten, Wettervorhersage dürfte sich der Polizist wohl wieder aus dem Kreise der Wetterfeen verabschieden dürfen. Dafür hat er sich, auch ohne meteorologische Spitzfindigkeiten, aber einen Platz im Herz des Lesers gesichert. Und, eigentlich, der Typ ist nicht mal dumm. Rupert. Hat der auch einen Vornamen? Ann-Kathrin wird ihn wohl vergessen haben. Frau Klassen hat jetzt auch andere Sorgen. Herr Wolf versorgt sie mit Problemen, da bleibt kein Auge trocken. Den Leser wird das freuen, Ann-Kathrin schlaflose Nächte bescheren und Rupert geht das immer und irgendwie, sowieso am Arsch vorbei. Selbst wenn er sich dabei öffentlich lächerlich macht. Um seine Haut wird ihn jedes Panzernashorn beneiden, vor allem auch deswegen, weil Rupert nicht auf der Liste steht, die alle aussterbende Arten dieses Planeten mit fetten roten Kreuzen markiert, als ob das was nutzen würde. Was beide Spezies doch grundlegend unterscheidet, Ruperts werden wohl nie aussterben. Man muss sie nur finden. Und so kann Rupert so manche Theorie an den Tag und die Menschheit legen. Oft daneben liegend, sollte man jedoch davon ausgehen, dass sie manchmal auch nicht von der Hand zu weisen sind. Ist zwar eher selten, aber doch, auch ein Rupert findet mal ein Korn. Klaus-Peter schreibt fröhlich seine Romane und die sind ja immer ein Volltreffer. Für seine Leser in jeden Fall. Die, vermutlich irre vor hin grinsend und gluckernd, sich ganz gemütlich durch Wolfs Seiten buddeln. Sie können ja auch auf dem Balkon sitzen, mit dem Buch vor der Nase, der Katze auf dem Schoss, das Dosenbier, gut temperiert und immer in handlicher Reichweite. Ostfriesland könnte, wird beispielweise, von der Berliner Sicht her ist das ja auch so, ganz weit weg sein. In der Handlung müssen sich die Leute, von Klaus-Peter ins Rennen geschickt, selbst helfen. Als Schriftsteller ist er hier nicht wirklich eine große Unterstützung für sein Team, da er den Bogen, nur für die Leserspannung natürlich, gerne etwas weiter über den Zug-Arm zieht. Man könnte auch sagen, für seine Krimis und Fans macht er den Robin Hood. Mit seiner trocken-humorvollen Art hat er auch wieder voll ins Schwarze getroffen. Ein Serienmörder hat Ostfriesland als sein Tummelgebiet entdeckt, direkt vor Ann-Kathrins Nase. Er bricht bei Frauen in Ferienhäuser ein, den Rest kann man sich ja dann denken. Nur schneidet er noch ein Stück Haut aus der Leiche. Wozu? Fragen sich jetzt alle. Die Antwort ist, da war mal ein Tattoo. Allerdings hat er das früher auch schon gemacht, nur anderswo und schon steht das BKA auf der Matte, weil hier man vermutet, Lorbeer abernten zu können, wo eigentlich keiner wächst. Vermutlich hat der Bundesinnenminister Geld für Kettensägen berappt, damit sich das BKA neue Schneisen und Trampelpfade durch ihre Holzwege schneiden kann. Mit Polizeiarbeit hat das nicht viel zu tun. Das Friedrich Dürrenmatt sein, ein bisschen, Fett weg bekommt, dafür hat Klaus-Peter Wolf natürlich …Rupert. Der steht dabei wieder völlig neben dem Teppich. Während Ann-Kathrin jetzt versucht die Einzelheiten in eine polizeiliche Terminologie zu bekommen, versucht Weller es mit dem Bauchgefühl, wie er es eigentlich von seiner Frau her kennt, nur hat er nicht ihre Disziplin. Und auch nicht die Zeit dafür, sich jetzt in Geduld zu üben. Er vermutet eine seiner Töchter in den Fängen des Tattoo-Sammlers und sie zeigt ihm auch noch den Stinkefinger. Was den Vater eines Kindes jetzt komplett auf den Kriegspfad treibt. Demokratisch vorzugehen, sich an das Handbuch zu halten, würde heißen, dass seine Tochter stirbt, so Frank Wellers Meinung. Er steht auch nicht allein da. Was wir an Rupert lieben so lieben, sind ja nicht nur seine, sowohl non-, als auch verbalen Entgleisungen, sondern eben auch seine Loyalität und seine Bereitschaft, sich in andere Grenzen zu verbiegen und dabei so ahnungslos zu tun, als wäre der, eigens in ostfriesischen Landen erfundene, Marzipanseehund jetzt das Non + Ultra, seit der Erfindung vom Duracell-Hasen und Konrad Zuses Personalcomputers. Wobei sich Ruperts Kenntnisse, mehr oder weniger, auf den Vogellockruf beschränken. Komm Puter. Die Pfanne wartet schon. Du bist als Vogel zur Welt gekommen, dann hauen wir Dich schon als das Ei hinein. Weiter denken? Da muss Klaus-Peter doch noch viel nacharbeiten. Bei Rupert. Ob das auch so passieren wird?
(Fischer)

ISBN 978-3-596 -29921- 8 466 Seiten 10,99€ (D) 11,30€ (A)

KLAUS-PETER WOLF – Ostfriesenwut – Archiv Juni 2018