BUCHCOVERREZENSION
Riggsr DerAtlasDerBesonderenKinder

RANSOM RIGGS –

Der Atlas der besonderen Kinder

Nachdem man beim Knaur-Verlag, aber nicht wirklich erst im Jahre 2016, sondern auch schon weit vorher, Menschen entdeckt hat, die so ganz anders sind, als „Normale“, und Frau Keßler, Frau Hengge und Herr Riggs sich auch einig sind, dass es sie wirklich geben könnte, muss sich Jacob Portman wieder auf die Socken machen. Der Enkel von Abraham Portman ist so ein Mensch mit besonderen Fähigkeiten. Er kann vieles sehen und spüren, was wir, vielleicht nicht, oder doch, könnten, aber besser vermutlich, nicht wollen. Über den Tellerrand unserer Erlebnisse zu schauen ist nicht wirklich die Stärke eines menschlichen Charakters. Deswegen können ja Angela Merkel, Donald Trump, und so einige andere, über uns triumphieren. Sind wir zu feige, Ransom Riggs zu folgen? Der Mann ist ganz anders drauf. Menschen mit besonderen Fähigkeiten gab es schon immer. Ohne diese wären wir schon längst ausgestorben. Diese Liste ist so lang, das die Große Chinesische Mauer sich als ein Kinderkrippenzaun für einjährige Racker entpuppt, die gerade anfangen wollen, das zweibeinige Gehen zu erlernen. In einer Linie zu nennen wären, beispielsweise Hippokrates, Ibn Sina, Paracelsus. Die viel dafür getan und geforscht haben, das uns, heute, nicht wirklich jedes Zwicken auch den Tod bescheren wird. Konfuzius, Laotse, die griechischen und römischen Philosophen, die Bildung fürs Volk operativ unterstützten. Vielen Mächten war das ein Dorn im Auge. Wie viel Wissen ist über die Jahrhunderte und Generationen verloren gegangen, weil Kriege, damit einhergehend Unterdrückung und persönliche BER-Reicherung plötzlich wichtiger waren? Sie haben die Menschen lieber sterben lassen, im Namen Gottes, wer auch immer sich dahinter verbergen mag, mit einer Diagnose, die heute eine Bagatelle ist. Heute kann das jeder Pförtner in einer medizinischen Einrichtung definieren. Vermutlich auch operieren. Viele besondere Fähigkeiten von Menschen basieren auch nur auf einem klaren Verstand. Kräuterfrauen, Schamanen, wie auch immer die Bezeichnung ist, viele Menschen standen doch nur im Einklang mit ihrer natürlichen Umgebung. Und diese schließt Besonderes nun mal nicht aus. Warum sollte man Angst davor haben? Auch wenn Ransom hier noch andere Beispiele zu bieten hat, so abwegig ist es doch nicht, dass andere anders sein können. Solange sie das nicht kriminell ausnutzen, könnte doch jede besondere Fähigkeit zum Wohle vieler, aller dienen. Eine besondere Fähigkeit von Buchverlagen ist, beispielsweise, das Erkennen von Menschen, die auch wirklich schreiben und fesseln können. Die logisch folgende besondere Fähigkeit fällt dem Leser zu, und auch schon fast in den Schoss. Die Erkenntnis, die Spreu vom Weizen (für Pilstrinker, selbstverständlich von Gerste und Hopfen), zu trennen. Und schon hat Jacob P. den Kopf voll. Eben noch wollen seine Eltern und Onkel ihn nach „Bonnys Ranch“ abschieben. Doch jetzt stehen seine Freunde plötzlich auf der Matte, irgendwie aus ihrer Zeit katapultiert. Im Gegensatz zu dem Sechszehnjährigen, sind sie schon älter. Und Amerika hat seine eigenen Gesetze, was Besondere angeht. Opa Abe hatte zwar ein kleines Archiv hinterlegt. Die Frage ist, wie geht man damit um. Jacob sieht sich, plötzlich, als ein neuer Revolutionär, als Mahatma Gandhi und Raul Castro in Personalunion, für die „Besonderen Kinder“. Dabei dürfte Emma wohl auch eine etwas größere Rolle spielen. Obwohl sie nicht so aussieht, sie ist, fast hundert, Jahre älter als er. Da sie aber nie über ihr Jugendalter hinausgewachsen ist und aus einer Generation kommt, die noch den Zweiten Weltkrieg erlebt hat, ist sie mit den modernen Anforderungen der heutigen Gesellschaft genauso überfordert, wie alle anderen aus der „Devil´s Acre“-Zeitschleife kommen. Normalo-Unterricht für unsere „Großeltern“ wird jetzt GROSS geschrieben, damit sie den Bedingungen unseres heutigen Lebens begegnen können. Und das kann nur schief gehen. Nicht immer, aber öfter. Wenn ein Unsichtbarer einkaufen gehen soll, und dabei in seinen kleptomanischen Stil verfällt, nicht bezahlen zu wollen, könnte das schon zu einigen Stirnkräuseln führen, bei den Menschen, die vor den Überwachungskameras sitzen, die jetzt mit ansehen müssen, wie, buchstäblich von Geisterhand, Dinge aus den Regalen einen Weg aus dem Laden nehmen, der so nicht angedacht war. Ransom Riggs ist schon ein besonderer Schriftsteller, da klingelt der Wahnsinn doch gerne an der Tür. Da er noch in den Kühlschrank schaut, um das Dosenbier zur Verköstigung zu begutachten und das Katzenfutter kontrolliert, kann man davon ausgehen, dass er sich auch häuslich niederlassen möchte.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-22657-5 505 Seiten 18,00€ (D) 18,50€ (A)

R. RIGGS – Die Insel der besonderen Kinder – Archiv Aug. 2016
R. RIGGS – Die Stadt der besonderen Kinder – Archiv Dez. 2016
R. RIGGS – Die Bibliothek der besonderen Kinder – Archiv Dez. 2016

DVD-Tipp – Die Insel der besonderen Kinder
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