BUCHCOVERREZENSION
Menardo DerKratzer

OLIVER MÉNARD –

Der Kratzer

Oli ist ein Wunderkind. Irgendwann muss er zwar mal ganz schlechte Erfahrungen in seinem Leben gemacht haben, wie wir alle, aber er hat das genutzt, um sich profilieren. Sein dritter Streich, für Christine und Tobias, ist der Hattrick geworden, der im Netz des Lesers knallhart landet. Ja, das hat er drauf. Seine, eher grenzwertigen, Ermittlungsmethoden führen dem Leser trotzdem vor Augen, was man im Hinterkopf alles behalten muss, um einem Mörder auf die Spur zu kommen. Für demokratische Paragraphenreiter und die „Grünen“, ganz speziell, übersetzt heißt das, „kranke“ Menschen werden mit mehr Rechten ausgestattet, als sie ihren Opfer je hätten zugestehen wollen, mit der Tendenz, dass jeder andere Mensch sich schuldig gemacht hat, nur sie selbst nicht. Ist eine etwas abartige Theorie, an die wir hier auch nicht glauben wollen! Was wahrscheinlich besser ist. Ansonsten wären viele von uns zu Serienmörder mutiert und wir würden uns, heute, kleine bunte Bälle im therapierten Strafvollzug gegeneinander zuwerfen, mit der Option, drei vollwertige Mahlzeiten am Tag, einem geregeltem Tagesablauf und ein, immer gut beheiztes, Obdach zu haben, ohne für unseren Lebensunterhalt arbeiten zu müssen. Den Fernseher und den Internetzugang, selbstverständlich auf Kosten des Steuerzahlers nicht zu vergessen. Wenn uns die Staatsorgane überhaupt hätten festsetzen können. Oli hat da so einige Zweifel. Im Fall NSU hat der Staat ja richtig versagt und das war krass. Tobias Dom folgt einer Spur nach Polen. Der Kratzer hat seine Signatur hinterlassen. Wieder einen unschuldigen Menschen getötet. Dann waren es plötzlich zwei Opfer, nur im Nachbarland. Weiter westlich der Oder hatte er schon mehr hinterlassen. Tobias Dom hat den Mann im Visier, kann ihn stellen, mit Rückendeckung durch seine Partnerin Karen und die polnischen Kollegen. War in der grenzübergreifenden Fahndung nicht so einfach, das zu bewerkstelligen. Die Frage wäre, warum sollte das so schwer sein? Selbstjustiz liegt nah, er macht es aber nicht. Ein folgenschwerer Fehler? Weil er sich nicht auf diese Stufe stellen will? Ist bestimmt eine grenzwertige Situation jetzt Diskussionen vom Zaun zu brechen. Vom Verständnis her hätte er es machen sollen, nur, wer könnte damit leben? Oliver stellt sich diese Frage auch und damit geht er auch ganz offen um. Versucht den Leser in ein interaktives Gespräch zu ziehen. Fragt den Mann! Im Gegensatz zu den Bundestags- und Europaparlamentsabgeordneten, weiß er genau, von was er spricht und schreibt. Die Liste „Archiv“ könnten wir jetzt beliebig, und nur auf dieser Seite und nur zu diesem Thema, verlängern, wo Schriftsteller, mit Arsch in der Hose, solche Missstände anklagen. Es kann doch nicht wirklich Realität sein, das sich irgendwelche Vollpfosten darauf berufen, als Kind schlecht behandelt worden zu sein und dafür, reihenweise andere Menschen töten, um sich hinterher den Sonnenschein auf den Bauch tanzen zu lassen. Da stellt sich die Frage, warum gehen wir arbeiten? Töten wir einen Menschen, lachen den Bullen aus, der uns verständnisvoll ein paar Fragen stellen möchte und bringen die Justiz dazu, uns als das Opfer zu sehen. Die Anwälte, die uns als unschuldig präsentieren wollen, stehen doch schon reihenweise in der Warteschleife. Um die Prozesskosten braucht Ihr Euch keine Gedanken machen, die „Grünen“, und nicht nur die, werden Menschenrechte von lebenden Mördern immer höher bewerten, als die von toten Opfern. Dass man die Angehörigen dabei bis aufs Messer brüskiert, interessiert kein Schwein. Der NSU-Prozess hat da so einige kleine Einblicke gegeben. Die NSU-Täter waren auch nur Mörder aus niedrigen Beweggründen. Das hatte mit einem Ausdruckswillen zu einer veränderten Politik nichts zu tun. Sie wollten einfach nur wehrlose Menschen töten. Das der NSU heute als politisch hochstilisiert wird, hat doch nur damit zu tun, das unser Staat auf allen Linien versagt hatte und seine Pflicht, am Schutze seiner Bürger aktiv zu sein, nicht wahrnehmen wollte. Bringt Tobias Dom aber nicht auch nicht weiter. Der Kratzer hat ihm den Krieg erklärt. Als erstes wird Frau Dom angegriffen. Sie überlebt das zwar, im Gegensatz zu ihrem Pferd, muss aber bei Oli, den Rest des Buches im Koma verbringen. Steile Karriere für eine Romanfigur. Als nächstes hat der Psychopath Doms kleine Tochter Emma im Visier. Spätestens jetzt kommt an dem Gedanken nicht mehr vorbei, was wäre … Wenn. Oliver Ménard ist kein Orakel, aber wäre es nicht besser für die Welt gewesen, den Typen zu erledigen, als Dom ihn vor dem Lauf hatte? Der wird nicht besser! Im Gegenteil, die lasche Justiz fordert ihn geradezu heraus, seinen kranken Weg weiterzugehen. Jetzt gerät ein Kind in das Fadenkreuz eines unverbesserlichen Mörders und keiner will ihn wirklich aufhalten. Der Staatsgewalt sind die Hände gebunden und der Vater steht hilflos daneben, muss obendrein vor seinem Kind noch gute Miene machen, was mit seiner Mutter passiert ist? Klarer Fall, hier muss Christine wieder ran, auch wenn Dom sie ziemlich brüskiert hatte. Emmas Leben geht vor. Und sie sieht das recht pragmatisch, die Zeit ist gekommen, dem freundlichen Psychopathen von nebenan einen Besuch abzustatten. Mit seiner farbenfrohen Schreibweise kann Oli immer wieder auf die Tube drücken, macht ihn als Schreiber so sympathisch.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52237-0 409 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)

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