BUCHCOVERREZENSION
Gilman.d LegendenDesKrieges DasZerrisseneLand

DAVID GILMAN –

Legenden des Krieges – Das zerrissene Land

Wer hätte das erwartet? Alle Leser! Natürlich! Pferd läutet wieder an der Tür. Bei allen seinen Fans. David Gilman tritt er, allerdings, das Eingangsportal ein. Den kleinen Knopf, daneben, muss er wohl übersehen haben. Manchmal, öfter ist der wohl treffendere Ausdruck, kann Pferd recht rabiat reagieren. Dem Bastardross wird auch bitteres Unrecht angetan. (David Gilmans kleinliche Rache?) Er soll eine Ausgeburt der Hölle sein? Nur weil er nicht so funktionieren will, wie Menschen sich das denken. Leute, Pferd ist nicht nur irgendein Streitross. Er ist soll das hässlichste sein. Na und? Wen interessiert das? Er ist ein Kraftpaket auf vier Hufen, das seinen Reiter, Sir Thomas Blackstone, durch jeden Wahnsinn trägt. Der ultimative Wirbelsturm auf den Schlachtfeldern, die im Hundertjährigen Krieg, definitiv, mehr als intensiv beackert wurden. Menschen sollten das Denken doch besser den Pferden überlassen, die haben ein größeres Gehirn. Oder die Realität besser aus einem anderen Blickwinkel sehen. Pferd hätte, hier, schon ganz große Augen anzubieten. Vielleicht wäre die Welt dann gerechter. Aber jetzt muss er, mal wieder, seinem Reiter den Arsch retten. Wo David Gilman Fallen aufstellen will, ist Pferd zur Stelle, ähnlich dem SEK oder einem Bombenräumkommando, nur zuverlässiger, da er nicht auf politische Ränke achten muss. Und würde, schon gar nicht. Nachdem Herr Gilman ihm seine Familienplanung zunichte gemacht hat (da war mal etwas, mit einer schicken Stute und kleinen Fohlen, in einem gut beheizten Stall, mit zarten Möhren, süßen Äpfeln, frischem Heu), muss er sich wieder um Sir Thomas kümmern, obwohl der, eigentlich, auch noch andere Freunde hat. Das beherzte Schlachtross verfügt jedoch über Instinkte, von denen Menschen nur träumen können. David Gilman hat die Rechnung ohne Pferd gemacht. Er ist der Meinung, nachdem das vier Teile lang funktioniert hat, und Pferd ausgekontert zu haben, Thomas Blackstone jetzt den Wölfen zum Fraße vorzuwerfen. Künstlerpech, Pferd ist nun mal kein Politiker. Jetzt muss der Schreibwütige sich damit herumschlagen, dass die „Ausgeburt der Hölle“ ihn dazu zwingt, Zugeständnisse zu machen. Dafür versucht sich Herr Gilman in anderen Situationen. Er hat ja genügend Nebendarsteller, die er dem Tode preisgeben kann. Der „Hundertjährige Krieg“ lieferte Opfer am Fließband, worauf er jetzt auch zurückgreift, wie bei einem Super-Samstags-Sonderangebot eines Markendiscouters. Die Feder ist stärker als das Schwert? Wohl wahr. Nur? Ist die Feder auch stärker, als ein Hufabdruck im Gesicht des Kugelschreiberakrobaten? Pferd fletscht die Zähne und seine schlechte Laune ist schon legendär. Klarer Fall, kann man ihm seine gute nicht versauen. Droht David Gilman in den Nacken zu beißen und mal richtig durchzuschütteln. Ist der Federführer gewappnet, oder sollte er, besser, einen gebührenden Respekt an den Tag legen, und auch gut beraten sein, sich nicht, mit einem ständig missgelaunten, Kriegsross anzulegen? Pferd späht, nach den vorangegangen Büchern sollte das auch kein Wunder sein, äußerst misstrauisch über David Gilmans Schulter, was der Schreiber gerade wieder plant. Während Herr Gilman noch der Meinung ist, Sir Thomas der ewigen Verdammnis auszuliefern, sieht Pferd jetzt die Zeit dafür gekommen, den Spieß umzudrehen. Herrchen, Sir Thomas Blackstone, wird zum Alptraum, in einem zerrissenen Land, das eigentlich schon so entvölkert sein müsste, dass man sich wundert, wie dort noch etwas wachsen konnte. Für die englische Krone soll er den Lakaien machen, einen Friedensvertrag durchzusetzen, den der Dauphin Karl nie akzeptieren wollte, sich nur widerwillig unterordnete, als „unser“ königlicher Vater Johann aus dem „Fünf-Sterne-Gefängnis der englischen Gastfreundschaft“ entlassen wurde. Nur ist der vernarbte Krieger alles andere, als ein Steuereintreiber für die Kasperköpfe mit dem Hermelinmantel. Eher der Rächer auf einsamer Seite. Auch wenn er gerne Exempel ankündigen und statuieren möchte, die Zeit hat ja gezeigt, das nur die Skrupellosen gewinnen dürfen und können, stellt Pferd auch diesem Mann, in diesem Buch, seine Hufe in den Nacken. Immerhin hat er seine Zukunft, rosig anzuschauen, für Sir Thomas geopfert. Und Gerechtigkeit wird nicht gerechter, wenn man noch mehr Gräuel verübt. Pferd hat da ziemlich genaue Vorstellungen, womit er auch nicht allein steht. Sir Gilbert Kilbere, Thomas Ziehvater und Freund, hat mit Pferd schon einige philosophische Diskussionen geführt und, wohl auch, so manchen Becher geleert. David Gilman zieht plötzlich mit. Da staunt man, wie der Schreiber so schnell die Seiten wechseln möchte. Das „LEGACY“ kann hier schon den einen, oder anderen, Tipp geben. Wenn man erst empörtes Hufe-Getrommel hört (NERO DOCTRINE „Plague“), ein verächtliches Schnauben plötzlich Buch, Gesicht und Katze mit Pferdespeichelflocken tränkt (MINAS MORGUL „Bevor ich gehe“), aber dann das knirschende Geräusch von brechenden Knochen sich einen Weg durch die Gehör- und Gehirngänge fräst, sollte man davon ausgehen, dass man auch ein triumphierendes Wiehern hören wird! Dann weiß man, warum Pferd mehr Fans hat, als David Gilman selbst. Und der versucht noch mal einen Aufstand zu planen. Glaubt es! David Gilman will Thomas Blackstone, jetzt und gleich, doch noch ans Messer liefern und, trotz seines vorherigen wohlwollenden Weges, seinen Kittel wieder in den Wind hängen. Große Teile der französischen Königsfamilie der Valois, ganz besonders der Dauphin Karl, wollen den Tod des Mannes, der ihrem Standesdünkel mit abgrundtiefer Verachtung begegnet. Die Vorwürfe gegen Thomas sind schwerwiegend. Vertragsbrüche gegenüber dem französischen Königshaus, dem der Friedenspakt mit der Verwandtschaft jenseits des Ärmelkanals mehr als bitter schmeckt. Blackstone hat zwar schon so manchen Adelspups in seine Schranken verwiesen, könnte man auch in den Arsch treten nennen, und doch hat er seine Missionen, von den englischen Machthabern angeordnet, getreulich ausgeführt. Vielleicht dabei so manche Grenzen doch etwas weiter gedehnt, wobei man sich fragt, für wen? Die Inselroyalen konnten sich seiner unverbrüchlichen Treue jedoch immer sicher sein. Nur, wie weit reicht der Dank von Königen, die sich jeden Tag darauf verlassen durften, das der Heinz funktioniert. Auch wenn das jahrhundertelang Agenda war, ist doch eins glasklar. ADEL IST KEIN GEBURTSRECHT! Man muss sich das, mit jedem Tag und jedem Atemzug, immer wieder neu verdienen! Walther Kurt von Seydlitz-Kurzbach, ehemaliger Wehrmachtsgeneral und Adolf Hitlers Feindbild Nr.1, würde sagen, ADEL ist das, was Pferd, Sir Gilbert Kilbere und viele andere Menschen auszeichnet. Nicht nur in diesem Buch. Wenn man mehr für andere möchte, als für sich selbst.
(Rowohlt)

ISBN 976-3-499-29162-3 551 Seiten (gibt ein + dazu) 10,99€ (D) 11,30€ (A)

DAVID GILMAN –Der große Sturm – Archiv August 2018