BUCHCOVERREZENSION
Knox.j DreckigerSchnee

JOSEPH KNOX –

Dreckiger Schnee

Detective Aidan Waits hat es mit Hechten. Nur, er ist ein Bulle und kein Angler. Was dann doch einige Fragen aufwerfen dürfte. Mit den Fischen kennt er sich wohl weniger aus, aber mit Fluchtsituationen dafür umso besser. Er hechtet sich manchmal, wo andere Menschen den „Beam me up, Scotty“-Prozess vorziehen würden. Dass er dieses weltberühmte Zitat nicht kennt, ist sehr wahrscheinlich. Und so bekommt er öfter mal eine über den Löffel gezogen. Liegt aber nicht an den Wasserräubern. Wohl eher daran, dass er seine Finger nicht von den leckeren Spezereien des Lebens lassen kann, wie Drogen und Alkohol, meist im Paarungszustand. Im Hechten ist er ein wahrer Meister, mit Aussichten auf olympische Medaillen. Nur, wenn man seine kleinen Einkäufe in der Asservatenkammer machen möchte und sich dabei erwischen lässt, könnte man als leicht erpressbar gelten. Herr Andreas Föhr und sein Zögling Leo Kreuthner lassen mal Grüße sehen. Joseph Knox ist eigentlich ein Buchhändler, aber sein Debüt als Thriller-Autor ist durchaus ansprechbar. Aidan Waits ist zwar mehr ein Antiheld, der sich öfter mal ins Nirvana schießt und auch seine Arbeit lieber von außen anschaut, jedoch seine Fähigkeiten noch nicht verlernt hat, die ihn als einen Detective auszeichnen sollten. Herr Knox muss die Bücher von Andreas Föhr gelesen haben, in denen Leo sein Leben als Polizeibeamter, und Lebensgenießer eigener biologisch abbaubarer Erzeugnisse, dem Leser darlegen möchte. Aidan nimmt zwar lieber andere Produkte eines leichten Gedankenganges, die sich in der Qualität von Leos Bio-Schnaps, der gleichzeitig als der ultimative Brandbeschleuniger verwendbar ist, weit unterscheiden, aber er hat ja auch nicht die Verantwortung für den Produktionsprozess. Und manchmal kann er sogar nachdenken. Nach der Erpressung, durch seine selbstgefällige Führungsperson, die ihn lieber im Knast sehen würde, als auf der Straße, muss er das nicht nur wieder aktivieren, sondern auch noch einen Zahn zulegen. Joseph Knox hat sehr hintergründige Zeilen verfasst, die eine Situation beleuchten sollen, wovor man, wahrscheinlich, eher rätselnd steht. Sollte der Lektüre jedoch keinen Abbruch tun und gewisse Momente in Aidans Leben gleichen Moorlöchern, in denen er regelmäßig, bis Unterkante Oberlippe, versinkt, und nur noch durch die Nase atmen kann. Von seinem Vorgesetzten genötigt, soll er den Undercover machen, bei einem Drogenboss, der einen Fuchs im Hühnerstall der Polizei etabliert hat, eine minderjährige Ausreißerin finden, die die Tochter eines Ministers ist und noch anderen diversen Dingen auf den Grund gehen. Und dass einfach so, ohne Rückversicherung. Er wird ein gern gesehener Gast auf Mister Carvers Freitagabendpartys, dessen Haupteinnahmequelle es ist, Zutaten für ein Leben in Leichtigkeit und Vergessen des Alltages zu verscherbeln. Trotz aller Mühen, von Seiten des Geheimagenten, sind weder sein Boss, noch sein Autor mit den Ergebnissen wirklich zufrieden und auch der Minister hat Bedenken. Aidan wird eigentlich nur gemobbt. Von seinem eigenen Schriftsteller und dessen Handlangern. Was sich, natürlich, sowohl auf die Philosophie vom Leben und auch seiner Auffassung von Arbeitsmoral mehr negativ auswirkt. Aufgrund seines Hanges zu den oben genannten Leckereien hält sich sein Widerstand, gegen seinen Schreiber, jedoch in sehr engen Grenzen, also lotet er sein Vermögen im Verzehr von Alkoholika und den Gewürzen, die schon die Gilde der Assassinen des „Alten Mann vom Berge“ erfolgreich verwendete, in mehreren Bars und anderen Trinklokalitäten aus, wo andere Menschen schon längst Cut gesagt hätten. Bis Cat in sein Leben tritt. Und er Isabelle, siebzehn Jahre jung, tot in ihrer Wohnung auffindet. Die Ministertochter hatte gravierende Probleme, nur niemanden gehabt, mit dem sie wirklich darüber reden und vertrauen konnte, weswegen sie flüchtete. Jetzt ist es zu spät. Joseph hat viele Register gezogen. Er ist aber noch lange nicht am Ende. Wobei er jetzt einen kleinen Vorteil hat. Er kann, in seiner eigenen Buchhandlung, sein eigenes Buch präsentieren. Ob Aidan Waits anwesend sein möchte, bei einer Lesung… man sollte doch besser davon ausgehen, dass der Detective seine Privatsphäre zu schätzen gelernt und auch seinen Konsum spezieller Verzehrzutaten für leichte Gedanken stark reduziert hat. Bei dem Schriftsteller hat man, als Figur nichts zu lachen und nicht wirklich viele Chancen auf ein ruhiges Leben. Joseph Knox lässt hier ein Thriller-Debüt los, reißt etwas vom Zaun, das Aidan Waits vom Glauben abfallen lässt. Kann ja nur bedeuten, dass man öfter wieder Buchhandlungen besuchen sollte. Dass der Schriftstellerknecht, der, im Gegensatz zum Literaturkonsumenten, immer in den Zeilen herumfuhrwerken muss, richtig sein Leben aufs Spiel setzt, wird den zwei anderen Parteien eher gleichgültig sein. Während die katzenkraulenden, Bier trinkenden und Salzgebäck kauenden, sich im Licht ihres Leseplatzes sonnenden und völlig entspannten Leser, einschließlich dem Schriftsteller, sich daran ergötzen können, das der Mann kabbeln darf, bis der Mond brennt, muss Detective Aidan sich reichlich strecken. Obendrein steht sein Leben jetzt noch auch auf der Kippe und droht abzurutschen. Im Gegensatz zu Andreas Föhrs Leo, hat Aidan keine gutmeinende Seele hinter sich. Kommissar Wallner und sein geistiger Vater beschränken sich doch mehr auf die deutsche Literatur und haben mit Kreuthner auch mehr als genug zu tun, ihm den Arsch nicht aufs Grundeis zu ziehen, als das sie auch noch im Ausland auch herumgeistern könnten. Vielleicht sollte Aidan doch mal seinen Schriftsteller wechseln?
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52210-3 431 Seiten 14,99 € (D) 15,50 € (A)

ANDREAS FÖHR – Totensonntag – Archiv Juni 2015