BUCHCOVERREZENSION
Kraus DelToro TheShapeOfWater

G. DEL TORO & D. KRAUS –

The Shape of Water

Elisa ist stumm. Und ein Waisenkind. Mittlerweile ist sie zu einer jungen Frau herangewachsen und arbeitet in einem Geheimlabor der US-Regierung, als Putzkraft in der Nachtschicht. Mr. Strickland, Richard, war GI im Koreakrieg. Hat sich korrumpieren lassen. Sein Handeln kann man nur als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnen. Problematisch ist jedoch, dass er nur ein Befehlsempfänger war, also jemand, mit einem größeren Schreibtisch, ihm sein Leben vorschrieb. Traurig ist die Tatsache, dass dieser Mann, der beileibe, zu diesem Thema, auch nicht allein auf dieser Welt steht, sich nicht gewehrt hat, wie auch? Soldaten bekommen Befehle und führen sie aus. Seid froh, dass Ihr das nicht gewesen seid. Damit kann keiner leben. Kein einziger Berufssoldat, mit Ehre, wenn man diese Bezeichnung im Raum stehen lassen möchte, und auch kann, hätte das getan. Obwohl viele „Tatsachen“ genau das Gegenteil behaupten wollen. Gedanklich kommen hier so einige Wehrmachtsgeneräle ins Spiel, die sich gegen die Unmenschlichkeit einer nazistischen und SS-ideologisch bedingten Kriegführung aufgelehnt hatten. An erster Stelle zu nennen, Walther Kurt von Seydlitz-Kurzbach, der Held von Demjansk. Der, damals, mitten in der Katastrophe von Stalingrad sich dem obersten Kriegsherrn direkt widersetzte und, in der Gefangenschaft der Russen, das weiter ausdehnte. Zum direkten Widerstand gegen sinnlose Befehle aufrief. Und in Abwesenheit, auf Betreiben des „Führers“ Adolf Hitler, durch den Obersten Richter des Volksgerichtshofes, Freisler zum Tode verurteilt wurde. Oder Wilhelm, Ritter von Thoma und auch Johannes Albrecht Blaskowitz und noch viele mehr. Guillermo Del Toro und Daniel Kraus haben den Vorteil, dass sie ihr Buch, weit nach der McCharty-Ära veröffentlichen durften, sonst hätte der Senator sie schon längst auf dem Kieker gehabt. Und Gnade für „Vaterlandsverräter“ hatte dieser verblendete Machtmensch, dem jede Realität zum Wohle von Menschen abging,  keine. Er hat den „Kalten Krieg“, von Churchill und Roosevelt eiskalt vorbereitet, nur von seinen eigenen Interessen und denen, seiner Klientel, geleitet, ausgenutzt. Wie viele Menschen ihr Leben einbüßen mussten, nur, weil dieser Vollidiot unter jedem Stein einen Feind sah, den er in klingelnde Dollars ummünzen konnte, kann man heute nicht wirklich ermessen. In der heutigen, vorherrschenden, Gesellschaftsordnung soll dieser Vogel jedoch ein Streiter für Gerechtigkeit und Demokratie gewesen sein, welch ein Widersinn. Der Typ stand doch auf der gleichen Stufe, wie Stalin und Marschall Berija, den Chruschtschow hinrichten ließ, weil... der damalige Chef der Russen einen Weg suchte, sowohl politisch, und aber auch menschlich, einen Achtungspunkt zu setzen. Unsere Autoren marschieren in die Zeit, als Chruschtschow die Berliner Mauer besucht und so mancher US-Amerikaner sich fragte, warum er die Helden aus dem Marvel-Universum besser kennt, als den Tatort, an dem der amtierende russische Generalsekretär der KPdSU versucht, ein Tauwetter in der Politik der waffenstarrenden Wettrüstung einzuleiten. Der Koreakrieg, mit samt seiner entmenschlichten Kriegführung, der gerade fünf Jahre nach dem II. Weltkrieg, trotz aller bestehenden Verträge, entfesselt wurde, ist beendet. Die Russen haben den ersten Satelliten, den ersten Hund und den ersten Menschen ins All bugsiert. Der Ami ist im Hintertreffen. Trotz Atom- und Wasserstoffbombe. Da kommt die Legende eines Gottes vom Amazonas gerade recht und Mr. Strickland soll sich auf die Pirsch machen. Ein Amphibienmensch, der so ganz anders ist, als wir, soll das Wettrüsten wieder anheizen. Die Herren Del Toro und Kraus basteln an Richards Karriere und jagen ihn den Urwald, damit er, zum Wohle US-Amerikas „Verteidigung“, eine neue Möglichkeit eröffnen, eine neue Waffe konzipieren kann, die der „Freien Welt“ ein neues Gewicht gibt. Und Richard taucht ins Grüne, immer einen General Hoyt im Nacken, der seinen Lebensweg eine entscheidende Richtung gab, jedoch bestimmt nicht zum Guten. Während dessen rüstet man sich im Occam Aerospace Research Center, wo auch Elisa arbeitet, auf die Aufnahme einer Lebensform, die, bis hierhin, nur aus Legenden und Göttersagen der Eingeborenen des Amazonas bekannt ist, und noch keiner wirklich gesehen hat. Herrn Strickland gelingt der Clou, auch wenn sich das Procedere so ziemlich in die Länge zog. War er vorher schon ein gestörter Mensch, jetzt ist er zerbrochen. Sein Weg war brutal, blutüberströmt, zerstörerisch. Erfolgreich im Sinne seiner Auftraggeber, die sich einen Scheiß darum kümmern, was diesen Mann in den Abgrund treibt, wovon er zwar Alpträume hat, aber immer noch sich, mit der allgemeinen Waffe der Verdrängung von Tatsachen, und so kleinen Privilegien, wie Macht über Unterstellte, am Rande einer Pseudorealität festklammert und daran glaubt, wieder ein normales Leben führen zu können. Eine trügerische Hoffnung. Interessant ist die Auslegung beider Autoren von der Entdeckung Edwin Hubbles, wonach sich alle bekannten Galaxien von der Milchstraße  wegbewegen. Welche Galaxis will auch schon mit einer anderen zu tun haben, die einen Planeten beherbergt, auf dem sich solch kranke Wesen herumtreiben, wie es der Mensch ist. Da kann man nur flüchten, bevor man sich ansteckt. Guillermo Del Toro und Herr Kraus bezeugen einen, mehr als, schwarz-satirischen Humor. Und können nur froh sein, das Mr. McCharty nicht mehr, aktiv, am aktuellen politischen Leben teilnimmt.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52307-0  426 Seiten  16,99€ (D)  17,50€ (A)