BUCHCOVERREZENSION
Gilman.d LegendenDesKrieges DasBlutigeSchwert

DAVID GILMAN –

Legenden des Krieges – Das blutige Schwert

Hundertjähriger Krieg? Englische Bogenschützen, die Furcht und Schrecken unter der Elite der französischen Ritterschaft verbreiten und den König der Grande Nation in die Verzweiflung treiben werden, der mal wieder Krieg führen möchte, genau wie sein angelsächsischer Verwandter, der den Thron im Tower zu London mit seinem Hintern wärmt und seine Untergebenen reihenweise in den Schlachtentod treibt? Ein Bogenschütze, der Thomas heißt? Hier kommt die Frage auf, warum man so ein Buch lesen sollte. Oder eher, warum nicht. David empfiehlt sich. Mal davon abgesehen, dass er einen hammermäßigen historischen Roman hingelegt hat, bei dem Bernard Cornwell durchaus neidisch werden könnte, so hat er, aber nicht nur, eine kleine Enzyklopädie über die englische Bogenschießkunst verfasst, sondern auch noch einen Ratgeber in allen Lebenslagen kreiert. Jetzt wissen wir, nicht nur, dass in der Schlacht von Crécy sechzehntausend Pfeile pro Minute auf Blüte der französischen Ritterschaft niederprasselten, die vielen von denen den Tod brachten, sondern auch, dass man, vor seiner eigenen Hochzeit besser mal baden und sich rasieren sollte. Könnte die Braut, in der Hochzeitsnacht, freundlicher stimmen. Mit guten Ratschlägen kann Herr Gilman wahrlich aufwarten. Beispielsweise, harte Arbeit. Hat noch keinem geschadet, vor allem dann, wenn man an seiner eigenen Verteidigung laboriert. Die Bibel lehrt das zwar etwas anders, hat aber den gleichen Grundton. Oder seine Untergebenen einmal mehr loben, wenn sie gute Arbeit geleistet haben, statt sie zu ignorieren und ihre Leistung als selbstverständlich hinzunehmen. War im Mittelalter nicht ganz so leicht durchzusetzen, wo man bei den Adeligen noch blaues Blut vermutete. Heute hätte man jedoch das Mittel eines Tarifvertrages und der hat auch noch keinem geschadet. Und wenn, zu dieser Zeit, jemand gesagt hat, er sei noch nicht bereit zur Messe zu gehen, um Gott zu verzeihen, dann konnte sich derjenige schon mal ganz schnell in einem Kerker wiederfinden, wo „Gottes“ Gehilfen ihm die Verzeihung schon einbläuen würden, nur eben anders, als sich das Gott und sein Sohn gedacht hätten. Die Grenze zwischen Mut und Leichtsinn war damals sehr viel dünnhäutiger, als heute. Vor allem dann, wenn sich Menschen über Menschen erheben wollten, die genauso rot bluten, wie sie selbst. Und das gern vergessen. Herr Gilman ist, eben nicht, nur irgendein Schriftsteller. Er stellt historische Fakten dar, unterlegt das mit gut recherchierten Tatsachen und reiht sich ein, in eine Riege von Schreibwütigen, die uns an ihren Gedanken teilhaben lassen wollen, die wir sonst, in unserem immer schneller rotierenden Alltag ganz schnell aus den Augen verlieren werden, weil irgend so ein Werbefutzi in der Glotze oder der Tageszeitung der Meinung ist, uns unsere Wahrnehmungen zu verkleistern. David Gilman öffnet die Sinne. Und Thomas Blackstone, sein Bogenschütze, ist sein Garant dafür, dass seine Handlung auch spannend und abwechslungsreich in die Tat umgesetzt wird. Dazu hat Herr Gilman noch einen recht ruppigen Humor, der dem Zeitalter durchaus gerecht werden sollte, ist schon ein kleiner Wahnsinn. Und als Leser kann man nur froh sein, selbige Zeit nicht erlebt zu haben, zumindest nicht als Knecht, Magd oder sonstiger untergeordneter Klassenzugehörigkeit. Thomas Blackstone kann diese Grenzen, nach der Schlacht von Crécy und der Lebensrettung des englischen Thronfolgers, mit nachfolgender Nah-Tod-Erfahrung, etwas überschreiten. Der „Schwarze“ Prinz, der jetzt diesen Namen noch nicht hat, und Papa Edward, als königlicher Sesselfurzer des angelsächsischen Tower-Inventars, erweisen sich, teilweise, als sogar dankbar. Der Bogenschütze ist dem Tod geweiht. Und jede Dankbarkeit ist, ja, gut berechnet, und wenn der „primitive“ Schlächter, der mit dem Bogen und dem Ahlpfeil Frankreichs Ritter-Elite so richtig ausgedünnt hat, stirbt, ist das, postum, sogar akzeptabel. Blackstone wird mit einem Adelstitel bedacht, im Todeskampf begleitet und dabei akribisch beobachtet, nur, der Mann will nicht sterben. Wer will das schon. Thomas stirbt nicht. Und alle Ehren der englischen Krone sollten jetzt greifen. Hatten wir den Humor David Gilmans erwähnt? Dann können wir, nahtlos, zum zweiten Teil übergehen.
(Rowohlt)

ISBN 976-3-499-29076-3 581 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)