BUCHCOVERREZENSION
Scherbakowa.i HaendeMeinesVaters

IRINA SCHERBAKOWA –

Die Hände meines Vaters

Wer immer hinter so einige Vorhänge der Geschichte blicken möchte, ist bei Frau Scherbakowa genau an der richtigen Adresse. Engagiert, mit viel Gefühl und noch mehr Enthusiasmus schreibt sie die Geschichte ihrer Familie in Russland nieder, angefangen bei einer Generation jenseits so einiger Vorstellungskraft, gerade wenn man nicht so traditionsbewusst ist, wie Irina. Und schon kann die Zugfahrt durch die Jahrhunderte beginnen. Und, wie es so schön bei den Berliner Verkehrsbetrieben heißt, Sehr geehrter Fahrgast, zu Ihrer eigenen Sicherheit, bitten wir Sie, sich gut festzuhalten. Man kann sich manche Dinge nicht einmal annähernd vorstellen, unter welchen Voraussetzungen, das Leben in Russland ablief. Egal ob es noch die Zeit der Zaren war, während und nach der Oktoberrevolution, dann unter Stalin, der düstersten Zeit des Sowjetreiches, inklusive dem II. Weltkrieg und den Zeiten danach. Wer dann sich die „Apokalyptischen Reiter“ reinziehen möchte, als musikalische Begleiterscheinung, dem wär hier empfohlen, „Wir reiten“ oder „Es wird schlimmer“. Wie viele Menschen dieser Generationen um ein menschenwürdiges Leben betrogen wurden, kann man heute nicht mal mehr ansatzweise ermessen und die Familie von Irina Scherbakowa, jüdischer Herkunft, war, nach ihren eigenen Worten, sogar noch privilegiert. Hatte Verfolgungen und Pogrome relativ unbeschadet überstanden, was andere nicht von sich behaupten konnten. Die Liste der Opfer wird immer länger und Stalin hat einen Vorteil. Unbeliebt kann er sich nicht mehr machen. Er ist es, war es und er wird es immer bleiben. Seine Mauscheleien mit Hitler haben dem sowjetischen Volk nur Unheil gebracht und seine „Genoziden Pläne“ haben, auch schon vorher, für reichlich Opfer gesorgt und auch solchen Bestien, wie Berjia Tür und Tor geöffnet. Dieser Typ hatte eine Schneise blutiger Verwüstung gelegt. Staatsterror auf höchster Ebene. Irina Scherbakowa hat das mal aufgearbeitet. Nikita Chruschtschow hat diesen Vogel, damals und es sei ihm, bis zum Kniefall, gedankt, zum Tode verurteilen lassen und die Welt konnte kurz aufatmen. Heute würden uns die Grünen damit beglücken, solche Seuchengestalten rehabilitieren zu wollen. Gulags waren ja doch nicht so schlimm, als das man die Rädelsführer, die ihren Terror überlebt haben, nicht leben zu lassen, im Gegensatz zu den Opfern, denen ja nicht mehr zu helfen ist. Nur lebende Gestalten können Steuern zahlen. Oder sich wieder in die Belange der Menschen mischen. Irina Scherbakowa hat Zeugnis abgelegt, mit ihrer Familiengeschichte, wie man nicht miteinander umgehen sollte, aber man es jeden Tag ignoriert. Auch hier, in unserem schicksalsträchtigem Landstrich, von dem, angeblich, nie wieder ein Krieg ausgehen sollte. Irina Scherbakowa hat viele Lügen unserer Geschichte offenbart und schon mal dafür gesorgt, dass man neue Lügen schon im Ansatz erkennen kann, wenn man dann auch hinschauen will. Mitreißendes Buch, ohne Frage.
(Droemer)

ISBN 978-3-426-27710-2 415 Seiten