BUCHCOVERREZENSION
Low.r Drachenboot

ROBERT LOW –

Drachenboot - Die Eingeschworenen

Schön, dass Robert Low uns mit Informationen versorgt, die wir eher nicht brauchen. Als erstes lässt er Danica pfählen, eine Sklavin aus dem Gefolge der „Eingeschworenen“. Ihr Name bedeutete Morgenröte. Etwas, was sie nie wieder sehen wird, weil ein wildgewordener, neun Jahre alter, Knabe der Meinung ist, sich in fremden Ländern bewegen zu können, wie die Axt im Walde, und doch vermutlich älter ist, als man vorher angenommen hat. Nur, wer gibt diesem kleinen Pisser das Recht, mit seinem übereilten Handeln, Rache ist ja nur eine Seite der Medaille, andere Leben vorsätzlich und bewusst zu gefährden. Der Schweinebengel wusste ganz genau, was er tat. Orm darf daneben stehen und sein Leben und das, der, noch übrigen, „Eingeschworenen“, für ‘n Appel und Ei zu erkaufen. Fremde Länder, fremde Sitten. Prinz Olaf, genannt „Krähenbein“, gerade neun Jahre alt, hat die Axt in seinem Widersacher versenkt, in einem Land, wo man das nicht machen sollte. Trotz allem Verständnis für seine Rachegefühle, dafür muss ein unschuldiges Mädchen büßen,  das gepfählt wird, was bestimmt keine schöne Todesart ist, die man sich selbst wünscht, und die kleine Rotznase geht erst mal straflos aus, wie geplant, weil er ein verschollener Prinz ist. Schön, dass unsere, selbsternannten, Oberen, hier wieder für „Gerechtigkeit“ sorgen. Robert Low lässt den Frust raushängen, was ihn jedoch nicht daran hindert, das Mädchen „Morgenröte“ zu opfern. War er vorher noch auf dem Humorpfad, jetzt geht er richtig brutal zu Werke. Er beschreibt die Pfählung in allen Einzelheiten. Und das ist nichts für schwache Mägen und Nerven. Orm muss das Geheimnis, das Attilas Grab umgibt, freigeben, um weitere Opfer zu verhindern. Wenn Kinder in Herrschergestalt den Lauf der Welt bestimmen wollen. Jeder von uns hätte Wladimir, dritter und damit auch unbedeutendster Sohn Svatislavs, des gerade eben erst, und unerwartet, verstorbenen König der Rus, in die Schnauze gehauen, nur sind die „Eingeschworenen“ zu schwach, hier zurück zu schlagen. Alle Welt hat sich gegen sie verschworen und sie sind zu einem Spielball geworden, warum sind sie nicht zu Hause geblieben? Zu alter Stärke zurückzufinden, liegt derzeit nicht im Bereich des Möglichen und so müssen sie wieder in die russischen Steppen ziehen, zu Attilas Grab, wo alles Silber der Welt, die sterblichen Überreste der „Gottesgeisel“, einschließlich seines höhnisch grinsenden Schädels, der unruhige Geist der Schild-Maid Hild und die Wächterinnen der Auserwählten auf die Grabschänder warten, die vom geldgierigen Königskind ausgeschickt wurden. Robert Low lässt so manche fiese Gestalt auftreten, von denen man sagen würde, die sollten sich mal Knochen um den Hals binden, vielleicht spielen ja die Hunde mit denen, oder, frei nach den „Grünen“, der beklopptesten Partei Deutschlands, die Jungs waren in ihrer Kindheit einsam und wurden gemobbt. Robert hat da so manche fantasievolle Charakterdarstellung auf Lager, was solche Figuren jedoch nicht daran hindert, marodieren zu gehen. Auf Kosten anderer Mitmenschen natürlich. Die „Eingeschworenen“ sind zwar auch keine Kinder von Traurigkeit, aber immerhin haben sie noch, im eng gesteckten Rahmen natürlich, Ehre im Leib und gewisse Moralvorstellungen, die man nachvollziehen kann. Obwohl, sie haben, im Laufe der Zeit, schon so manche Schandtat hingelegt. Die Befreiung Prinz Olafs ging ja auch nicht gerade schmerzfrei vonstatten. Nur stehen sie dazu. Ist ja eine Moralvorstellung vom Feinsten. Und jetzt kann man wieder diesen abgerissenen Haufen Wikinger begleiten, mitten in die Einöde kurz vorm Ural und mitten im Winter, mehr Geiseln, als freie Männer und Frauen. Zieht Euch lieber ganz warm an, im Binnenland der Rus ist es affenkalt. Ruhm ist etwas für Narren. Eine Einsicht, die Orm „Bärentöter“ schon lange im Hinterkopf hat, nur muss sie noch reifen. Mit Robert hat er ja einen, scheinbar, einsichtigen, und auch weitsichtigen, Schriftsteller, der ihm die Zeit dazu gibt, darüber nachzudenken, während seine Gefolgsleute, in Scharen, Odins Ruhmeshalle zu bevölkern versuchen, gefallen im Kampf um des Allvaters Geschenke und dessen Triumph. Trotz aller Widrigkeiten findet Low seinen Humor doch noch wieder und so kann auch Orm wieder ein Lächeln auf sein Gesicht zaubern, trotz aller Verluste, die sein Leben zeichnen und nachhaltig formen. Der Knabe hat es noch nicht hinter sich, aber, dass weiß er ja noch nicht. Was, bei Robert Low, vermutlich, ein irres Grinsen auslöst, während er sich einen leckeren Kaffee macht. Bevor er Orm, den verhinderten Bärentöter, in das nächste Abenteuer stoßen wird.
(Heyne)

ISBN 978-3-453-41000-8    454 Seiten    8,99€ (D)  9,30€(A)

R. LOW – Die Eingeschworenen Teil I – Archiv Februar 2017
R. LOW – Die Eingeschworenen Teil II – Archiv Februar 2017