BUCHCOVERREZENSION
Koch.s Duenenfluch

SVEN KOCH –

Dünenfluch

Sven Koch profiliert sich zu einem Vielschreiber mit Niveau. Die „Fantastic 4“ des norddeutschen Krimigefildes, das auf Svens Einfallsreichtum gewachsen ist, graben wieder Schneisen durch das Zwerchfell des Lesers, obwohl sich Sven hier und jetzt richtig Feinde macht, unter der versammelten Leserschaft. Als erstes geht Justin über den Jordan. Femke Folkmers Pferd. Gott, er, Justin,  hat uns begleitet, durch so manche unterhaltsame Seite, die Svene selbst verbockt hat. Und jetzt muss er gewaltsam sterben? Er ist zwar schon in die Jahre gekommen, aber sein Schicksal hat er ganz bestimmt so nicht verdient. Und wie Femke diesen Verlust verkraften soll, darüber hat sich Herr Koch wohl eher keine Gedanken gemacht. Der Pferde-Ripper gibt noch zwei anderen Tieren den Tod, diese Tat sieht somit etwas wahllos aus. Die einheimische Bevölkerung hat jedoch schon den Sündenbock gefunden. Flüchtlinge, Asylanten, die der Gemeinde Werlesiel aufs Auge gedrückt wurden. Es sollen noch mehr kommen und im örtlichen Vergnügungsdomizil, der guten, alten Dorfscheune untergebracht werden. Die hiesigen Honoratioren brüllen „Widerstand!“. Dort soll demnächst eine große Feierlichkeit stattfinden, die jedoch ins Wasser fallen müsste, sollten sich dort ortsfremde Personen einnisten wollen. Femke ist schon vor Ort, klar, Justin war ja ihr Liebling. Und Tjark Wolf, diesmal verzichtet er auf einen exzessiven Alkoholgenuss, oder Sven hat ihm den Zuspruch entsprechender Essenzen verboten, macht Urlaub. Die „Fantastic 4“ eines Sven Koch, und dazu noch Mitarbeiter der Sonderabteilung für organisierte Kriminalität, mit freier Zeit? Freizeit? Das kann nicht gut gehen. Ceylan Özer, Chefin im SOK, gibt nur zähneknirschend nach, das sich beide in die Ermittlungen stürzen, inoffiziell natürlich und nur zur Unterstützung der örtlichen Beamten. Und Fred sieht das, wie immer, entspannter, als alle anderen. Diesen Mann aus der Ruhe zu bringen, dürfte eine Aufgabe sein, die man einem Sisyphos übertragen müsste. Seine familiäre Situation steht ja dafür, eher abgeklärt ins Leben zu schauen. Mit Freds Frau Greta legt sich auch kein Sven Koch an. Er ist zwar ein begnadeter Schriftsteller und beim Tod von geliebten Pferden auch noch mutig genug, dem Leser gegenüber zu treten. Nur bei Fred Bergers Frau knickt auch er ein, war aber schon immer so. Mit Greta Berger hat sich Sven einen eigenen Alptraum erschaffen, den er, nur zu gern, an Fred weiter delegiert, der jedoch ganz gelassen dabei steht und sein Schicksal, nicht nur erträgt, sondern auch noch genießt. Dann kommt der erste Mord. Gleitschirmflieger und Hobbypilot Harms wird zielgenau vom Himmel geschossen, mit einem Modellflugzeug. An der Stelle seines Absturzes, mitten in einem Baumarkt, sterben noch mehr Menschen, was den Täter hocherfreut. Der sich jetzt nicht nur bestätigt sieht, in seinem Treiben, sondern auch seine Aktivitäten forciert und sich für unentdeckbar hält, vor allem weil man sich jetzt auf Sabine Hespe eingeschossen hat, die etwas anders ist, als alle anderen. Nachdem das Schicksal ihr einen persönlichen Irakkrieg serviert hat, ist sie etwas von der Rolle und steht der übrigen Welt sehr distanziert gegenüber und sollte eigentlich in einer Einrichtung für betreutes Wohnen untergebracht werden, wo sie, eventuell Chancen gehabt hätte, von den seelischen und körperlichen Wunden, die ihr zugefügt wurden, zu genesen. Nur, Papa hatte gewichtige Gründe dagegen. Dass die Ermittler, mit diesem Verdacht,  auf dem Holzweg wandeln, weiß zwar der Leser schon und ist damit klar im Vorteil, gegenüber den Ordnungshütern. Doch wer sich dort in seinem Hass auf die Menschheit suhlen möchte, dürfte auch ihm noch unklar sein. Da hält sich Sven Koch bedeckt und so toben, sowohl der Dorfsheriff und seine Deputys, als auch Femke und Tjark erst einmal im Tale der Finsternis und der Berggipfel der Erkenntnis ist noch weit entfernt. Lehnt Euch zurück, genießt einen Schluck Dosenbier. UND macht die Glotze aus. Greift Euch die Katze, macht es Euch bequem. Sven Koch wird dann den Rest eines unterhaltsamen Abends, mit seinem Buch, übernehmen. Und eine sehr philosophische Theorie an den Leser bringen. Der Fiat Multipla ist das hässlichste Auto der Welt. Da hat er Recht.
(Knaur)

 

ISBN 978-3-456-52019-2  318 Seiten   9,99€ (D)  10,30€ (A)  

SVEN KOCH – Dünenfeuer – Archiv Juni 2016