BUCHCOVERREZENSION
Malfi.r TodInNeverland

Ronald Malfi  – Tod in Neverland

Kelly Rich ist anders als die anderen Kinder. Sie hat zwar eine Vergangenheit, kann sich aber absolut nicht daran erinnern. Nur das sie fünfzehnjährig einen Zusammenbruch hatte und nach einem Klinikaufenthalt, jetzt achtzehnjährig, fluchtartig das Gelände ihrer Kindheit verlies und nach New York City emigrierte. Mit ihrer Vergangenheit will sie nichts mehr zu tun haben, nicht nur weil sie keine Erinnerungen daran hat, sondern auch wenn sie welche hätte, die wohl nicht allzu rosig wären. Was sie ebenfalls nicht weiß, ist ihre Befähigung zur Ästhetokinese, die Fertigkeit aus Gedanken Materie zu erschaffen. So will sie, guten Mutes, ein Filmprojekt auf die Beine stellen, zusammen mit einem Bekannten, Josh, als Kameramann. Ausgerechnet jetzt wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt. Ihre Schwester Becky wird von etwas Unerklärlichen angegriffen und verletzt, liegt im Koma, wobei auch sie, wenn auch nur latent, die gleiche Befähigung hat wie Kelly. Das Unbekannte begnügt sich aber nicht nur mit der Aggression auf Frau Rich´s Schwester, es verschwinden in der Gegend mehrere Jäger und ein Polizist. Jetzt beginnt der Kampf um Kelly´s Vergangenheit, denn dort liegt der Schlüssel. Schon beeindruckend, welch düstere Farben Herr Malfi  mit Buchstaben malen kann. Er bastelt eine extrem beklemmende Situation, vor dem Hintergrund  der Ästhetokinese, aber auch anderer paranormaler Fähigkeiten, dass einem der Atem stockt, vor allem weil man sich ja nicht wirklich damit auseinander setzt. Im Alltag trifft man ja nicht so oft Leute, die Steine oder anderes aus Gedanken produzieren. Malfi´s Protagonistin stolpert erst mal ziellos durch absolutes Neuland um immer zielgerichteter zu werden, steht doch das Leben ihrer kleinen Schwester auf dem Spiel. Der Antrieb ist also riesengroß. Aber das Unbekannte und Unerklärbare ist, trotz erster Eindrücke, nicht ohne Fehler. Malfi zaubert eine Mischung von Märchen, Horror und menschlicher Schwächen und Stärken. Eine rundum perfekte Feierabendlektüre auf der heimatlichen Couch, wenn man nicht zu zart besaitet ist und Interesse an paranormalen Eigenschaften hat, auch wenn man selbst doch nicht betroffen ist, oder doch? Und was Ronald Malfi zeigt, ist, man kann Fähig- und Fertigkeiten haben, aber sind sie ein Segen oder ein Fluch, der einem wie ein Kaugummi an den Fußsohlen klebt, oder beides, ist es nicht doch besser einfach nur ein einfacher Mensch zu sein, ohne den Zwang zur Entscheidung, setze ich jetzt meine Fähigkeit ein, wem nutzt sie, wem schadet sie.

(Otherworld)