BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

JULIA HOLBE –

Boy meets girl

Frau Holbe entpuppt sich als ein literarischer Sonnenschein. Hier kann man sich entspannt zurücklehnen und in den Seiten surfen, ohne das einen dystopische Ängste überfallen wollen, oder ein wild gewordener Politiker einem mit fünf Jahren Haft droht, weil man sich nicht „impfen“ lassen möchte. Julia Holbe blättert im Buch des Lebens und das immer hautnah. Noras Göttergatte kommt von Dienstreise, hat obendrein schlechte Laune, obwohl seine Frau schon mit dem Essen wartet, verzieht sich, ohne Worte in sein Reich und Nora steht erst mal ziemlich bedröppelt da. Als Krönung des Ganzen findet sie auch noch fremde Damenunterwäsche im Reisetornister ihres Angetrauten, der sich zu diesem Fakt jedoch nicht klar äußern möchte. Geschichten, die das Leben schreibt und die Julia Holbe, stellvertretend für alle Leidenden dieser Erde, zu Papier gebracht hat. Dabei bleibt sie jedoch einer blumigen Sprache treu, man kann sich also auf einen abwechslungsreichen Plot freuen. Munter geht es auch schon weiter, die Trennung von Nora und Paul ist beschlossene Sache und das fällt durchaus leichter, da der Ungetreue, natürlich nur arbeitstechnisch, wieder auf Reisen geht und Nora so zumindest Luft zum Atmen und Zeit zum Nachdenken hat. Jetzt müssen andere Entscheidungen gefällt werden, das Leben geht schließlich weiter und Arbeit hat Nora ja auch noch, als Paartherapeutin, na, wenn das kein Zufall ist. Und ein Zufall, das im Supermarkt ein Joghurtglas herunterfällt, wird wohl auch keiner gewesen sein. Das hat Julia Holbe bestimmt mit Absicht provoziert, um so ihre Protagonistin in die Arme des Englischlehrers Gregory zu treiben. Damit sie auch mal eine andere Seite des Lebens kennenlernt. Um das Ganze weiter zu dramatisieren, trifft Nora ihren Jugendfreund Yann wieder, mit dem sie nun fast täglich spazieren und Kaffee trinken geht. Julia Holbe hebt eine Thematik an das Tageslicht, die könnte für zwei Leben reichen. Da wir aber nur eines haben, muss jetzt die Brechstange angesetzt werden, um dieses dann auch ausfüllen zu können. In diesen Seiten tobt der Bär, hier ruft das Leben zum Handeln auf, um sich nicht in Selbstmitleid zu verlieren. Das kennt man ja im eigenen Umkreis, das sich Leute plötzlich verloren fühlen, weil in ihrem Leben sich Einschnitte hinein gezwängt haben, die sie sich nicht haben träumen wollen. Julia Holbe ruft zu Optimismus auf und sich nicht irgendwo hängen zu lassen, sondern tatkräftig auf dem Knüppelpfad der Existenz weiter zulaufen, weil, wenn man das nicht macht, sich das Leben genau auf diesen Punkt reduzieren wird, nämlich man ist nur noch eine bloße Existenz ohne Inhalt. Zauberhaftes Buch, das einen ermutigt in die Zukunft zu schauen und sich selbst zu fragen, was ist wichtig in meinem Leben.
(Penguin)

ISBN 978-3-328 –60180 – 7 284 Seiten 20,00 € (D) 20,60 € (A)

JULIA HOLBE – Unsere glücklichen Tage – Archiv Januar 2022