BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

VAL McDERMID –

Das Grab im Moor

Unsere Queen of Crime ist wieder da und das auch wieder enorm beeindruckend. Unter anderem mit freundlichen Ratschlägen für die gesunde Ernährung, wenn man ihr denn folgen und einer geballten Ladung von rein pflanzlichen Vitaminen ins Gesicht schauen möchte. Muss auch mal sein. Ihre Handlung ist sehr abwechslungsreich und so hat Karen Pirie von der Abteilung Cold Case wieder alle Hände voll zu tun, um den Ansprüchen ihrer Schriftstellerin zu genügen und deren Forderungen zu erfüllen. Eine davon heißt ja, Mord darf nicht ungesühnt bleiben. Aber erst mal sind sie und Jason Murray, genannt „Minzdrops“, auf eine neue Spur in einem alten Fall gestoßen. Vergewaltigungen und Misshandlungen von Straßenmädchen. Nebenbei bekommt sie von ihrer neuen Vorgesetzten noch eine Laus in den Pelz gesetzt und genauso bekommt sie ein Gespräch von zwei Frauen mit, von denen eine ein richtig großes Problem mit ihrem Ehemann hat. Allerdings ist damit noch nicht genug. Frau McDermid ist der Meinung, das Karen Langeweile bekommen könnte und so hat sie im schottischen Moor, kurz nach dem Abzug der alliierten Truppen von jenseits des Atlantiks, noch zwei amerikanische Motorräder einbuddeln lassen. Die zwei Möchten-gerne-Biker-sein kommen jedoch nicht mehr in den Genuss einer Spritztour und so überdauern die beiden Gefährte so einige Zeit unter der Mooroberfläche, bis eine Enkelin sich auf die Schatzsuche macht. Überraschung! Da war schon vorher jemand aktiv. Man gräbt nicht nur zwei halb antike PS-Geschosse aus, sondern auch eine Leiche und die gibt Rätsel auf. Ein muskulöser Mann, offensichtlich erschossen, mit Nike-Turnschuhen an den Füßen, mit denen man zumindest schon mal in etwa eine Zeit eingrenzen kann, wann der Knabe mit dem Torf zugeschüttet wurde. Kein Cold Case wie er im Buch steht, aber trotzdem historisch anzusehen und eindeutig Mord und da haben beide Frauen, Val und Karen, nun mal die gleiche Meinung. Mord verjährt nicht und eine Aufklärung alter Fälle gibt den Hinterbliebenen zumindest die Gewissheit über das Schicksal. Wo sich beide Frauen nicht einig sind, ist der Umgang von Menschen miteinander. Während Val McDermid der Meinung ist, das man Unterstellte durchaus mal drangsalieren könnte, immerhin entspricht das ja dem wahren Leben und könnte auch den Leseappetit des Lesers steigern, würde Karen Pirie auf Auseinandersetzungen mit ihrer Vorgesetzten liebend gerne verzichten. Und die Laus im Pelz macht es auch nicht gerade einfacher. Im Gegenteil, Detective Sergeant Gerry McCartney ist ein unangenehmer Mensch, mit der herausragenden Eigenschaft, das er zwar zu allem fähig ist, aber nicht wirklich zu etwas zu gebrauchen. Nicht nur das er Karen´s vorgesetzter Stelle Meldung erstattet über alles, was besprochen wird, sondern auch das er eher kontraproduktiv ist, für die Historic Case Unit. Bei dieser Liste kann man davon ausgehen, das es dem Leser und auch den Protagonisten nicht langweilig wird und Val McDermid hatte bestimmt auch viel Spaß am Schreiben. Dazu kommen Selbstzweifel von Karen, weil nicht alles so rund läuft. Klar, wenn man sie von außen und innen torpedieren möchte. Aber wenn man „Minzdrops“ Jason Murray hat und dessen Geistesblitze manchmal in die falsche Richtung gehen, kann das schon aufheitern. Eine Spur im Moorleichenfall führt nach Amsterdam und hier beweist Murray, das er zwar vom Diamantengeschäft keine Ahnung hat, warum sollte er auch, aber zumindest kennt er sich beim internationalen Fußball aus. Wenig hilfreich, aber Stimmung auflockernd. Und eine Empfehlung für Sprachwissenschaftler, oder solche die es werden möchten, mal nach Glasgow zu reisen gibt es auch. Der dortige Dialekt soll recht viele Überraschungen haben, was das Wetter im Zusammenhang mit Alkohol angeht. Frau McDermid schreibt nah am Leben, oder besser, mitten heraus. Und so einiges geht dabei nach hinten los und die Grenzen der Zuständigkeit und Prioritäten verschwimmen. Knallhart soll Karen klargemacht werden, das sie gegen eine hochangesehene und -gestellte Persönlichkeit nicht zu ermitteln hat, auch wenn diese viele Verdachtsmomente auf sich vereinigt, in einem Mordfall verwickelt zu sein. Nicht mit Karen, nicht mit Val und auch nicht mit dem Leser. Sie verhaftet diese Person mitten bei einem Empfang der Ersten Ministerin, wenn auch sehr diskret. Aber, und das unterstreicht Val McDermid auch, eine Verhaftung ist nicht das Ende, sondern erst der Anfang von selbigen. Und so ist Val McDermid immer die Leseempfehlung wert.
(Droemer)

ISBN 978-3-426-28223-6 492 Seiten 16,99€ (D) 17,50€ (A)

VAL McDERMID – Der Sinn des Todes – Archiv Juni 2018