BUCHCOVERREZENSION
Sons.l DasVierteSiegel

LIANE SONS –

Das vierte Siegel

Aaron ist gesegnet. Oder verflucht? Seine Frau Dana ist guter Hoffnung, mit Vierlingen. Nur haben die Wehen ausgesetzt. Was das heißt? Er will sein Leben den Göttern opfern, damit seine Familie leben kann. Liane Sons setzt gleich zum Anfang auf eine dramatische Situation. Aaron bittet um das Leben seiner Angehörigen und, nachdem er erhört wurde, will er seine Rechnung auch bezahlen und Suizid begehen. Nur hat er die Rechnung ohne HAIDAR gemacht, der Schicksalsgöttin, die in ihm einen Gläubigen sieht und ihn mit seinem Leben und einer Götterkette beschenkt, die die vier Faktoren des menschlichen Daseins vereinen soll. Weisheit, Magie, Stärke und Liebe. Nur haben Aaron und Dana kein Interesse an den Machenschaften der Götter. Und so trennt Frau Sons, in ihrer Geschichte, das Ganze mal auf. Aarons und Danas vier Töchter kennen diesen Fakt nicht und bei ihrem Erbe wird die Kette in vier Teile, Siegel, aufgespalten. Was das bedeutet? Der Auftakt zu einem Fantasy-Spektakel vom Feinsten. Vier Reiche bilden sich, nur, da den Grundlagen, die sich gegenseitig ergänzen sollten, jetzt jede Bindung fehlt, gibt es eine Entwicklung, die völlig in die Binsen geht. Was das bei dem Gipfel der Schöpfung heißt, kann sich ja dann jeder selbst ausmalen. Köpfe einschlagen, bis der Arzt kommt, oder auch nicht, weil der selbst schon blutend, irgendwo in der Botanik herumliegt und sein Rettungswagen von marodierenden Horden-Kriegern okkupiert wurde. Frau Sons geht jedoch noch viele Schritte weiter und die Welt wird finster. Zumindest für die Völker ihrer Fantasy-Reiche, die sich jetzt anfangen gegenseitig zu bekriegen und sich Kabale und Intrigen üben, bis zu einen Punkt, an dem sogar ein Niccolò Machiavelli genervt aufgeben würde. Fürst Camora lässt die Sau raus und will die Herrschaft über sämtliche Länder des bekannten Erdenrunds, und darüber hinaus, und dafür ist ihm jedes Mittel recht, vor allem dann, wenn es seinen Vorteil anreichert. Für die Konsumenten von Frau Sons Seiten jedoch wird die Welt bunt, kann für einen Leser aber auch durchaus teuer werden. Einige Ihrer Charaktere toben durch Raum und Zeit, sind so farbenfroh und durchgeknallt, dass man, entweder von seiner Stammkneipe verklagt wird, weil man Bissspuren am Tresen hinterlässt, oder die Hausratversicherung sich weigert, den völlig zerlederten Leseplatz zu ersetzen, mit dem man vor Lachen schon mehrfach nach hinten gekippt ist, was dann die Katze dazu bringt, extrem sauer zu reagieren. Und das kann schmerzhafte Erfahrungen nach sich ziehen. Die man jedoch, im Laufe der weiteren Ereignisse, recht schnell ignorieren wird. Katze hin oder her. Frau Sons hat in ihrer Küche des farbenfrohen Schreibens einige Rezepte vorbereitet, dem Leser den Genuss ihrer Seiten zu Gemüte zu bringen. Als Köchin für Fantasy-Rezepte sollte sie durchaus einen Award bekommen. Wenn das nicht geht, dann zumindest ein Kochbuch herausbringen. Vielleicht gibt es ja dort einen Titel. Oder mal ein gemeinsame Lesung organisieren, wo Außenstehende sich als Alien fühlen müssen, da sie vor lauter Handytickern nicht begreifen, wie geil LESEN, von BÜCHERN! nicht von zweizeiligen, sinnentleerten Nachrichten, eigentlich ist. Die Siegelerben müssen zusammenkommen, haben eine Aufgabe, deren Lösung dem Terrorfürsten einen Riegel vor sein Treiben schieben soll. Prinzessin Caitlin, Siegelerbin vom Nebelreich, verwöhnt und schön, verschroben, egoistisch, dabei so unwissend, was ihre reale Umwelt angeht, das es schon weh tut. Als unwissendes Opfer einer „Familienplanung“, in der ihr Überleben nicht auf der Agenda steht, soll sie auf Reisen gehen. Quer durch die Botanik und das ohne Kleiderschrank, Schminktisch und Staffelei. Dabei hat sie gerade einen neuen Gelbton gemischt. Dieses weltfremde und selbstverliebte Wesen trifft auf Prinz Rhonan, den letzten Siegelerben der da´Kandar, einen ziemlich misanthropischen Typen, dessen trockene Präsenz, im Umgang mit anderen Artgenossen, völlig im Gegensatz zu seinem Lebenswandel steht. Eigentlich ist er schon totgeglaubt, was nicht nur die Erzeuger von alkoholischen Getränken vor ziemliche Wahrnehmungsprobleme stellen dürfte, deren Essenzen er verkonsumiert. Auch die Mörder seiner Familie, und damit eigentlich auch seine, sind bass erstaunt, dass der Trunkenbold Helheim nie betreten hatte. Und stehen dabei vor Rätseln. Rhonan hätte tot sein müssen, dabei springt der Knabe nicht nur quicklebendig, wenn auch des Öfteren im Vollrausch,  zwischen Fauna und Flora herum. Er kann auch noch kämpfen und das dürfte, für einige Leute, die ihm am Zeug flicken wollten, wohl die letzte Erfahrung gewesen sein. Blumen pflücken und daran schnuppern, oder Tiere streicheln, ist garantiert nicht sein Lebensweg. Nun ja, sein Schicksal hat ihm ja einige Tretminen in den Weg gelegt, der Tod seiner Familie dürfte hier Bände sprechen, aber Frau Liane Sons streut auch noch etwas Hoffnung aus. Der Mann ist ein Krieger, und den braucht die freie Welt jetzt dringend. Nicht in diesen alkoholisiertem Zustand aber da soll es ja Therapien geben. Die Monarchen Morwena und Darius, nebst ihrem Nachwuchs stehen vor der Aufgabe, alle Hintertüren für Camoras Pläne zu verschließen. Zahlenmäßig unterlegen, schlagen sie so manche Schlacht. Frau Sons, beflügelt durch ihre Fantasie, hat da so einige Überraschungen zu bieten. Jetzt wissen wir, warum „normale“ Kopfgeldjäger es schwerer haben, als die  Rianer Bergjäger, die, statt den Kopf, nur die rechte Hand ihrer erschlagenen Feinde einkreisen und als Delikatesse verspeisen. Hier schuldet uns Liane das Rezept. Rösten geht ja auf vielerlei Weise. Nur? Wie schmeckt es dann auf Rianer Art? Chicken Wings gibt es ja auch im Supermarkt. Zumindest machen sich die Rianer Bergjäger nicht die Plauze, haufenweise Müllsäcke mit sich herumzuschleppen, wo man dann ungenießbare Köpfe drin lagern sollte, die, zu verzehren es sich nicht lohnt. Die man aber noch im Tross berücksichtigen müsste. Moderne Kriegsführung, hey, Leute, heute geht das auch nicht anders. Das Teil ist der absolute Hammer! Frau Sons dürfte, auf dem Weg zum Fantasy-Thron, mit diesem Buch, so manche Stufe heraufgekommen sein. Das muss man dieser Frau erst einmal nachmachen. Es gibt, viele, richtig gute Bücher, in unserer Zeit. Muss man mal so feststellen. Dieses hat sich dafür qualifiziert, eines der besten unserer Zeit zu sein. Frau Sons? Krone oder Kochbuch. Oder beides?

(Knaur)

ISBN 978-3-426-51898-4   873 Seiten    14,99€ (D)  15,50€ (A)