BUCHCOVERREZENSION
Pattison.e DieAscheDerErde

ELIOT PATTINSON –

Die Asche der Erde

Eliot Pattinson wandelt so ein bisschen auf den Spuren Nordkoreas. Erst lässt er die Welt in Flammen aufgehen, und das sehr nachhaltig, mit Atom- und biologischen Waffen und schon bügelt er seinen Figuren, die das Inferno überleben, einen neuen „Kim Il Sung“ unter. Und verbreitet Endzeitstimmung, da wird man „Wonderful Days“ als Kinderfilm herunterstufen werden müssen. Unter dem Deckmantel der „Demokratie“ und dem  „Schutz“ der Gemeinde Carthage, versucht Lucas Buchanan, der, mehr oder weniger, selbsternannte Oberste Größte Meister, sich im dem Versuch eine neue Diktatur aufzubauen. Hier heißt das „Demokratie“ a`la westliche Welt, mit vielen Abstrichen, was bedeutet, dass die Leute keine Rechte haben, außer dienen zu dürfen. Und blind an den „Großen Führer“ glauben müssen. Machen sie das nicht, droht Verfolgung durch die Schergen Buchanans, die Verbannung, oder noch schlimmeres. Die verstrahlten, mutierten und auch andere kranke Menschen haben hier kein Lebensrecht. Eliot Pattinson hat die Welt auf den Kopf gestellt, ABC-Waffenmäßig neu geordnet und den Rest der Menschheit wieder auf das Niveau eines Frühfeudalismus zurückgeschossen. Der, durch Jonah Beck und Hadrian, als Gründungsmitglieder der Kolonie, im Rat vertreten, neue Blüten treiben soll. Ein gerechter Neuanfang? Dabei ist es aber auch geblieben. Pattinson verurteilt seine Überlebenden zu einem Leben hinter einem „Eisernen Vorhang“. Zensur, Verfolgung, Terror. Nach sich ziehend Kadavergehorsam, ein Leben auf Kniehöhe. Herr Pattinson entpuppt sich als Geburtshelfer für zentralistische Anführer, gibt eine Art Anleitung, wie unterdrücke ich meine Mitmenschen und gebe denen noch das dringende Gefühl, mir aus der Hand fressen zu müssen. Wenn Knochenkegeln angesagt ist, sind brutale Gestalten nie weit entfernt und schon bald werden die Bewohner Carthage´s an ihre Grenzen stoßen. Jonah, der alte Mann, hat das schon sehr früh erkannt, während Hadrian, nach seinem Absturz, noch immer seine eigene Persönlichkeit sucht. Jonah wird ermordet. Obwohl sein Tod minutiös geplant war, geschieht die Ausführung plötzlich sehr überhastet, planlos. Und auch andere Vertreter der Spezies Homo Sapiens verenden plötzlich, gewaltsam. Eliot pflügt eine blutige Spur durch den Rest der Menschheit. Gevatter Tod und Schimmel Blinky sind voll auf Achse. Oder ist Susanne unterwegs, Tods Enkelin? Keine Angst, Eliot ist nicht auf Terry Pratchetts Spuren. Aber eine Art Karikatur unserer heutigen Gesellschaft macht er trotzdem, nur mehr ernsthaft und mit dem dringenden Hintergrund „Wehret den Anfängen“. Buchanan, der sich als der Bringer sieht, könnte man mit den „Merkels“ oder „Schröders“ vergleichen, will eine „gute Botschaft“ überbringen, dabei nur abkassieren und auf anderer Leute Kosten leben. Hadrian darf jetzt Scheiße schaufeln und sonst kann er sich damit vergnügen, der Zielpunkt und Spielball der örtlichen Sicherheitsmacht zu sein. Aber nicht nur Jonahs Tod reißt ihn aus seiner Lethargie, auch eine Reihe von Selbstmorden von Kindern lässt den Mann wieder zu dem werden, was er einmal war. Lehrer, Verantwortlicher für Wissensvermittlung. Der Gegenpart zu Buchanan, der völlig blind für seine Umwelt, selbige terrorisiert. Die „Apartheit“ wieder einführt und nur wenige Menschen als lebenswert anerkennt. Hadrian gehört, komischerweise, zu dieser Kategorie. Die Suche nach den Mördern Jonahs und den Verantwortlichen für die Kindersuizide wird für Hadrian zu einer Odyssee. Eliot eröffnet die Apokalypse nach dem Untergang unserer Zivilisation und siehe da, die Menschen haben nichts dazu gelernt. Man geht sich gegenseitig an die Gurgel für ein paar kleine „Vorteile“. Menschen eben, zu allen fähig, aber nicht wirklich zu etwas zu gebrauchen. Pattinson hat ja schon so einige Zeilen von sich sehen lassen. Mit „Die Asche der Erde“ toppt er sich selbst, mal ganz davon abgesehen, das man David Bowie plötzlich mit ganz anderen Ohren hören wird.

(rütten & loening)

ISBN 978-3-352-00826-9    428 Seiten  16,99€ (D)  17,50€(A)