BUCHCOVER | REZENSION |
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JONATHAN TROPPER –KleinstadthölleEin Buch der Emotionen, hier gibt es die volle Palette. Joe Goffman hat, vor längerer Zeit, die Heimat verlassen und danach ein Buch darüber geschrieben, in dem er nicht besonders rücksichtsvoll oder zimperlich war und viele Dinge schrieb, die so in einer Kleinstadt passieren. Womit er sich dort nicht viele Freunde gemacht hat, naja, vorher hatte er auch nicht so viele soziale Kontakte. Jonathan Tropper lässt sich aus, über Kleinstadtgetratsche und über die Tatsache, dass im freiesten Land der Welt Homosexualität, sprich speziell „Schwul“ sein, schlimmer ist, als seine Präsidenten zu ermorden. Joe ist hetero und seine Erfahrungen sexueller Natur schreibt er natürlich auch sehr ausführlich in seinen Seiten nieder. Jonathan hat eine diebische Freude daran, Joe durch die „Kleinstadthölle“ zu jagen, wohin er nie zurückkehren wollte, aber sein Vater hatte einen Schlaganfall. Sein Bruder Brad, dem er ein ganz persönliches Kapitel hat angedeihen lassen, in seinen Buch „Bush Falls“, lotst ihn zurück, auch wenn der Große selbst nicht davon begeistert ist. Der Empfang für den Erfolgsschriftsteller fällt recht frostig aus. Sein Vater liegt im Krankenhaus, ringt mit dem Tod und seine Umwelt hat nichts Besseres zu tun, als ihn mit seinen Büchern zu bewerfen, ihn zusammenzuschlagen, sein Auto, einen Mercedes der gehobenen Klasse, zu demolieren und ihn in den Knast zu stecken. Von anderen Kleinigkeiten mal ganz abgesehen. Herr Tropper lässt seinem Protagonisten keine Ruhe und auch Carly, dessen Erste Jugendliebe, mit der er auswärts sogar eine zweite Chance hatte, zeigt ihm, nach gewissen Vorkommnissen, die kalte Schulter. Wenn man in einer Kleinstadt, wie dieser, die Mutter seines besten Freundes flachlegt, wenn auch eher zufällig, sich nichts dabei wirklich denkt, außer, dass diese Frau Mittelpunkt seiner pubertären Gedanken war, kann das ja nur in einer größeren Katastrophe enden. Jo Tropper stellt so manches Fettnäpfchen auf und Joe Goffman tritt zielstrebig in jedes von ihnen. Aber es gibt auch kleine Lichtblicke. Wenn Wayne, einer von Joes zwei Jugendfreunden, trotz seines Todes durch HIV, in Joes Kopf herumtobt und dann sagt: „Also das nenne ich eine Beerdigung“, dann hat Joe wohl doch seinen Weg in seine Vergangenheit nicht umsonst gemacht. Humorvoller, aber auch ein nachdenklich stimmender Roman, den Jonathan in Szene setzt. In dem er mit Vorurteilen aufräumt und abrechnet. Amerika, die USA? Das freieste Land der Welt? Tropper führt diese These ad absurdum, das macht er richtig gut und lässt den Leser aktiv daran teilhaben. Er ist ein Schriftsteller, der sich etwas von der Seele schreibt und sich von niemandem vorschreiben lassen würde, was er schreibt. Er geht zwar etwas mit dem Kopf durch die Wand, aber da war er nicht der Erste und er wird auch nicht der letzte bleiben, gerade wenn man sein Thema beim Wickel hat. Tolles Buch, das er hier abgeliefert hat. Hätten wir gerne mehr davon. (Knaur) ISBN 978-3-426-63745-6 429 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A) |