BUCHCOVERREZENSION
Thiemeyer.t Babylon

Thomas Thiemeyer –

Babylon

Herr Thiemeyer hat mal wieder zugeschlagen. Und getreu seiner Maxime, mache dem Leser das Leben leicht, wirft er alles in Waagschale. In Mesopotamien, heute Irak, entdecken Forscher ein ganz irres Teil, den Turm zu Babel. Das legendäre Bauwerk, das zum heutigen Sprachgewirr der Menschen geführt haben soll. Leider steht dieses Baudenkmal in einer der gefährlichsten Krisenzonen der Welt. Dafür bürgt der Irak mit seinem Namen und alle Beteiligten dieser Welt scheren sich einen Teufel darum, Frieden zu stiften. Es lauert ja Gewinnmaximierung, auf Kosten der einheimischen Bevölkerung, die sich, aufgestachelt von allen anderen Parteien, gegenseitig abschlachten. Der Krieg tobt auf allen Ebenen. Und hier soll Hannah Peters Forschungen betreiben und ihr Gönner, Norman Stromberg, ein exzentrischer Milliardär und krank, will das forcieren. Thomas macht das, was er am besten kann. Schreiben. Und… dem Leser eine Geschichte unter zu schieben, die sich auf alle Fantasien dieser Welt beruft.  Einen Kriegsschauplatz in Augenschein nimmt, genau dass mit Forschung, im Sinne der Geschichte der Menschheit natürlich, verbindet und die Vorstellungskraft des Leser fordert, sein Interesse weckt. Hier passt alles zusammen, für den Leser natürlich. Nur, der Turm zu Babel erhebt sich nicht über die Oberfläche der Landschaft. Er materialisiert sich in die Erde. Für Hannah beginnt eine Odyssee, quer durch Raum und Zeit und Dimensionen, die bis dahin keiner kannte. Man taucht nicht jeden Tag in ein biblisches Bauwerk ein, das zu Salomons Zeiten schon Geschichtscharakter hatte, und erst gar nicht in Begleitung seiner Familie, einer Reporterin und Jafar, einem islamistischen Fanatiker, neben dem IS-Kommandant Khalid, der auch mit von der Partie ist, zu einem Gerechtigkeitsanwalt  und Pazifisten mutiert. Dante hat hier Pate gestanden. Thomas Thiemeyer war für mysteriöse Themen schon immer zu haben und er lässt das intensiv heraus hängen. Alhigieri hätte seine wahre Freude daran. Zehn Höllenkreise hat er beschrieben, Thomas hat noch ein paar davor gesetzt. Er lädt zum Tanzen ein, in einem tödlichen Reigen. Mittendrin Hannah und ihr Mann John, nebst Tochter Leni. Ausgenutzt von Norman, dem „Gönner“, der sein „Lebenswerk“ krönen und ein letztes Mal sich im Rampenlicht sonnen und suhlen möchte, stehen sie plötzlich im Zentrum von Mächten, deren Dimensionen sie nicht mal, im geringsten Rahmen, erahnen konnten. Thiemeyers Geschöpfe der Fantasie grasen auf blumigen Wiesen und unter bunten Himmeln, während Hannah, mit Begleitung, sich auf den Weg macht, die Finsternis und die Tiefe zu erkunden, die Menschen schon seit Urzeiten beschäftigen, manchmal in Vergessenheit geraten sind, nicht desto trotz, immer noch unter der Oberfläche schwelen. Thomas holt das wieder nach oben.

(Knaur)

ISBN 978-3-426-65363-0   523 Seiten    14,99€ (D)  15,50€ (A)

THIEMEYER, THOMAS – Devil´s River – Archiv April 2015

THIEMEYER,THOMAS – Korona – Archiv ältere Rezensionen