BUCHCOVERREZENSION
Huesken.s Papa

SVEN HÜSKEN –

Papa

Wer auch in näherer Zukunft interessante Thriller lesen möchte, sollte sich den Namen Sven Hüsken in seine Agenda schreiben. Mit „Papa“ hat er hier ein Bravourstück abgeliefert, wonach man sich doch alle Finger lecken muss. Wo der Verlag Knaur solche Schreiber ausgräbt, bleibt ein Rätsel, gut für den Leser ist die Publikation. Und Herr Hüsken greift sofort auf breiter Front an. Thomas Ried, verurteilter Mordbube in mehreren Fällen, wurde als „Patient“ eingestuft und genießt die Therapie in einer geschlossenen Anstalt für, ja für was? Das Wen zu fragen, übersteigt dann doch manchmal das Verständnis. Er ist, laut Anstaltsleitung, therapierbar, warum auch nicht. Neben seiner mörderischen Veranlagung, war er ja auch mal ein Familienvater und Ehemann. Dass man innerhalb des Familienclans eher ahnungslos war, spricht ja „auch“ für ihn. Seine Opfer werden nicht gefragt, was ja auch verständlich ist, sie können nicht mehr antworten. Obwohl die Sprache der Toten einen eindeutigen Dialekt hat, wird darauf verzichtet, sie eingehend anzuhören. Die Blindenhund-Abteilungen unserer, so hoch gelobten, Justiz und Demokratie feiern Fressorgien und schlagen sich gegenseitig auf die Schulter, wir haben schon wieder einen Straftäter bekehrt. Die Opfer werden unter den Teppich geschoben, ist ja nur ein unappetitlicher Anblick, in Hinsicht auf unser gut durchorganisiertes Leben und den ersparen wir uns. Wir können uns selbst feiern. Und so darf Herr Ried, laut Sven, es sich in einem Sanatorium für völlig gestörte Geistesbehinderte gut gehen lassen und sich der „Kunst“ widmen. Sven Hüsken schwingt den Streitkolben und probt schon mal den Aufstand. Wäre er Anwalt, würden ihn alle Opfer sofort mit dem Mandat betrauen, unsere Gesellschaftsordnung schafft das ja nicht. Ist zwei Jahre her. Und jetzt lässt er die Apokalypse von der Leine. Thomas Ried, obwohl unter strengster Bewachung stehend, entschwindet spurlos aus unserer so humanitären Einrichtung zur Pflege für unnütze Vollpfosten aller Art. Kurz darauf taucht jedoch ein neues Mordopfer auf, das jedoch auf demokratische Unterstützung verzichten muss. Man ist jetzt zwar alarmiert, aber die entscheidenden Schritte geht man nicht, weil dieser Weg blockiert wird. Man kann ja so heroische Errungenschaften, wie „Mörderpflege“, nicht wirklich diskreditieren.  Und das man in der Anstalt Hand angelegt hat, um diese Flucht zu realisieren, eher unbedarft, weil völlig blind für die Realität, kristallisiert sich messerscharf heraus. Der Delinquent war immer unter Kontrolle, bis zu dem Augenblick seiner Flucht. Herr Hüsken gräbt am Verständnis für Demokratie. Nicht, weil wir Demokratie  nicht wollen, sondern weil es immer wieder Leute gibt, die sich darüber hinweg setzen und zwar ohne Rücksicht auf Verluste, die wir tragen müssen. Sven, auf Konfrontation mit einem System, das wir alle nicht verstehen. Und er setzt noch einen drauf. Rieds Tochter, Lillian, wird vermisst und die Spuren am Tatort weisen einen Weg, dem man nachgehen sollte. Wenn Herr Hüsken schreibt, dann dürfen sich seine Ermittler auf eine Katastrophe einrichten, wogegen so manche Naturgewalt zu einem lauen Lüftchen mutiert.

(Knaur)

ISBN 978-3-426-51701-7   378  Seiten     9,99€ (D)  10,30€ (A)