BUCHCOVERREZENSION
Boeckli.b Flammenkueste

BIRGIT BÖCKLI  –

Flammenküste

Man gewöhnt sich doch ganz schnell an ein normales Leben. Im „Friesensturm“ hat Hauptkommissar Thomas Berg Berlin den Rücken gekehrt und sein Domizil ins Friesland verlegt, wo er, nicht nur Abstand zu seinem vorherigen Leben sucht, sondern auch, mit seiner Kollegin Freda Althuis, den Polizeialltag am Laufen hält. Soviel zum Thema, man wohnte mal in der Weltstadt und will jetzt die Inselidylle. Könnte aus einem Urlaubskatalog stammen. Frau Böckli ist jedoch Krimiautorin und keine Reiseverkaufsfrau.  Und schon knallt es auf Spiekeroog. Angefangen von Sachbeschädigungen, wie Wandgraffitis, Knallfröschen im Briefkasten, nimmt der Weg der Gewalt beim Abfackeln eines Hühnerstalls richtig Fahrt auf, die Hühner hatten vielleicht doch andere Zukunftsvorstellungen. Und gipfelt in gewalttätigen Übergriffen auf Menschen, die nicht zu den Einheimischen gehören und, wie, so oft, mit Vorurteilen belastet sind. Josua, Sohn von Anna, zugezogen aus einer  Großstadt, gerade mal dreizehn Jahre alt, trifft das mit voller Wucht. Kinder sind grausam, aber wie weit würden sie gehen, wenn nicht noch etwas anderes dahinter stehen würde. Eine Frage, die Frau Böckli an den Leser weitergibt. Danach entfesselt sie die Flut. Josua, vorgeblicher Pyromane, wird nicht gefragt, sondern verfolgt, wie ein tollwütiges Tier und bei einem „blauen“ Auge, wie unter Kindern „normal“, wird es nicht bleiben. Berg und Althuis, im Schlepptau mit dem Rentner und, Gott sei Dank, Insulaner, Erik Johansson, haben alle Hände voll zu tun, sich durch das Geflecht von Geheimniskrämerei zu forsten, sie sind ja selbst keine Einheimischen und werden deswegen äußerst misstrauisch beäugt. Und immer wieder gefragt, „wat isn nun“, um sich dann neue Ratschläge anzuhören, die nicht wirklich hilfreich sind. Dass hier ein Kind zum Opfer wird, interessiert kaum ein Schwein. Und selbst die, wir sind ja so was von menschenfreundlich, sprich die christlichen, wir wollen ja Gott auf Erden vertreten, blasen ins Horn „Hexenjagd“, und verschließen ihre Augen vor möglichen Konsequenzen. So dreht sich die Spirale der Gewalt weiter. Mittendrin Birgit Böckli. Wortgewandt schildert sie die Engstirnigkeit so einiger Mitbürger in schillernden Farben und entfaltet das volle Programm, wenn sich Menschen Dinge antun, die in keinem normalen Verhältnis stehen. Manchmal ist das Landleben doch nicht so idyllisch. Vor allem dann, wenn Entführung und Erpressung als probate Mittel angesehen werden, den Inselalltag „aufzulockern“, um sich selbst mal so ganz schnell zu bereichern, wieder gezündelt wird und Menschenleben in Gefahr zu bringen schon zu einem Volkssport wird.

(Knaur)

ISBN  978-3-426-51407-8    301 Seiten   8,99€ (D)  9,30€ (A)