BUCHCOVERREZENSION
Erikson.s DasReichDerSiebenStaedte

STEVEN ERIKSON  –

Das Spiel der Götter 2 – Das Reich der sieben Städte

In punkto richtig gute Fantasy zu lesen, entpuppt sich Steven Erikson als großes Kino. Sein Epos „Das Spiel der Götter“ zieht den Leser sofort in den Bann. Er ist einfach klasse und hat es faustdick hinter den Ohren, seine Jünger in eine neue Welt zu führen, und sie folgen ihm bedingungslos. Icarium sucht nach seiner Vergangenheit, der Jhag hat vermutlich eine besondere Form einer Amnesie, dafür hat er einen Reisekameraden und Kampfgefährten, Mappo, den Trell. Um sie herum schwelen die Konflikte. Viele Widersacher kreuzen auf, nur weiß noch keiner so richtig, um was es geht. Alle fühlen sich von einem Epizentrum der Macht angezogen. Da bekanntlich viele Wege nach Rom führen, geht Erikson auch nach vielen Landkarten. Und erschafft einen Roman, der dem Namen Epos einen neuen Klang verleiht. Viele alte Zivilisationen sind untergegangen, haben ihre Spuren hinterlassen, mehr oder weniger lesbar, neue sind auf den Artefakten dieser Lebensformen entstanden. Nur verstehen die modernen noch die alten? Steven zieht den Fakt der Geschichtsschreibung mal völlig neu auf, hier ist nicht die des Siegers ausschlaggebend, der da die Unterdrückten und Besiegten in Unwissenheit hält, was die Vergangenheit betrifft, sondern buddelt verschüttetes Wissen aus, was wir in unserer, so hochherrlichen modernen „Demokratie“ vergessen haben. Der Aufstand, der vor sich hin schwelte, bricht mit aller Macht los und mit ihm alle Scheußlichkeiten, die eine Kriegführung mit sich bringt. Von Brandschatzung über Vergewaltigungen, sinnlose Morde, die gesamte Palette. Nur einzelne leisten tatsächlich noch Widerstand. So der Wickaner Coltaine, der mit der Siebten Armee und seinen Clankriegern einen Flüchtlingstreck beschützt und immer wieder einen Weg findet, sich aus der Umklammerung der Fanatiker des Wirbelsturms zu befreien. Der Mann ist zu einer lebenden Legende geworden und Adlige, die auf ihre Vorrechte pochen, sind ihm scheißegal. Ein Mann, der sich der Strategie verschrieben hat, sein Umfeld so gut wie nur möglich zu schützen und seinen Schutzbefohlenen zu dienen, dabei Klassenunterschiede völlig außer Acht lässt. Vor kurzer Zeit war er noch ein Feind des Imperiums, jetzt ist er ein Befehlshaber und vor allem, unbestechlich, Wickaner kann man nur gewinnen, nicht kaufen. Fiedler, Pioniersoldat, der weite Wege gehen muss. Kulp, ein Magier, den sein Schicksal in einen Götterkult purzeln lässt, von dem er eigentlich nichts versteht. Kamal, der Assassine, dem seine Ruhelosigkeit die Anwesenheit eines Dämons beschert hat, der zwar nicht spricht, aber kämpft. Duiker, der Historiker, über den Steven Geschichtsschreibung neu definiert. Steven Erikson erweckt seine Figuren zu einem enormen Eigenleben, nicht immer ist eine Figur sympathisch und trotzdem fiebert man mit, oder das Gegenteil ist der Fall, dem Charakter könnte man die Füssen waschen, nur um zu erkennen, dass man auf das falsche Pferd gesetzt hat. Erikson spleißt ein Seil mit vielen Windungen und erschafft ein enorm starkes Stück Fantasy-Literatur. Mit seinen Seiten öffnet er eine Sichtweise auf unsere heutige Zeit, wie gehen wir miteinander um, wie teuer ist Leben und wie billig kann es werden, wenn eigensüchtige, extrem skrupellose, Mächte am Werk sind, die für ihre Ziele über Leichen gehen und keinerlei Ambitionen zeigen, soziale Kompetenz erkennen zu können oder/und wollen. Er reitet mit der Apokalypse bis zum bitteren Ende.

(blanvalet)

ISBN 978-3-442-26965-5   497  Seiten  9,99 € (D)   10,30 € (A)