BUCHCOVERREZENSION
Brenner.w HoneckersGeliebte

WOLFGANG BRENNER  –

Honeckers Geliebte

Deutschland und Deutschland. Ein ewiges Thema. Die DDR hat das Rennen aufgegeben, die BRD hat´s, nicht wirklich, gewonnen. Verloren haben, wie immer, die kleinen Ameisen im Staat. Wolfgang Brenner fast ein ziemlich heikles Thema auf. Sollen sich doch so manche Möchtegernstaatsschützer, Wendehälse, Wendegewinner, weil skrupellos und umtriebig, Demokraten und ähnliche Aktivisten, denen es nur um den eigenen Vorteil ging und geht, auf den Schlips getreten fühlen. Erika Schmitz, beheimatet in Wiebelskirchen, dem Heimatort Erich Honeckers, hat die Möglichkeit, im Jahr 1984, im Rahmen eines Besuchs der „Jungen Union Saarland“ in Ostberlin, dem Staatsratsvorsitzenden der Deutschen Demokratischen Republik zu begegnen. Sicher hat die Stasi ein Auge drauf, nur andere Geheimdienste tun es auch. Wo fängt was an, wo hört was auf? Wer hat die Menschlichkeit gepachtet? Brenner zieht Erika in ein Verwirrspiel, das nur Leute verstehen, die, entweder Vorteile aus der Situation ziehen können, oder, als Handlanger fungieren, und sich dementsprechend groß fühlen, auf allen Seiten. Heißes Pflaster für eine junge, unbedarfte Frau, die keinem wehtun will, von allen Seiten erpresst wird und Angst um ihren alten Vater hat, der als Köder für ihre Zusammenarbeit in die Waagschale geworfen wird. So zieht sich die Schlinge um ihren Hals immer enger. Sie soll als Honecker Geliebte in die Geschichte eingehen, damit man dem Parteibaron ans Bein pinkeln und seinen Sturz genussvoll einleiten kann. Ein Bäumchen-wechsel-dich-Spiel, dem das saarländische Hüttenkind nicht wirklich gewachsen ist. Eine Leidensgeschichte, wie sie auf beiden Seiten der damaligen Staatsgrenze hätte passieren können. Passiert ist. Zu ehrlich ist Erika und zu verlogen unsere Gesellschaften auf allen Ebenen. Interessante Lektüre zum Thema deutsch-deutsche Beziehungen, den Verquickungen der Geheimdienste, egal welcher Couleur, dem Wert des menschlichen Lebens in einer, sich selbst lobenden Gesellschaft, die Leben so billig macht, wie Schlachthähnchen, nur weil die  Machtbagage mal wieder einen Punkt gewinnt. Denen Leben so scheiß egal ist wie nur sonst was. Nur über das Opfer spricht man nicht, wenn man es nicht ausschlachten kann. Die Leiche im Keller bleibt unangetastet, bis jemand den Mut hat, in diesem Falle Wolfgang Brenner, den Anwalt zu stellen, um Unschuldige oder Unbedarfte, die ins Fadenkreuz der Machtgeilheit geraten sind, zumindest, im Nachhinein zu rehabilitieren. Er nennt die Hunde und ihre Halter. Mutiger Roman, gerade jetzt, in einer Gesellschaft, die sich selber feiert, hoch lobt, angeblich so gerecht und doch so erbärmlich ist, in ihren fadenscheinigen Lügen.

(Jaron)

ISBN 978-3-89773-590-3  287 Seiten     9,95€ (D)