BUCHCOVERREZENSION
Helmich.h StadtDerSpitzel

HANS HELMICH –

Stadt der Spitzel

Wer hätte gedacht, dass die großen Krimischreiber ausnahmslos bei großen Verlagen zu finden sind. Nee, auch kleinere Vertreter der verlegenden Kunst können mit diversen Wunderautoren aufwarten. Mit der Spitzelstadt hat Hans nicht nur ein spannenden Krimi hingelegt, sondern sich auch auf recht brisante Themen eingelassen. Die Russenmafia und ehemalige KGB-Agenten (wo ist der Unterschied), sowie weitere gefährliche Subjekte drücken sich gegenseitig die Klinke in die Hand. Und mittendrin Fernsehreporter Martin Pollock, der für seinen Berliner Sender den Polizeireport macht. Nach einem Abriss eines Altbaus, der Anfang der Achtziger Jahre im Mittelpunkt der Besetzerszene stand, werden menschliche Knochen gefunden. Nun beginnt erst mal das übliche Puzzlespiel. Gucken, was die Polizei auf der Pfanne hat, was die Konkurrenz aufbietet, eigene Fragen stellen, der übliche Alltag der Branche. Wer war der oder die Tote, die Ursache des Ablebens, welches Motiv hatte der Mörder. Was relativ harmlos beginnt, entwickelt sich für Journalisten zu einem puren Alptraum. Er kann eine Spur aufdecken, nur kommt er nicht weit mit seinen Recherchen, da jemand recht gut über seinen Stand informiert ist, Pollock hat einen Fuchs im Hühnerstall und der ist verdammt interessiert daran, seine Pfründe zu schützen. Für bestimmte Kreise wird Pollock gefährlich, man versucht erst mal unauffällig ihn von seinen Recherchen abzuhalten, in dem man ihm neue Aufgaben zuweist. Weil das nicht so funktioniert, werden die Mittel, ihn zu bremsen, immer massiver und brutaler. Und Martin wird immer paranoider. Er bekommt Verfolgungswahn und das nicht ohne Grund. Was Helmich an Spitzbuben und Schwerverbrechern parlieren lässt, die Liste wird immer länger, da bekommt man den blanken Horror. Und er gibt Einblicke in Hintergründe, Vorgeschichte und Verquickungen des organisierten Verbrechens, da fällt einem das Frühstück, nebst allen anderen aus dem Gesicht. Nur das viele von diesen Figuren gesellschaftlich anerkannt sind, Hans gibt einen repräsentativen Einblick in unsere Gesellschaft, wie sie abseits unseres Dunstkreises funktioniert. Wo das schmutzige Geld gemacht wird und welche Schutzfunktionen dieser Kreise plötzlich greifen, ist schon interessant. Mit diesen Leuten will man nicht wirklich mal ein Bier trinken. Wenn menschliche Gier nach Geld, Macht und ähnlichen Interessen einen Straßennamen hätten, wäre die Milchstraße nur ein unbedeutender Feldweg.

(Pendragon Verlag Bielefeld)