BUCHCOVER | REZENSION |
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Elena Melodia –NachtAlles unter Kontrolle zu haben ist ein Wunsch so mancher unserer Mitmenschen, unter anderem auch Alma, der unumschränkten Herrscherin ihres Schulhofes. Zu mindestens versucht sie sich in der Rolle. Nur hatte sie in früheren Zeiten einen Autounfall, der ein, zwei Sachen in ihrem Leben verändert hat, was sie sich selbst noch nicht eingesteht. Und so manches andere traumatische Erlebnis säumt ihren, bisher relativ kurzen Lebensweg. Ihre jüngeren Halbgeschwister haben ihren Vater durch Suizid verloren, und sind dementsprechend nicht wirklich gut drauf. Evan, vierzehn Jahre alt, hat jeden Kontakt zur Welt verloren, Lina ist noch jünger und, seit der Katastrophe, nur noch stumm. Ihr eigner Erzeuger ist weit, weit weg. Sie lebt erst mal in den Tag hinein, wichtige Teenager-Sachen stehen auf der Tagesordnung, alles andere ist derzeit noch in ziemlicher Entfernung. Professor K. ist so etwas wie ein kleiner Schwarm von ihr, scheint, außer einem Lehrer, ein recht interessanter Mann zu sein. Und nun lernt sie auch noch Morgan kennen, einen Jungen, der so anders ist, als die Typen, die jedem Rock hinterhersteigen und sich hochleben lassen, wenn sie einem Mädel mal ´nen Kuss ab gequatscht haben. Und einem dieser Vertreter haben sie und ihre Clique gerade sehr übel mitgespielt. Rache war das Motiv. Sie schreibt, mehr oder weniger bewusst, eine Art Tagebuch. Die letzte Begebenheit, einen Mord an einem Werbefachmann, hat sie eher ziellos, als Ergebnis eines Traumes, aufgezeichnet. Aber dieser Mord war, in allen Einzelheiten, real. Hinterher! Diese Erkenntnis wirkt auf den pubertierenden Teenager extrem schockierend, aber noch begreift sie nicht, was wirklich passiert. Nun löst sich ihr kleines Königreich des Schulhofes noch in Wohlgefallen auf, ihre Freundinnen gehen seltsame Wege, ziehen sich in ihre eigene Gedankenblasen zurück und wollen nicht darüber reden. Hilferufe von seelisch und körperlich missbrauchten Mädchen. Aber wirklich Hilfe leisten, dazu ist Alma nicht in der Lage, weil sie ja selbst Probleme hat. Noch ein Mord geschieht, genauso sorgfältig von ihr dokumentiert, und geträumt, wie der erste. Und schon hat sie das nächste Schlaferlebnis. Sie kommt zwar in die Nähe des Opfers, kann aber nichts machen, wie auch, sie ist siebzehn Jahre alt und ihre Erfahrungen mit Schwerverbrechern dieses Kalibers halten sich doch in sehr engen Grenzen. Nur jetzt hat sie einen Anhaltspunkt, einen Aufhänger, an dem sie ihre Gabe, Warnträume zu erleben, einsetzen kann. Nur wissen das auch andere. Sehr schnell getakteter Roman über Gaben, die jemand haben kann, aber nicht wirklich darüber sprechen wird, schon gar nicht in so einem Fall. Dazu kommt die Jugend der Protagonistin, die ihre eigene Gabe ja erst mal versuchen muss zu verstehen, das Mädel hat nicht wirklich Lebenserfahrung und wird mit solch schockierenden Erlebnissen konfrontiert. An Spannung lässt das Teil nicht vermissen, passiert doch auf jeder Seite etwas Neues. Und wieder Träume, die sie aus dem Schlaf reißen. Elena Melodia macht in ihrem Roman keine Gefangenen. Es geht Schlag auf Schlag. Sie lässt dem Mädel keine Ruhe, nur gut, dass Alma eine erfundene Person ist, ansonsten wäre sie ein Fall für den Meisendoktor, so viele verquere Sachen verkraftet kein normaler Teen, ohne weitreichende Folgen, wie Alkohol- und, oder Drogensucht und, höchstwahrscheinlich, Suizidgedanken. Die Autorin schreibt wahrlich mit dem Messer zwischen den Zähnen und ist wahrscheinlich nur ein Block davon entfernt, die ganz schwere Artillerie einzusetzen. Aber erst mal nimmt sie den Leser mit einem Bombardement ins Visier, in dem sie es richtig krachen lässt, immer wieder neue Wendungen und Erkenntnisse, die wie Minen explodieren und dem Weg des Literaturkonsumenten eine neue Richtung geben. Das ist blanker Wahnsinn. Und glaubt es, schon knallt die Ari und dann kommen die schweren gepanzerten Reiter und mit ihnen das Feuerwerk der Apokalypse. Nur haben die Jungs ihren Pferden, im Stall, Ruhe gelassen und dafür die Panzer aus der Garage geholt, um den Bücherwurm mal so richtig zu überrollen. ISBN 978-3-426-28333-2 441 Seiten Pan |