BUCHCOVERREZENSION
King.s ColoradoKid

Stephen King –

Colorado Kid

Stephen King mal  eher nachdenklich, aber mit einer guten Geschichte. Wunderbar zu lesen, zum Mitdenken geschrieben, geschaffen um Fragen zu stellen, Fakten sichten und sortieren, hinterher auswerten und eine eigene Theorien entwickeln. Nur Lesen ist hier nicht angesagt, sondern mit recherchieren und nachdenken, was wäre, wenn, das Unmögliche, frei nach Sherlock Holmes, auszuschließen ist dann und gucken, was übrig bleibt. Mit „Colorado Kid“ hat der Meister des Horrors und des Gruseln, mal eine etwas Literaturlandschaft betreten, als man es sonst von ihm gewohnt ist. Hauptakteure dieser Novelle sind Vince Teague, knapp 90 Jahre, Betreiber einer kleinen Zeitung im US-Bundesstaat Maine, Journalist aus Berufung. Sein Partner, Dave Bowie, etwa 65 Jahre, mit dem gleichen Berufsethos, und dazu, als krasses Gegenstück, die 22jährige Stephanie McCann, die ihr Praktikum bei den beiden Zeitungsherausgebern macht. Die zwei alten Herren haben eine Geschichte, irgendwann anno 1980 fand man an der Küste Maines,  im Heimatort der Journaille „Weekly Islanders“, einen Toten. Unbekannter Mensch, kein Einheimischer. Unser dynamisches Duo, damals jünger, fingen mit den Recherchen an, um journalistisch gesehen, aus einem Fakt eine Meldung, mit einer Geschichte für den Leser zu machen. Nach monatelangen Bemühungen gelang ihnen so mancher Erfolg, unter anderem konnte, aufgrund ihrer Bemühungen, der Verschiedene identifiziert werden und seine Witwe bekam, wenigstens, die Lebensversicherung. Der Dahingegangene hat plötzlich einen Namen. Trotzdem war der Tod des Mannes, ist es bis heute, noch immer rätselhaft. Journalismus ist eigentlich Herzenssache, nicht wie heute, bloßes Geschäft und lobbyistische Meldungen, einschließlich der Selbstbeweihräucherung unserer, sogenannten Promis, ob Politiker, Superstars und ähnlicher sportlich betriebener Dummheiten. Eine Tatsache, die von der GEZ mal eindeutig ignoriert wird. Aber S.K. wendet sich ja nicht an eine Institution, die für ihren Schwachfug bekannt ist und/oder? an irgendwelche Vollpfosten, die sich für den Nabel der Welt halten, ansonsten so dämlich sind, wie Kanada groß ist, sondern an den, der Praktikant bei unseren beiden Journalisten aus Leidenschaft sein möchte. Und so bohrten Vince und Dave immer weiter, konnten Fakten zusammentragen, die aber jeder Auswertung zu einem Geschichtenende zu kommen, trotzen konnten. Und hier kommen unsere Praktikantin Steffi ins Spiel, und der geneigte Leser. Beide Zeitungsurgesteine weihen sie ein, wollen ihre Meinung wissen und stacheln sie an, Fragen zu stellen, die sie sich selbst schon gestellt haben und versuchen immer weiter in diesem Fall weiter zu graben. Weitere Fragen auf zu werfen und vielleicht eine Antwort zu bekommen ist das hehre Motto. Es gibt viele Punkte, die man verbinden könnte, aber hier kommt es ganz anderes, dem Leser wird kein Ergebnis präsentiert, sondern er soll sich selbst seine Geschichte spinnen. Norne spielen, wow. Stephen King ist unbestreitbar eine Koryphäe des geschriebenen Wortes, hier übertrifft er sich selbst. Er baut dem Konsumenten seiner Inszenierung zwar ein Gerüst von Tatsachen auf, lässt aber viel Platz für Spekulationen. Er will, dass wir uns selbst Gedanken machen, nicht blindes Vertrauen in die Handlung haben, welche er uns auftischt, sondern uns selbst mit der Geschichte identifizieren und weitere Fragen stellen. Wer nicht fragt, bleibt dumm, wer fragt muss nicht unbedingt auch eine schlüssige Antwort bekommen, aber hat weiteren Freiraum für weitere Nachforschungen. King entpuppt sich als wohlwollender Frager, der diese Aspekte weitergibt und weiterfragen empfiehlt. Eine interaktive Geschichte, an der jeder, der es will, weiter tüfteln sollte. King hat hier ein kleines Testament geschrieben. Manchmal kann man mit etwas weniger, viel mehr sagen. Sicher wird man ihn festschrauben auf seine Romane, aber diese Geschichte wird im Gedächtnis bleiben. 100 pro.

ISBN 978-3-453-43396-0     159 Seiten    7,95€ (D)   8,20€ (A)
(+16 Bonusseiten)

Heyne