BUCHCOVER | REZENSION |
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LILIANA LE HINGRAT –Das dunkle Herz der WeltWas für ein Buch. Das muss man erstmal wirken lassen. Lilianna Le Hingrat lässt das Mittelalter wieder auferstehen und präsentiert einen fantastischen historischen Roman, in dessen Mittelpunkt zwei schillernde Gestalten stehen, Vladislav Draco, Fürst der Walachei, noch ohne Herrchersitz, und János Hunyadi, ein ungarischer Adliger, der die Geschicke seines Landes maßgeblich beeinflusst hatte. Lilianna zeichnet beide Lebensläufe recht anschaulich nach, wie aus Freunden Feinde, wie Menschen, im Zwange der Politik, hin und her gerissen werden. Vor der Lektüre wird wärmstens empfohlen, sich den Anhang zu Gemüte zu führen, um sich in die Personalien hinein zu lesen. Vladislav wurde Ritter des Drachenordens, wie auch schon sein Vater, und will dessen Thron für sich beanspruchen. Und das in einer Zeit, als alle Feudalstaaten in Europa gegeneinander kämpfen, die Hussiten Bambule machen, gegen die katholische Kirche, die sich völlig angepöbelt fühlt und den „Heiligen Krieg“ ausruft, auf das die Menschen sich gegenseitig erschlagen, natürlich nur zum Wohl der Dreifaltigkeit des Glaubens. Frau Le Hingrat gibt den historisch überlieferten Personen eine Bühne, auf der sie sich dem Leser präsentieren können, mischt aber auch erdachte Figuren mit in die Handlung mit hinein, um ein paar andere Aspekte, zum Beispiel den Naturglauben der Daker anschaulich zu dokumentieren. Zum Leidwesen einiger klerikaler Kasperköpfe, die den letzten Schuss nicht gehört haben. Die Autorin bleibt immer nah am Geschehen, schreibt farbenfroh, sofern man finstere Zeiten so darstellen kann. Über Europa schwebt das Damoklesschwert, die Türken werden unternehmungslustig und schon haben die christlichen Herrscher ein Problem. Nicht nur das sie sich gegenseitig die Butter vom Brot klauen wollen. Jetzt tritt ein Gegner auf den Plan, der die Butter UND das Brot haben will. Im osmanischen Einzugsbereich herrscht mehr jedoch mehr Glaubenstoleranz, als das christliche Abendland vertragen will. So wird jeder Landesvater, der Schutz und Beistand beim Sultan sucht, um nicht mit seinem Volk unter die Räder der allgemeinen Kriegspolitik zu geraten, kurzerhand von der „Allein Seelig machenden Institution“ im Vatikan zum Verräter deklariert. Und obwohl man, gerade in Europa, sich adlig ausgesucht weiter fortpflanzen will, wird keine Rücksicht auf „Familienbande“ genommen, im Gegenteil, Kinder werden zu politischen Geiseln und Druckmitteln, aber auch vor Mord schreckt man nicht zurück. Bewaffnete Auseinandersetzungen sind an der Tagesordnung, jeder verbündet sich mit jedem, je nach Windrichtung. Die Walachei wird zum Mittelpunkt in einem Krieg, den keiner wirklich gewinnen kann, verloren jedoch haben die meisten Menschen dieser Zeit. Liliana Le Hingrat gibt Geschichtsunterricht vom Feinsten und, auf trächtigem Boden spielend, kommen hier trotzdem keine Vampire oder Werwölfe vor. Was sich Menschen gegenseitig antun, beschreibt unsere Autorin recht anschaulich, ohne das Zutun von diversen Wiedergängern. Zumindest wissen wir jetzt, wo gewisse Namen herkommen, die in den Fantasy-Geschichten herumgeistern und können deren Vergangenheit nachvollziehen. Da gibt es nur ein Fazit! Hammerstarker Roman! Lektüre vom leckersten, was es gibt. (Knaur) ISBN 978-3-426-51759-8 762 Seiten 14,99€ (D) 15,50€ (A) |