BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

SINA BEERWALD –

Das Inselmädchen

1931 schreiben wir und so langsam, aber sicher, sind die Herrschaften im Braunhemd nicht mehr nur heimlich unterwegs, sondern offen marodierend und so menschenverachtend, das viele das viele Menschen das noch gar nicht glauben können. Es zieht sich ein Riss durch alle Gesellschaftsschichten und auch durch Familien. Noch ist das für Moiken kein Thema, da es sich zwar am Horizont schon drohend ankündigt, man aber immer noch Ausreden hat, sich mit diesen Aspekten erst mal noch nicht beschäftigen zu müssen. Viel wichtiger für Moiken ist, das ihre Tochter Frieda nicht auf dumme Gedanken kommen und ihre große Liebe Mathis heiraten möchte, der in ihrem Hotel als Portier arbeitet. Und so mit einer doch tragischen Situation in einer Familiengeschichte beginnt Sina Beerwald einen literarischen Reigen, der übergreift auf die politische Situation der damaligen Zeit und das hat es wirklich in sich. In ihrem dritten Teil zum Thema Sylt und der einheimischen Moiken, samt gesellschaftlichem Umkreis gibt sie noch mal ein Paukenschlag, der Menschen die Augen öffnen sollte, was in ihrer Umgebung passieren kann, wenn man nicht darauf reagiert, was man dann die Abschaffung von Menschenrechten und die Errichtung einer menschenverachtenden Diktatur und die Einführung eines Systems von Denunzianten nennt. Fromme Wünsche können da durchaus fehl am Platze sein. Und so kümmert sich Moiken erst mal um das Tagesgeschäft in der „Strandvilla“ und im „Dünencafe“ und das ist viel Arbeit. Vor allem, weil sie ihrer jüngeren Tochter, ihrem Inselmädchen, noch die Liebesflügel stutzen muss, denn ein Portier und eine Hotelerbin in den Stand der Ehe treten zu lassen, gehört sich, nach ihrer Auffassung nicht, obwohl gerade sie ja auch ein gebranntes Kind in dieser Richtung ist. Dazu kommt die offene Bekenntnis ihres Mannes für das Diktat der Braunhemden, in deren Bewegung er eine entscheidende Rolle spielen möchte. Familienroman auf einer idyllischen Insel vs. Politischer Katastrophe. Das birgt atemlose Spannung in sich und Sina Beerwald kann man als eine Meisterin in ihren Seiten bezeichnen, in denen sie das bildgewaltig umsetzt. Hier kommt einem ein Zitat von Thomas Mann ins Gedächtnis, der in seinem Werk „Zauberberg“, das in Davos spielt, kommt einem auch bekannt vor, sagte, „Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt“. Sina Beerwald hat das richtig gut beschrieben und ist auch zeitnah an ihrer Handlung dran, da kann man sich alle Finger nach ablecken. Eine Zeitreise in die Jahre 1931 bis 1945, mit der die Autorin sich jedoch alle Optionen offen hält, vielleicht doch noch eine Folge dem interessierten Leser zu präsentieren. Wer die ersten zwei Teile verpasst hat, „Die Strandvilla“ und „Das Dünencafe“, dem sehr warm ans Herz gelegt, dieses zeitnah zu ändern, weil es lohnt sich, in die Welt von Sina Beerwald einzutauchen.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52785-6 460 Seiten (mit +) 9,99€ (D) 10,30€ (A)

SINA BEERWALD – Hauptsache, der Baum brennt – Archiv Dez. 2018