BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

ADRIENNE BRODEUR –

Wild Games - Meine Mutter, ihr Liebhaber und ich

Das ist doch mal ein prachtvolles Exemplar, dafür, wie sollte ich meine Kinder doch lieber nicht erziehen. Adrienne Brodeur schaut auf ihre Kindheit und da dürfte man wohl einhelliger Meinung sein, das war wohl nicht ganz so prickelnd. Mal abgesehen davon, das wir heute nachvollziehen können, warum es bei Flugreisen, wenn überhaupt, nur noch Plastikbesteck gibt. Ganz klar, Adrienne war plündern bei PAN AM. Nur damals war der Service doch irgendwie anders. Heute hätte man das Sicherheitspersonal an den Hacken. Diese kleinen Diebstähle wurden, durch Mutter und zukünftigen Stiefvater, zu Kavaliersdelikten degradiert und auch begrüßt. Das Besteck scheint sich ja heute noch im Besitz von Adriennes Mutter zu befinden. Aber das ist nur eine Art Episode. Heute, wo sie auf ihr Leben zurückschaut, sieht sie sich wieder als Vierzehnjährige und im ewigen Kampf mit ihrem Bruder um die Gunst und Aufmerksamkeit der Mutter. Hier kommt es zu einem Knackpunkt im Leben des Teenagers. Die Familie ist befreundet mit einem anderen Ehepaar und man trifft sich öfter. Mutter ist die unumschränkte Herrscherin der Küche und, egal welche Zutaten man mitbringt, Malabar zaubert. Bis zu diesem Abend alles normal. Nur passiert jetzt etwas, das das Leben von Adrienne verändern wird und das sehr nachhaltig. Die Mutter gesteht ihrer Tochter, das sie den Mann liebt, der eigentlich nur ein Freund der Familie ist. Damit Mama das auch ausleben kann, macht sich Adrienne zum Postillion D`Amour, zum Versteher der Erwachsenen, zum Loki, der alle an der Nase herumführt und baut Lügengespinst auf, das sie noch Jahrzehnte begleiten wird, selbst, als sie selbst erwachsen geworden ist. Hier hätten sogar noch der Mossad und die Staatsicherheit der DDR noch etwas lernen können. Das jetzt ganze Familien daran zerbrechen könnten, kommt ihr, in ihrem jugendlichen Leichtsinn nicht einmal annähernd zu Bewußtsein. Wichtig ist nur die Nähe zur Mutter. Die Aufmerksamkeit, das Geheimnisvolle, das Verbotene Anrüchige bestimmt ihr Leben und sie merkt nicht, wie sehr sie das selbst verändert. Jahrzehnte später schaut sie auf ihr Leben zurück. Und es ist schon bezeichnend, das sie als Titel „Wildgames“ gewählt hat, Malabar wollte mal ein Kochbuch gleichen Namens herausbringen. Das ist Familiengeschichte. Da fällt einem Goethe ein. Nur die Kraft, die Böses will und Gutes schafft... das kann auch reichlich nach hinten losgehen, vor allem, weil die Vorzeichen ja doch irgendwie anders stehen. Bewegene Geschichte, ohne Frage.
(Droemer)

ISBN 978-3-426-27817-8 266 Seiten 18,00€ (D) 18,50€ (A)