BUCHCOVERREZENSION
McDermidv DerErfinderDesTodes

VAL MCDERMID –

Die Erfinder des Todes

Dass auch ältere Bücher, wenn man sie bis heute noch nicht gelesen hat oder doch ein weiteres Mal anfasst, durchaus begeistern können, beweist dieses hier alle Male. Val McDermid war auch schon um das Jahr 2000 eine treibende Kraft in der schreibenden Zunft. Obwohl sich, seitdem, viel verändert hat, bleiben doch manche Sachen unverrückbar gleich. Viele Darsteller, in ihren Geschichten, müssen erst mal sterben, bevor sie sich mit ihrer Gage und ihren Handtüchern für die abschließende Arbeitsendreinigung entfernen dürfen. Scheint immer noch besser zu sein, als wenn man zum Sozialamt oder Flaschen sammeln gehen müsste. Scheinbar sind Vals Zuwendungen für ihre Opfer doch dazu geeignet, das Leben damit bestreiten zu können. Im nächsten Buch gibt’s dann neue Namen und neue Adressen. Und ein neues Sterben? Andere, hingegen, müssen bis zum bitteren Ende ausharren. Zumindest bekommen sie, manchmal, die Möglichkeit zum Duschen, Essen und dringenden menschlichen Bedürfnissen, zwischendurch. Auch wenn Frau McDermid einen straffen Zeitplan vorgelegt hat, macht sie, so ganz nebenbei, einen Ausflug in historische Gefilde, in dem sie die Inquisition der katholischen Kirche Spaniens, die, als damaliger Handlanger des Opus Dei Roms operierend, den „Wahren Glauben“ mit Feuer und Folter verbreitet haben, gerne mit der Zeit im „Kalten Krieg“ und der Ära McCarthy vergleichen möchte. Diese Frau hatte schon immer Mut und Mumm zum Schreiben, ohne Frage. Der fanatische Kommunistenhasser und völlig verblendete Senator, den man auch mit dem russischen Marschall Berjia aus der Stalinzeit vergleichen muss, hatte viele, unschuldige, Leichen im Keller. Und Berjia war genauso ein Tier. Chrustschow hat ihn erschießen lassen, nachdem der große „russische“ Diktator Stalin dahingegangen war. Und das war bestimmt eine der besten Entscheidungen dieser Welt. Die Amis schaffen das noch nicht mal heute, leben den McCarthy noch gerne nach. Lasst Euch nicht täuschen. McCarthy ist, auch jetzt noch, in der demokratischen Öffentlichkeit doch lebendiger, als der Schakal der Stalin-Ära, Berija. Nur weil wir mal einen farbigen Präsidenten der USA hatten, ist doch die Konsequenz einer Entscheidung, die Chrustschow treffen musste, nicht wirklich negativ zu bewerten. Im Gegenteil. Marschall Berija war ein Verbrecher. Genau wie Senator McCarthy. Hat unseren ehemaligen, immer noch farbigen, Präsidenten Obama aber nicht wirklich interessiert. Der ist doch, seiner Zeit, genauso lächelnd vor die Weltöffentlichkeit getreten, hat gut geflunkert, das man den Staatsfeind Nr.1, Osama bin Laden, erledigt hat. Wie oft man den jedoch, vorher, vor Zugriffen schützte, auch nach dem 11. September, wissen wir heute nicht wirklich. Wie lange, schon. Wie viele Aktionen von Terroristen man durchgewinkt oder auch aktiv unterstützt hatte, dürfte im trüben Fischteich der Politik auch heute nicht so deutlich erkennbar sein. Und die Geheimdienste, dieser Welt, werden dieses Wissen auch nicht mit uns teilen wollen. Chrustschow hatte wenigstens Eier in der Hose gehabt und in seinem Hinterhof, der ihm als Erbe aufgedrängelt wurde, richtig aufgeräumt. Die Amis schaffen das noch nicht einmal heute, sollen aber unsere Freunde sein? Val McDermid ist jedoch Schottin und der Meinung, dass sie sich ihre Freunde lieber selbst aussuchen möchte, deswegen gräbt sie tiefer. Das hat zwar mit ihrer Geschichte nicht zwingend etwas zu tun, aber so kleine Randinformationen hat sie schon immer gerne eingewebt. Macht sie ja heute noch. Was sie eigentlich nicht machen müsste, weil sie es nicht nötig hat, zeigt sie jedoch in diesem, ihrem sechszehnten, Thriller. Wie entledige ich mich meiner möglichen Konkurrenz. Während Vals Hauptfigur Frau Dr. Fiona Cameron jetzt so gewisse Sperenzien und Reibereien hat, mit den britischen Bevölkerungsschutzbehörden, weil da so gewisse Dinge vorgefallen sind, interessiert sich jetzt aber die spanische Polizei für ihre Arbeit. Der Profiler, als eine effektive, polizeiliche Ermittlungswaffe setzt sich doch langsam durch. In Spanien eher, als bei Scotland Yard. Nur ist Fiona dadurch nach Toledo gereist, mit ihrem Lebensabschnittsgefährten Kit Martin, einem Thriller-Autor. So eine Art Urlaub in einer Stadt, die schon als Waffenschmiede für die römischen Legionen galt und auch, in dem Falle etwas später, auch Geiserichs Vandalen mit Schmiedeerzeugnissen aller Art versorgt hat, sollte doch sowohl erholsam sein, aber auch als geschichtsträchtig durchgehen. Stahl aus Toledo hat Tradition. Die muslimischen Mauren und, auch, die christlichen Herrscher Spaniens haben hier eingekauft. Und sich, damit gegenseitig die Köpfe eingeschlagen. Auf den britischen Inseln arbeitet man, in der Zeit, eine Liste ab, die so manchen hoffnungsvollen Thriller-Schreiber jetzt dahinscheiden lässt, punktgenau nach seinen oder ihren Zeilen der letzten Bücher ihrem Schicksal überschreibt. Da ist jemand am Werke, der viel liest und genau das in die Tat umsetzt. Sich als eine Art Gott sieht. Fiona ist entsetzt. Ihr Lebensgefährte Kit Martin steht genau im Fadenkreuz des Täters. Aber keiner will hier eine wirkliche Spur erkennen. Während sich Frau McDermid sich jetzt ganz entspannt zurücklehnt, sieht man es beim Scotland Yard auch noch ganz gelassen. Das man schon ein paar Schreiber von Thrillern auf den Friedhöfen verewigt hat, nimmt man jetzt noch nicht für voll. Während William Dafoe, alias FBI-Special-Agent Paul Smecker, im Film „Der blutige Pfad Gottes“ ganz schnell auf die Barrikaden steigt, „die Kriminellen Bostons sterben schneller, als die Fliegen“, sieht man das gehäufte, vor allem auch gewaltsame, Sterben von Thriller-Autoren im Mutterland der englischen Zunge immer noch als einen Zufall an. Val McDermid hat sich hier mal wieder etwas Besonderes einfallen lassen. Während Fiona jetzt von Pontius zu Pilatus eilt, und so manche Katze meutern wird, weil die Bedienung, von Frau Cameron aufgescheucht, jetzt sich anderen Dingen zuwenden muss, als seinem Spitz-Ohr lückenlos den Bauch zu kraulen, ist der Literaturkritiker der etwas anderen Art schon wieder auf dem Kriegspfad.
(Droemer)

ISBN 978-3-426-19567-4 541 Seiten 9,90€ (D) 10,30€ (A)

VAL MCDERMID – Der Sinn des Todes – Archiv Juni 2018
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