BUCHCOVERREZENSION
Connelly.m DieVerlorene

MICHAEL CONNELLY –

Die Verlorene

Micheal Connelly ist immer für Überraschungen gut. So sorgt der Titel dieses Thrillers für einige Fragen, nach der Lektüre. Vorher macht man sich nicht wirklich Gedanken darum. Für Harry Bosch spielt das aber keine große Rolle. Er hat, nach seinem Knatsch mit seinem ehemaligen Arbeitgeber aus Los Angelos, eine Teilzeitstelle in San Fernando angenommen und das hört sich doch imposant an, wenn man sagen kann, Detective Bosch, SFPD. Dass das San Fernandos Police Department vielleicht wesentlich kleiner sein könnte, als der große Bruder aus San Franzisco, spielt für Hieronymus Bosch keine Violine. Auch wenn er nach einem Renaissance-Maler benannt wurde, er ist Polizist, mit Leib und Seele. Hat die DNA eines Ermittlers. Seit 1992 ist der Mann präsent, immer im Dienst, immer da, wenn man ihn braucht, wie man sich einen Polizisten vorstellen möchte. Die Selbstjustiz a´la den „Heiligen von Boston“ aus den Filmen „ Der Blutige Pfad Gottes“ hat zwar auch einen gewissen Reiz, weil die Justiz völlig versagt. Ganz klar, weil der Staat das auch tut, nur ist es doch so, dass man sich mit den Verbrechern, die man richten will, eigentlich auf die gleiche Stufe stellt. Ein ewiges Diskussionsthema, das immer wieder zu Diskrepanzen führen wird. Das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, ist ein Kampf gegen Windmühlen, da, wie schon der Begriff sagt, die Herren der Unterwelt mehr als nur gut organisiert sind. Michael Connelly hat einen „unsterblichen“ Charakter gefunden, der den Leser seit Jahren begleitet, der ihm folgt. Und die Grenzen durchbricht, die Selbstjustiz von Polizeiarbeit unterscheidet, auch wenn hier der Punkt idealisiert wird. Langweilig ist es nie und, fast nebenbei, hat M.C. immer interessante Details bei der Hand, mit denen er in seinen Zeilen zaubert, verzaubert. Trotz Thriller-Einstufung hat Michael immer den Aspekt der Menschlichkeit vor Augen, den einige Autoren verlieren wollen, wenn es darum geht, dem Konsumenten ihrer Zeilen, Verbrechen vor Augen zu führen. Er will seine Leser nicht nur unterhalten und schockfrosten, sondern auch aufklären und beraten. Dass das Sinn dieser Literatur sein sollte, mahnen beide, Figur und Schriftsteller, an und bleiben auf der Spur, die sie seit Jahrzehnten erfolgreich durch dieses Genre ziehen. Dass Hieronymus Bosch einer der exzellentesten Ermittler seines Genres ist, hat er immer wieder unter Beweis gestellt. Er hat nicht nur den großen, sondern auch den kleinen, Blick. Details, denen anderen durch die Lappen gehen würden, fallen ihm auf. Felix Leibrock hat sich hier auch, vieleicht, etwas abgeguckt. Sascha Woltmann hat ja auch öfter ein gutes Auge. Obwohl er nur Streifenpolizist ist. Michael Connelly hat wieder einige Aufgaben an Harry Bosch zu vergeben. Und der hat durchaus etwas Zeit, mal mehr, mal weniger, sich mit den Dingen herumzuschlagen, die anderen Leuten auf das Gemüt schlagen. Der Milliardär Vance sucht einen Erben. In ferner Vergangenheit war mal etwas mit einer jungen Frau gewesen, nur leider nicht standesgemäß. Harry soll dem nachgehen. Nur bevor er fündig wird, segnet sein Auftraggeber das Zeitliche und die Jagd auf seine Hinterlassenschaften finanzieller Art wird eröffnet, besser weitergeführt und noch forciert. Ein Testament, hochexplosiv, taucht auf und schon geht es los, jeder gegen jeden und mittendrin Bosch mit seinen Ermittlungen, die von entscheidender Bedeutung sein können. In „Ehrensache“ stellte Michael seinem Ermittler noch die Bekanntschaft einer Frau in Aussicht. Davon ist hier jedoch keine Rede mehr, aus welchen Gründen auch immer. Dafür wird die Bindung zu Mickey Haller, seinem Halbbruder, enger geschnürt, der, als Strafverteidiger eigentlich auf der anderen Seite des Volleyballnetzes der Justizlandschaft steht, als Anwalt durchaus als Koryphäe gilt und Harry Bosch beklagt sich auch nicht, selbst schuld. Aber er hat auch so genug zu tun. Michael Connelly sorgt schon dafür, dass seine Figuren keine Langeweile haben.
(Droemer)

ISBN 978-3-426-28192-5 441 Seiten 22,99€ (D) 23,70€ (A)

MICHAEL CONNELLY – Ehrensache – Archiv April 2018
FELIX LEIBROCK – Schattenrot – Archiv Dez. 2017