BUCHCOVERREZENSION
Spang.m DieRoseDesHerzogs

MARITA SPANG –

Die Rose des Herzogs

Charlottes Onkel, Kardinal Louis von Rohan, ist einer Nachfahrin der Valois auf den Leim gegangen. Die Valois waren zu Zeiten des Hundertjährigen Krieges die Königsfamilie, sind jetzt völlig verarmt und von den Bourbonen, als gekrönte Häupter, von Gott gewollte, welch Widerspruch und Ironie in der Geschichte, oder Gott ist mehr als launisch, eher desinteressiert, abgelöst. Kein Wunder, dass man sich, auf Kosten seiner Nachfolger im Amte, mal um etwas Ausgleich bemühen möchte. Dass man dabei gleich eine Revolution sondergleichen lostritt, war wohl eher weniger beabsichtigt. Noch ist der glühende Royalist Louis ahnungslos und Marita Spang taucht in das Jahr 1785, als die sogenannte „Halsbandaffäre“ ruchbar wurde, die den, damals regierenden Bourbonen, Ludwig dem XVI, und seiner Frau Marie Antoinette, deren Ausspruch an das Volk der Franzosen, „habt ihr kein Brot, esst Kuchen“, dann den Kopf kosten sollte, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie schreibt von diesem Jahre an und beschäftigt sich mit den Themen, die dann den Alltag Frankreichs zeichneten, bis hin zu dem kometenhaften Aufstieg Napoleon Bonapartes. Einem revolutionären Vordenker, der dann aber doch als ein Tyrann in Europas Geschichte einging. Allerdings spielt der kleine Mann, in ihrer Geschichte, nur eine Nebenrolle. Auch wenn er hier seinen negativen Seiten in der Historie, mehr als gerecht wird. Ohne Napoleon wären unsere heutigen Demokratien nicht da, allen voran der „Weltpolizist“ USA, in deren Anfangsgeschichte man so viel Hoffnung auf Verbesserungen projiziert hatte. Diese Staatsformen, wegen mangelnder Kompetenz zur Humanität, extremer Selbstbeweihräucherung und dem Hang, aus der Staatskasse einen Selbstbedienungsladen zu machen, sind kategorisch abzulehnen. Da möchte man die positiven Auswirkungen von Josephines Ehegatten nicht wirklich erwähnen. Oder doch? Ohne den kleinen Querdenker wären Soldaten, auch heute noch, Schlachtvieh. Nur dazu da, dem Zeitvertreib, sprich Krieg, der oberen Subjekte, als Opfer zu dienen. Gerade Hessens „Freikorps“ können sich in einer zweifelhaften Berühmtheit spiegeln. Nach Amerika verkauft, mussten sie in einem Konflikt zu dienen, von dem sie nicht mal ansatzweise wussten, worum es ging. Nur Sterben, fern der Heimat. Aber auch andere deutsche Fürsten verkauften ihre Untertanen an die Engländer, die ihren Krieg gegen die damaligen Neuenglandstaaten führten. Bonapartes konsequentes Umdenken, seinen Soldaten Verantwortungen übertragen und selbständig agieren zu können, politisch komplett umzustrukturieren, hat hier doch einiges verändert. Und das war eine, ganz eindeutige, Verbesserung. Auch wenn viele Militärs und andere Möchtegern-Schach-, besser, Schauspieler auf der politische Ebene, die mit lebenden Menschen, denen sie nur Nebenrollen zugestehen wollen, die sie nur, aufgrund ihres Phallus-Status, in den Tod treiben können, dass anders sehen wollen, damals, wie auch heute noch. Maritas Heldin, Charlotte, Prinzessin von Rohan-Rochefort, wie schon gestreift, die Nichte des oben erwähnten Kardinals, dessen Lebenswandel noch extrem zu seinem Beruf kollidiert, ahnt davon jedoch noch nichts. Und schon bricht die Französische Revolution los. Der historische Hergang sollte sattsam bekannt sein. Marita Spang bekommt einen literarischen Spagat hin, der seinesgleichen sucht. Einerseits schildert sie einen historischen Abschnitt in der Geschichte der Franzosen, der die Geschichte Europas, und der Welt, maßgeblich und nachhaltig veränderte, anderseits erzählt sie die Geschichte einer Liebe, die damals wohl eher ungewöhnlich war und auch gesellschaftlich nicht akzeptiert wurde. Nebenbei gibt sie Blicke frei, wie so manche Figur damals hätte funktionieren können. Wobei sie scheinbar unüberbrückbare Widersprüche mal in die Wüste schickt. Diese Revolution war überfällig. Wie Marx und Engels es treffend festgestellt hatten, wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen. Trotzdem hält sie an einer feinfühligen Geschichte fest, die sie, konsequent, bis zum Ende erzählt. Menschen sind nun mal Individuen, lassen sich nicht an einer Hochsprunglatte messen. Nach dem, ja, sinnlosen Tod ihres ersten Verlobten, in den Wirren der Geschichte, gibt sich Charlotte selbst das Versprechen, sich nicht mehr zu verlieben. Bis Louis Antoine Henri de Bourbon, Herzog von Enghien, in ihr Leben tritt, der fünf Jahre jünger ist. Zarte Bande in einer Welt, die im Blut ertrinkt. Als passende musikalische Unterhaltung könnte man „Das Abendland Projekt“ empfehlen, mit ihrem Titel „Mon Dieu“. Charlotte, Prinzessin von Rohan-Rochefort, geht als eine tragische Figur in die Geschichte ein. Die Welt wird sich verändern, aber kaum einer will die Zeichen der Zeit erkennen. Standesdünkel, gepaart mit „Geburtsrecht“, dass den „Pöbel“ im Zaume halten soll, untermauert von der allgemeinen Ansicht, das ist alles „gottgewollt“ sei, trifft auf den unbändigen Zorn und Hass der Massen von Arbeitern und Bauern, die tagtäglich mitansehen müssen, wie ihre Kinder verhungern, an Krankheiten sterben, keine Chance zum Leben haben. In dieser Zeit lebt Charlotte. Ihr neuer Geliebter sucht nach Wegen, bietet sich als Militär an, gegen die Farben der Französischen Revolution zu kämpfen. An die Sorgen und Nöte der arbeitenden Bevölkerung, denen der Nachwuchs qualvoll unter den Händen verhungert, verschwendet er keinen Gedanken. Erst als Charlotte einen neuen Weg geht, kommt der neu avisierte Thronanwärter auch auf neue Theorien. Sie versucht es, wenn auch nicht wirklich konsequent, mit selbst arbeiten. Eine Idee, die den meisten adligen Emigranten aus dem revolutionären Frankreich nun völlig abgeht. Lieber biedern sie sich irgendwo an, wo sie auf Apanagen hoffen können. Heutzutage müsste man diesen Leuten sogar Recht geben, denn ehrliche Arbeit zahlt sich ja nicht mehr aus. - Quelle: Wikipedia! Louis Antoine Henri de Bourbon, Herzog von Enghien (* 2. August 1772 in Chantilly; † 21. März 1804 im Schloss Vincennes) war ein französischer Herzog aus dem Adelsgeschlecht der Condé, den Napoleon Bonaparte verschleppen und nach einem Scheinprozess als „Emigrant, der vom Ausland bezahlt wird, um eine Invasion Frankreichs zu erleichtern“, erschießen ließ. Die Entführung und anschließende Hinrichtung sorgten im übrigen Europa für große Empörung. - Welch ein Aufstand. Der Herzog war nicht wirklich ein bedeutendes, vor allem, weil er den Thron nicht wollte, aber garantiert, das leichteste Ziel für den Korsen. Die europäischen Königshäuser haben ihn zwar wahrgenommen, aber sie haben ihn, augenscheinlich, geopfert. Napoleon nahm diesen Skat an. Sendete einfach nur ein abschreckendes Signal an seine Widersacher. Dieser „Erfolg“ hat ihm, zum Anfang seiner politischen Karriere den richtigen Kick gegeben. Marita Spang geht dem nach, mit einer Geschichte, die, wohl nicht allein da steht, aber einzigartig und emotional explodierend ist.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52022-2 503 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)

SABINE EBERT – 1815 Blutfrieden – Archiv Okt. 2017