BUCHCOVERREZENSION
Gilman.d LegendenDesKrieges DerGrosseSturm

DAVID GILMAN –

Legenden des Krieges – Der einsame Reiter

Pferd ist stinksauer. Sein Reiter ist zwar wieder aus den Ländereien der alkoholischen Leckereien, samt ihrem Missbrauch, entronnen, dank seiner Freunde, die, nachdem sie aus ihn aus einer sehr üblen Spelunke heraus operiert, Sir Thomas Blackstone eine Entziehungskur übergebügelt und David Gilman einfach mal ins Abseits gestellt haben. Erst mal meidet Thomas den Alkohol (Aber nicht lange).Nur, jetzt, versucht sich sein Schriftsteller daran, es als seine eigene Idee darzustellen. Lasst Euch nicht täuschen. Pferd hatte hier zwar gute Absichten, aber, leider, keinen eigenen Anwalt. Die Gründe für Thomas branntweinselige Entgleisung liegen doch klar auf der Hand. Der Meuchelmörder hat seine Frau, seine Tochter und einen Kampfgefährten getötet. Das konnte er nur deswegen, weil Herr Gilman ihm eine Tarnung gab, die nicht, oder nur schwer zu durchschauen war. Pferd ahnte etwas, konnte sich aber nicht wirklich artikulieren, nicht warnen. Dafür hat Pferd jedoch die Knochen gebrochen, von dem Mann, der seinen Sir Thomas ins Unglück gestürzt hat. Keine Angst, David Gilman lebt noch und ist auch unversehrt. Die Pappnase, die im Gehirn des Schreiberlings wuchs und obendrein noch der Meinung war, sich mit Pferd anzulegen, ist jetzt Krähenfutter. Das Pott-hässlichste, dafür aber treueste, Reittier dieses Erdenrunds hat Matsch aus dem Vogel gemacht. Dafür gesorgt, dass der Kadaver umwelt- und fachgerecht entsorgt wurde. Jetzt werden die Reste als Nahrung für arme, frierende und bedürftige Wildtiere dienen, die keinen Geldbeutel haben, aus dessen Inhalt sie ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten. Selbst das würde nicht viel nutzen, sie haben ja keinen Daumen und Zeigefinger, wie wir. Und man würde sie doch nur bescheißen. Und David Gilman muss jetzt gute Miene machen, sonst droht ihm das gleiche Schicksal. Da kennt das streitbare Schlachtross keine Verwandten. Das Morden im Hundertjährigen Krieg kann jetzt ungezügelt weitergehen und, eingedenk Pferds gefletschten Gebisses, einschließlich seiner schlechten Laune, übt sich Herr Gilman etwas in Zurückhaltung und Philosophie, lässt zu, dass auch „geringe“ Menschen mal vor dem Tod gerettet werden und auch manch einfacher Soldat, der dem Schlachtentod verachtend ins Gesicht spuckt, auf dass das „adlige“ Gekröse Europas sich gegenseitig einen runterholen kann, wieder etwas Ordentliches in den Kochtopf bekommt. Allerdings kann Pferd nicht überall sein. Manchmal muss er für kleine Fohlen. Oder hat andere, artenspezifische, Bedürfnisse. Dann will David Gilman wieder den Schriftführer heraushängen lassen. Konfrontiert Thomas und seinen Sohn Henry mit der Vergangenheit ihrer Familie, speziell mit Henrys Halbbruder, entstanden aus einer Vergewaltigung Christianas, dem Tod seiner Mutter und seiner Schwester. Komisch ist nur, wenn der Kampfpanzer auf vier Beinen dann ein Auge frei hat, rudert er ganz schnell wieder zurück. Beschert Sir Thomas Blackstone Schlachtenglück, Beute und die Aufmerksamkeit seiner Herrschaft, die wieder wohlwollend, wie auch herablassend, in sein vernarbtes Gesicht blickt. Und derzeit sieht es für Englands Krone richtig gut aus. Der französische König Johann ist in Gefangenschaft und ein Lösegeld ist festgelegt. Der Papst von Avignon ist gänzlich davon angetan, den Friedensstifter zu mimen. Der Papst, der in Rom residierte, hatte, vermutlich, gerade ein wichtiges Schachspiel zu bestreiten, oder auch eine Lesung mit David Gilman? Das Königreich Burgund hat die Waffen ins Klo geworfen, sich unter den Schutz der englischen Militärmacht gestellt, wie so viele, zu der Zeit. Nur Johanns Sohn, der Dauphin, will nicht klein beigeben. Mit ihm wird es, vorerst, keinen Friedensvertrag geben. Er ist mehr unscheinbar und andere Leute haben auch mehr Macht, als er. Dafür ist er aber blaublütig, und, dementsprechend von sich überzeugt, dass er Massen von Menschen in den Tod schicken kann. Die Verbrechen vor und in Paris sprechen eine eigene Sprache. Pferd hätte es hier mit einem Arschvoll bewenden lassen wollen. Wenn er die Knochen des Dauphins hätte brechen dürfen, sollte die kleine Ratte schon um ihr Leben betteln. Damit hat er ja einschlägige Erfahrungen. Nur, mit Sir Thomas im Schlepptau, der die Familie der Valois als seine Erzfeinde ansieht, und den englischen „adligen“ Invasoren, die hier richtig Blut sehen wollen, vorzugsweise von Unschuldigen, damit man die französischen „adligen“ Kasperköpfe aus der Reserve lockt, hat das „Hippo de Guerre“ wohl eher ganz schlechte Karten. David Gilman spielt Ross und Reiter gegeneinander aus. Als schriftgewaltiger Autor wittert er wieder Morgenluft. Statt sich aufeinander einzuschwören und den Ahnungen Pferds einen Stellenwert beizumessen, gibt sich Blackstone den Einflüsterungen der „Gemeinde wir furzen in unsere adligen Sessel hinein“ wieder hin. Verständlich für den Schriftsteller, der ja noch einen Teil schreiben möchte. Für Pferd hätte der Krieg hier das Ende gefunden. David Gilman wäre entlassen worden und Herrchen könnte ´ne neue Frau nach Hause bringen, auch wenn sie vielleicht ein Problem hätte, zwei Söhne zu bekommen, die sie nicht geboren hat, aber dafür hätte er einem warmen Stall, wo er seinen eigenen, kampferprobten, Knochen mal etwas Ruhe gönnen könnte. Am Hafer schnuppern und futtern, an einen Apfel und einer Möhre knabbern. Eine eigene, schicke und elegante, Stute in den Stand der Ehe führen. Man wird ja nicht jünger. Und so ein kleines Fohlen, das dann noch mal kleine Fohlen zeugt, zu Opas Freude, könnte einen doch das Elend dieser Welt vergessen lassen. Aber die Adelshäuser Europas, sowohl auf der einen, wie auch der anderen Seite des Ärmelkanals, und auch Herr Gilman haben andere Pläne. Der Hundertjährige Krieg zeichnete sich durch eine extreme Brutalität aus, die jedoch immer auf dem Rücken des einfachen Volkes ausgetragen wurde, und auf die Bedürfnisse und kleinen Wünsche eines einzelnen Streitrosses wird sowieso keine Rücksicht genommen. So muss Pferd noch einen langen Weg gehen, obendrein noch mit Sir Thomas Blackstone auf dem Buckel. Der muss jetzt nach Paris, als Teil der Bedingungen für einen Friedensvertrag mit der englischen Krone, zu einer Audienz beim Dauphin, der seine Schwester jetzt nach Mailand verhökern, Pardon ,verheiraten möchte, um das geforderte Lösegeld für seinen, „unseren“, königlichen Vater aufbringen zu können. Die kleine Isabelle will jedoch den Schutz ihres „petit chevalier“ Henry. Das man Blackstone damit eine Schlangengrube schickt, liegt nur zu deutlich auf der Hand. In Italien sitzen die Drahtzieher der Morde an seiner Familie und er hat, obendrein, noch einen gültigen Soldvertrag mit Florenz, dem erklärten Feind der Visconti, und richtig Frust, verständlich. Gut ist, in Mailand kann sich Thomas nicht mehr unbeliebt machen, da er ist es schon und das weiß er auch. Nur hat er noch das königliche Kind der Valois im Rucksack, das eigentlich für einen diplomatischen Frieden sorgen sollte. In an Bedacht, das Pferd ihn extrem misstrauisch beäugt, macht Herr Gilman seine Recherchen sehr gründlich, das muss man ihm schon lassen. Wer sich mit kämpferischen Kriegsrössern anlegt, kann ganz schnell unter die Hufe kommen. Hat er, natürlich zeitnah und selbstlos, schon mal im vorherigen Teil dokumentiert. Seitdem meidet David Ställe, Rennbahnen und Wettbüros, isst Äpfel und Mohrrüben nur in Abwesenheit von Pferden. Dem Bastardross kann er trotzdem nicht entkommen. Schön ist, wenn man dem Schriftsteller jemanden zur Seite stellen kann, der auf dessen Protagonisten aufpasst. Pferd und Sohn Henry machen das. Auch wenn Vater Blackstone nicht wirklich auf der Höhe ist. Rache ist Hass. Ein Gefühl, auf den Gegner, der einem und dem man nichts schenken wird. Ganz klar. Herr Gilman wird philosophisch. Wenn man Pferds Zähne im Nacken hat, der einen schütteln will, sollte man sich auch etwas vorsichtiger artikulieren. Man soll die Liebe ehren, für die man lebt und auch sterben würde. Klare, und wahre, Aussage! He, der Klügere gibt nach? Dann kann es doch kein Wunder sein, dass die Dummen diese Welt regieren können. Fakt ist, fast alle Vorkehrungen waren umsonst. David Gilman hat sich, wieder einmal, durchgesetzt. Hat Sir Thomas Blackstone, trotz aller vorherigen Gunstbezeigungen, Leid, Elend und Tod beigebracht, dessen Sohn Henry um seine Kindheit, ihn selbst um eine neue Frau, und Pferd um seinen wohlverdienten Rentenbescheid, samt neuer Familienplanung betrogen. Hier kann nur ein fünfter Teil für Klarheit sorgen.
(Rowohlt)

ISBN 976-3-499-29100-5 582 Seiten (wie immer mit+) 9,99€ (D) 10,30€ (A)

DAVID GILMAN - Das blutige Schwert – Archiv August 2018