BUCHCOVERREZENSION
Wolf.k.p. Ostfriesenwut

KLAUS-PETER WOLF –

Ostfriesenwut

Manchmal kommt man erst etwas später auf den Schriftsteller. Bei K.-P. Wolf sollte man jedoch so manches Buch, zeitnah, nachholen. „Ostfriesenwut“ ist sein neunter Fall für Ann Kathrin Klaasen und, da ist er schmerzfrei, er lässt sie, durch die weniger sympathischen Romanfiguren natürlich, wozu hat man Handlanger und kann seine eigenen Hände in Unschuld waschen, in eine „Bonnys Ranch“-Anstalt einweisen, aus der sie nie wieder herauskommen soll, weil sie so einigen Leuten im Wege steht und auf die Füße treten könnte. Sie hat zwar Störungen in ihrer individuellen Wahrnehmung (hey, wer hat die nicht?), redet mit ihrem Vater, der ermordet wurde, während sein Mörder noch frei herumläuft. Der von unserer, hochgelobten, Demokratie, die seinen Tod im Gefängnis vortäuscht, wieder freigelassen wurde. Mit neuer Identität ausgestattet und mit Geld versorgt. Herr Wolfgang Steinhausen ist ein V-Mann. Jetzt heißt er Ulrich Großmann. Nachdem sie erfahren hat, dass der Kasper noch lebt und auch noch in Gnaden steht, will sie den Mörder ihres Vaters zur Strecke bringen. Gerechtigkeit. Das passt natürlich nicht in so einige „demokratische“ Pläne. Der Mann mit den vielen Identitäten, weitreichenden Beziehungen, und auch jede Menge Dreck am Stecken, ist aber wichtig. So wichtig, dass unsere Grundrechte, in der deutschen Verfassung schriftlich dargelegt, und von jedem Politiker beeidigt werden, nicht einmal das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Herr Wolf fasst heiße Eisen an und das passiert, „leider“ immer nur in Büchern. Investigativer Journalismus ist nur noch bei Schriftstellern mit Format zu finden und bei Verlagen, die sie veröffentlichen, sowie in den Foren, die es ja, zum Glück, häufiger gibt. Sonst wären wir komplett ahnungslos, was unsere selbstsicheren Führungspersonen so alles treiben, hinter unserem Rücken. Klaus-Peter deckt auf. Dabei fährt er auf der humoristischen Schiene und so manches Möbelhaus kann sich schon auf neue Kundschaft freuen, da man seine Gäste ja nicht an einem Tisch bewirten möchte, dessen Kanten, den Heiterkeitsanfällen geschuldet, mit Bissspuren übersät sind. Und sich auf Stühle zu setzen, deren Beine völlig zerkaut sind, könnte auch mit einigen Risiken verbunden sein, die so nicht von den Hausrat- und Haftpflichtversicherungen übernommen werden dürften. Bevor Ann Kathrin kalt gestellt wird, passieren noch so einige Dinge, wie Mord. In den unterschiedlichsten Ausführungen, an verschiedenen, welch Wortspiel, Personen, wobei der Zusammenhang von Klaus-Peter erst mal, zielgenau und intensiv, verschleiert wird. Bevor seine Protagonisten wirklich Land am Horizont sehen, geht so manche Tide vorbei, haben etliche Schiffe die Furt an Wangerooge passiert, wohin sich Anns ehemaliger Vorgesetzter zurückgezogen hat. Der sich als ein Mitwisser entpuppt und dafür enorm schämt, Ann Kathrin im Ungewissen gehalten zu haben, mit der halbherzigen Zusicherung so einiger Exekutivorgane, denen es scheißegal ist, was mit uns passiert. Unsere Rechte treten sie mit allen Extremitäten, die sie haben und bereichern sich auch noch daran. Da braucht man schon mal eine Stimme, wie die von Klaus-Peter Wolf, die uns wieder in eine Realität zurück holt, die offizielle Stellen uns gerne und mit wachsender Begeisterung vorenthalten wollen, da wir nur kleine Amöben in deren Weltvorstellung sind. Nicht der Überlegung und des Deutschen Grundrechtes wert. Also dürfen Herr Großmann und Herr Steinhausen, hier in Personalunion und Serkan Schmidtli, ihr genauso skrupelloser, wie menschenverachtender Gegenpart, behördenbekannt und gedeckt, ihren kriminellen Geschäften frönen, sich gegenseitig der Menschen, an ihrer Seite, berauben und in den Hades werfen. Und K.-P. lässt hier so einige Unschuldige über die Klinge springen, um das Ausmaß der Menschenverachtung, das unsere „demokratische“ Exekutive sich hat einfallen lassen, zu dokumentieren. Ann Kathrin hat noch Schwein, dass sie „nur“ weggesperrt und unter Drogen gesetzt wird, andere Leute haben dieses Glück nicht. Sie enden auf den Tischen der Rechtsmediziner und Herr Wolf geht hier recht freizügig mit dem Leben so einiger seiner Romanfiguren um. Die können sich zwar teilweise sogar wehren, nur nutzt ihnen das nicht wirklich viel. Herr Wolf hat doch Größeres im Sinn. Er ist ein ambitionierter Schriftsteller, ohne Frage. Und seine Themen dürften wohl so manchen Menschen unter den Fingernägeln brennen. Damit steht er auch nicht allein.
(Fischer)

ISBN 978-3-596 –19726 – 2 480 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)